Veith Meyer

Der Leipziger Mediziner Veit Meyer war in der Mitte des 19. Jahrhunderts v.a. wegen seiner redaktionellen Tätigkeit einer der bekanntesten Homöopathen in Deutschland. – Meyer wurde 1815 in Dresden als Sohn des wohlhabenden jüdischen Handelsmanns Moses Veith Meyer und seiner Frau Theresia geboren. Mit etwa 13 Jahren wurde er als Gymnasiast der angesehenen Kreuzschule in Dresden zugelassen. Während seiner Gymnasialzeit lernte er durch Privatstunden moderne Sprachen wie Französisch und Englisch. Meyer gehörte zu dieser Zeit einem Kreis von Dresdner Jugendlichen jüdischen Glaubens an, zu dem auch Bernhard Hirschel (später ein bekannter Mediziner und Homöopath), Wolf Landau (später Oberrabiner in Dresden) und Louis Lesser (später Bankier in Dresden) gehörten. V.a. mit seinem engsten Freund Lesser verbanden Meyer lange Spaziergänge, stundenlanges Kartenspielen und zeitweise auch Tanzstunden, die Lesser in seinem Tagebuch festhielt. – Kurz nach seinem 20. Geburtstag bestand Meyer im März 1835 an der Kreuzschule das Abitur („Matura“). Er schloss hiernach ein Medizinstudium an, wobei er anfänglich die Chirurgisch-Medizinische Akademie in Dresden besuchte, sich aber um 1837 als Student der Medizin an der Universität in Leipzig einschrieb. In Leipzig verkehrte er oft mit seinem früheren Freund und zukünftigen fachlichen Kontrahenten Bernhard Hirschel. – Im März 1842 wurde Meyer in Leipzig mit einer Dissertation über das Absaugen von Blut bei der Ausbreitung von Krankheiten promoviert. Kurz danach fing er an, als ein von seinen Patienten hochgeschätzter Arzt in Leipzig zu praktizieren. – 1845 heiratete Meyer Emma Elb, deren Vater Nathan Elb ein angesehenes Mitglied der jüdischen Gemeinde Dresdens war. Meyers Schwager Joseph Elb war ebenfalls als Mediziner in Leipzig promoviert worden, war aber gleichzeitig als Homöopath tätig. Diese Tatsache beschleunigte vermutlich Meyers zunehmendes Interesse an der Homöopathie, einer jungen Teildisziplin, die im 19. Jahrhundert noch mit einer konventionellen medizinischen Praxis vereinbar war. – Innerhalb weniger Jahre erwarb sich Meyer einen festen Ruf als Homöopath. Schon 1850 wurde er zusammen mit seinem Kollegen Clotar Müller Herausgeber der neubegründeten „Homöopathischen Vierteljahrschrift“. 1854 gab er diese Tätigkeit auf, um die Redaktion der wöchentlich erscheinenden „Allgemeinen Homöopathischen Zeitung“ zu übernehmen, deren Herausgeber er 18 Jahre lang bis zu seinem Tod war. Trotz seiner Tätigkeit als Arzt und seiner Verantwortlichkeit für eine umfangreiche Wochenschrift hat Meyer mehrere homöopathische Abhandlungen verfasst, von denen einige in ausländischen Zeitschriften erschienen. – Meyer partizipierte auch an den bisweilen heftigen Kontroversen unter den Homöopathen seiner Zeit. Bemerkenswert war die Rivalität mit seinem Jugendfreund Hirschel, der ebenfalls ein bedeutender Homöopath und Herausgeber der „Neuen Zeitschrift für homöopathische Klinik“ war. 1857 entbrannte zwischen Meyer und Hirschel ein besonders bitterer Streit über Hirschels angebliche Sympathie für die heterodoxen Meinungen des Dessauer Homöopathen [Paul Kurtz #117582069] . Heftige gegenseitige Vorwürfe eskalierten schnell und führten 1859 beinahe zu einem Prozess. Auch in seinen Rezensionen übte Meyer oft scharfe Kritik an Hirschels Veröffentlichungen. – Im Lauf der Jahre spielte Meyer eine zunehmend wichtigere Rolle im Zentralverein homöopathischer Ärzte Deutschlands. Auch im Ausland war er renommiert. Obwohl Meyer nur selten außerhalb Deutschlands verreiste, förderte er innerhalb der Homöopathie durch seine Kenntnis der wichtigsten Fremdsprachen und seine umfangreiche Korrespondenz die Entwicklung internationaler Netzwerke. In seinem „Homöopathischen Führer für Deutschland und das Ausland“, der erstmalig 1856 erschienen war und schon 1860 in 2. Auflage gedruckt wurde, versuchte Meyer, sämtliche Homöopathen und homöopathischen Organisationen und Institutionen nicht nur in Europa, sondern auch in Amerika aufzulisten. – Meyer stand zeitlebens zu seiner jüdischen Herkunft: So war er ein aktives Mitglied der jüdischen Gemeinde seiner Wahlheimat Leipzig und bekleidete mehrere Gemeindeämter. – Meyer starb am 22.4.1872 in Leipzig an einem langwierigen Herzleiden. Er hinterließ seine Frau sowie eine Tochter und einen Sohn. Nachrufe auf ihn erschienen in vielen homöopathischen Zeitschriften. Unter ihnen war auch eine warmherzige Hommage an Meyer von Bernhard Hirschel, die zwar Meyers konservative Haltung als Homöopath andeutete, v.a. aber seine ärztliche Hilfsbereitschaft, seinen unermüdlichen Fleiß und seine großartigen Verdienste für die Homöopathie ausdrücklich lobte.

Quellen Landesarchiv Berlin, P Rep. 551 Standesamt Charlottenburg I, Sterberegister 1920, Bd. 1, Nr. 308; Stadtarchiv Dresden, 2.1.3 C.XXI.20/107 Kirchliche Wochenzettel/Trauungen, Taufanzeigen u. Sterbefälle 1830, 2.1.3 C.XXI.20/115 Kirchliche Wochenzettel/Trauungen, Taufanzeigen u. Sterbefälle 1837, 6.4.25-2.3.2-22 Standesamt/Urkundenstelle, Standesamt II, Personenstandsbuch, Eheregister 1886, Nr. 780; Landeskirchliches Archiv Schwerin und Kirchenkreisarchiv Mecklenburg, Schwerin Dom, Sterberegister 1919-1939, Bd. 1, S. 259, Nr. 178 (ancestry.de).

Werke De haemospasia seu de aere expanso variis morbis adhibito, Diss. Leipzig 1842; mit Clotar Müller (Hg.), Homöopathische Vierteljahrschrift 1/1850-5/1854; (Hg.), Allgemeine Homöopathische Zeitung 49/1854-84/1872; Homöopathischer Führer für Deutschland und das Ausland, enthaltend die Verzeichnisse der homöopathischen Aerzte und Anstalten Deutschlands, Englands, Frankreichs, Spaniens, Italiens, des übrigen Europa und Amerikaʼs, Leipzig 1856, 21860.

Literatur Dr. Veit Meyer (Nekrolog), in: Neue Zeitschrift für homöopathische Klinik 17/1872, S. 87f., 95; A Jewish Youth in Dresden. The Diary of Louis Lesser, 1833-1837, hrsg. von Christopher R. Friedrichs, Bethesda/Maryland 2011. – Fritz D. Schroers, Lexikon deutschsprachiger Homöopathen, Stuttgart 2006, S. 96 (P).

Christopher Friedrichs
11.6.2024


Empfohlene Zitierweise:
Christopher Friedrichs, Artikel: Veith Meyer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27914 [Zugriff 30.12.2024].

Veith Meyer



Quellen Landesarchiv Berlin, P Rep. 551 Standesamt Charlottenburg I, Sterberegister 1920, Bd. 1, Nr. 308; Stadtarchiv Dresden, 2.1.3 C.XXI.20/107 Kirchliche Wochenzettel/Trauungen, Taufanzeigen u. Sterbefälle 1830, 2.1.3 C.XXI.20/115 Kirchliche Wochenzettel/Trauungen, Taufanzeigen u. Sterbefälle 1837, 6.4.25-2.3.2-22 Standesamt/Urkundenstelle, Standesamt II, Personenstandsbuch, Eheregister 1886, Nr. 780; Landeskirchliches Archiv Schwerin und Kirchenkreisarchiv Mecklenburg, Schwerin Dom, Sterberegister 1919-1939, Bd. 1, S. 259, Nr. 178 (ancestry.de).

Werke De haemospasia seu de aere expanso variis morbis adhibito, Diss. Leipzig 1842; mit Clotar Müller (Hg.), Homöopathische Vierteljahrschrift 1/1850-5/1854; (Hg.), Allgemeine Homöopathische Zeitung 49/1854-84/1872; Homöopathischer Führer für Deutschland und das Ausland, enthaltend die Verzeichnisse der homöopathischen Aerzte und Anstalten Deutschlands, Englands, Frankreichs, Spaniens, Italiens, des übrigen Europa und Amerikaʼs, Leipzig 1856, 21860.

Literatur Dr. Veit Meyer (Nekrolog), in: Neue Zeitschrift für homöopathische Klinik 17/1872, S. 87f., 95; A Jewish Youth in Dresden. The Diary of Louis Lesser, 1833-1837, hrsg. von Christopher R. Friedrichs, Bethesda/Maryland 2011. – Fritz D. Schroers, Lexikon deutschsprachiger Homöopathen, Stuttgart 2006, S. 96 (P).

Christopher Friedrichs
11.6.2024


Empfohlene Zitierweise:
Christopher Friedrichs, Artikel: Veith Meyer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27914 [Zugriff 30.12.2024].