Johannes Cochlaeus

C. gehörte zu den aktivsten Gegnern Martin Luthers und der Reformation. Er widmete sein Leben der publizistischen Verteidigung des katholischen Glaubens. Zudem machte er sich durch seine pädagogischen Fähigkeiten einen Namen. In Sachsen erwarb er sich als Berater Herzog Georgs (der Bärtige) große Verdienste. – Geboren und aufgewachsen ist C. mit mehreren Schwestern in einer Bauernfamilie. Der Vater starb früh; der Mutter war er zeitlebens eng verbunden. Seine Bildung und die Einführung in die Wissenschaften soll C. von seinem Onkel, dem Pfarrer Johannes Hispeck, und dem Nürnberger Humanisten Heinrich Grieninger erhalten haben. 1504 wurde er an der Universität Köln immatrikuliert, wo er nach philosophischen und naturwissenschaftlichen Studien 1505 das Bakkalaureat und 1507 die Magisterwürde erwarb. Anschließend war er zunächst als Schulmeister tätig. Zu dieser Zeit veröffentlichte C. sein erstes Werk, das Lehrbuch „Musica“, und änderte seinen Namen. „Cochlaeus“ bedeutet „Wendelsteiner“ und verweist auf seine Herkunft. – Durch die Unterstützung des Nürnberger Humanisten Willibald Pirckheimer erhielt C. 1510 das Rektorat der Lateinschule St. Lorenz in Nürnberg und knüpfte erste Kontakte zu den dortigen Humanistenkreisen. In der Schule führte er mit viel Geschick die humanistischen Studien ein und veröffentlichte seit 1511 verschiedene Lehrbücher. So war er nicht nur maßgeblich am Fortschritt des höheren Unterrichtswesens beteiligt, sondern brachte 1512 mit seiner „Brevis Germaniae descriptio“, die er seiner Ausgabe der „Cosmographia“ des Pomponius Mela anhängte, die erste geografische Beschreibung Deutschlands heraus. – Basierend auf seinen pädagogischen Verdiensten begleitete C. 1515 drei Neffen Pirkheimers als Lehrer nach Bologna (Italien). Er begann sich in dieser Zeit zunehmend der Theologie zuzuwenden. Den Aufenthalt in Italien nutzte er zudem für seine eigene geistliche Laufbahn und für ein juristisches Studium. 1517 erhielt C. in Ferrara (Italien) die theologische Doktorwürde, bevor er mit seinen Zöglingen weiter nach Rom reiste. Dort wurde er 1518 zum Priester geweiht und baute enge Beziehungen zur Kurie auf. – 1520 schloss C. sich dem Liebfrauendekanat in Frankfurt/Main an und fungierte von hier aus als geheimer Berichterstatter für Rom, was ihm in den humanistischen Kreisen einige Freundschaften kostete. Nachdem er anfangs der lutherischen Lehre keineswegs ablehnend gegenüber stand, brach er 1521 öffentlich in einer Disputation auf dem Reichstag in Worms mit Luther und begann fortan seinen erbitterten Kampf gegen die Reformation. Anlass waren für ihn die Kampfschriften Luthers von 1520, in denen dieser die Grundlagen der Kirche und des besonderen Priestertums leugnete. In diesem Zusammenhang veröffentlichte C. zeitlebens an die 200 Schriften, die aufgrund ihrer starken Polemik und seines hölzernen Schreibstils nur wenig Würdigung fanden. Große Bedeutung für die katholische Darstellung der Reformation sollten aber seine „Commentaria“ über Luthers Handlungen und Schriften von 1549 erlangen. – 1526 übernahm C. ein Kanonikat in Mainz. Zwei Jahre später wurde er nach dem Tod seines Freunds Hieronymus Emser als dessen Nachfolger von Herzog Georg auf das Amt des Hofkaplans nach Sachsen berufen. Seine Schriften und sein Engagement gegen Luther sollten sich nun als karrierefördernd erweisen, da er sich bei der Neubesetzung gegen sächsische Geistliche durchgesetzt hatte. Fortan stand er als Berater und Kontroverspublizist in landesherrlichen Diensten, wobei er wie alle Geistlichen unter Herzog Georg keine Entscheidungsbefugnis im Hofrat besaß. Versorgt wurde C. mit Altarpfründen an der Dresdner Kreuzkirche. Diese finanzielle Unterstützung half ihm beim Druck seiner eigenen Werke. 1535 bis 1539 hatte C. zudem eine Stelle als Domherr in Meißen inne, wo er an nahezu jeder wichtigen Zusammenkunft in Religionsfragen teilnahm und wo zeitweise auch lebte. So begleitete C. Herzog Georg auch zum Augsburger Reichstag von 1530, wo er als Mitverfasser der Widerlegung der Confessio Augustana (Confutatio Confessionis Augustanae) herangezogen wurde. – 1536 unterstütze C. den Buchdrucker Nicolaus Wolrab, den Mann seiner Nichte, bei der Eröffnung einer Druckerei in Leipzig. Im Gegenzug übernahm dieser den Druck von C.s Schriften, so z.B. das erste katholische Gesangbuch von Michael Vehe, bei dessen Zustandekommen C. mitwirkte. Weiterhin wird vermutet, dass C. der Gruppe antilutherischer sächsischer Poeten zugeordnet werden kann, wo er möglicherweise unter dem Pseudonym Johann Vogelgesang veröffentlichte. – Nach dem Regierungsantritt Herzog Heinrichs (der Fromme), der Luther zugetan war, nahm C. 1539 ein Kanonikat im Breslauer Domkapitel an. Zuvor hatte er mithilfe des Meißner Bischofs Johann VIII. vergeblich versucht, den Herzog von der Einführung der Reformation abzuhalten. Sein letztes öffentliches Auftreten ist beim Religionsgespräch zu Regensburg 1546 zu verzeichnen. Danach war C. aufgrund altersbedingter Schwäche nur noch schriftstellerisch in Eichstädt, Ingolstadt und Mainz tätig, bevor er 1549 nach Breslau zurückkehrte. Dort starb er 1552 und wurde im Breslauer Dom begraben.

Werke Musica, Köln 1507; Quadrivium Grammatices, Nürnberg 1511 (ND Tübingen 1513); Tetrachordum musices, Nürnberg 1511 (ND Hildesheim/New York 1971); Cosmographia Pomponij Mele, Nürnberg 1512; Meteorologia Aristotelis, Nürnberg 1512; Colloquium Cochlaei cum Luthero, Wormatiae olim habitum, Mainz 1540 (ND Leipzig 1910); De libero arbitrio hominis adversus locos communes Philippi Melanchthonis, Tübingen 1525; Sieben kopffe Martin Luthers, Dresden 1529; In obscuros viros qui Decretorum volumen infami compendio Theutonice corruperunt Expostulatio, Augsburg 1530 (ND Münster 1929); Auff Luthers Trostbrieff an ettliche zu Leyptzigk, Antwort und grundtliche Unterricht, was mit denselbigen gehandelt, Dresden 1533; Aequitatis discussio super consilio delectorum cardinalium, Leipzig 1538 (ND Münster 1931); Ein noetig vnd Christlich Bedencken, auff des Luthers Artickeln, die man Gemeynem Concilio fürtragen sol, Leipzig 1538 (ND Münster 1932); Commentaria de actis et scriptis Martini Lutheri saxonis, Mainz 1549 (ND Farnborough 1969).

Literatur R. Bäumer, Johannes C., Münster 1980; A. Tacke, „hab den hertzog Georgen zcu tode gepett“. Die Wettiner, Cranach und die Konfessionalisierung der Kunst in den Anfangsjahrzehnten der Reformation, in: E. Kluth/H. Marx (Hg.), Glaube und Macht, Dresden 2004; H. Junghans, Die Ausbreitung der Reformation von 1517 bis 1539, in: ders. (Hg.), Das Jahrhundert der Reformation in Sachsen, Leipzig 2005, S. 37-68; G. Wartenberg, Die Entstehung der sächsischen Landeskirche von 1539 bis 1559, in: ebd., S. 69-92; C. Wetzel, Das Kirchengesangbuch, in: ebd. S. 93-114; S. Bräuer, Die Reformation und die Dichtung, in: ebd., S. 133-152; C. Volkmar, Reform statt Reformation, Tübingen 2008. – ADB 4, S. 381-384; BBKL 1, Sp. 1072-1074; DBA I, II, III; DBE 2, S. 349; NDB 3, S. 304-306; W. Pökel, Philologisches Schriftsteller-Lexikon, Leipzig 1882, S. 48; U. Kornmüller, Lexikon der kirchlichen Tonkunst, Bd. 2, Regensburg 21895, S. 383; TRE Studienausgabe, T. 1, Bd. 8, Berlin/New York 1993, S. 369-373.

Porträt Johannes C., C. Ammon, 1669, Kupferstich, in: J. J. Boissard/T. de Bry, Bibliotheca chalcographica, Heidelberg 1669; Johannes C. (1479-1552), Schriftsteller, Gegner Luthers, T. de Bry, [1669], Kupferstich, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Sibylle Rönisch
1.9.2012


Empfohlene Zitierweise:
Sibylle Rönisch, Artikel: Johannes Cochlaeus,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1038 [Zugriff 2.11.2024].

Johannes Cochlaeus



Werke Musica, Köln 1507; Quadrivium Grammatices, Nürnberg 1511 (ND Tübingen 1513); Tetrachordum musices, Nürnberg 1511 (ND Hildesheim/New York 1971); Cosmographia Pomponij Mele, Nürnberg 1512; Meteorologia Aristotelis, Nürnberg 1512; Colloquium Cochlaei cum Luthero, Wormatiae olim habitum, Mainz 1540 (ND Leipzig 1910); De libero arbitrio hominis adversus locos communes Philippi Melanchthonis, Tübingen 1525; Sieben kopffe Martin Luthers, Dresden 1529; In obscuros viros qui Decretorum volumen infami compendio Theutonice corruperunt Expostulatio, Augsburg 1530 (ND Münster 1929); Auff Luthers Trostbrieff an ettliche zu Leyptzigk, Antwort und grundtliche Unterricht, was mit denselbigen gehandelt, Dresden 1533; Aequitatis discussio super consilio delectorum cardinalium, Leipzig 1538 (ND Münster 1931); Ein noetig vnd Christlich Bedencken, auff des Luthers Artickeln, die man Gemeynem Concilio fürtragen sol, Leipzig 1538 (ND Münster 1932); Commentaria de actis et scriptis Martini Lutheri saxonis, Mainz 1549 (ND Farnborough 1969).

Literatur R. Bäumer, Johannes C., Münster 1980; A. Tacke, „hab den hertzog Georgen zcu tode gepett“. Die Wettiner, Cranach und die Konfessionalisierung der Kunst in den Anfangsjahrzehnten der Reformation, in: E. Kluth/H. Marx (Hg.), Glaube und Macht, Dresden 2004; H. Junghans, Die Ausbreitung der Reformation von 1517 bis 1539, in: ders. (Hg.), Das Jahrhundert der Reformation in Sachsen, Leipzig 2005, S. 37-68; G. Wartenberg, Die Entstehung der sächsischen Landeskirche von 1539 bis 1559, in: ebd., S. 69-92; C. Wetzel, Das Kirchengesangbuch, in: ebd. S. 93-114; S. Bräuer, Die Reformation und die Dichtung, in: ebd., S. 133-152; C. Volkmar, Reform statt Reformation, Tübingen 2008. – ADB 4, S. 381-384; BBKL 1, Sp. 1072-1074; DBA I, II, III; DBE 2, S. 349; NDB 3, S. 304-306; W. Pökel, Philologisches Schriftsteller-Lexikon, Leipzig 1882, S. 48; U. Kornmüller, Lexikon der kirchlichen Tonkunst, Bd. 2, Regensburg 21895, S. 383; TRE Studienausgabe, T. 1, Bd. 8, Berlin/New York 1993, S. 369-373.

Porträt Johannes C., C. Ammon, 1669, Kupferstich, in: J. J. Boissard/T. de Bry, Bibliotheca chalcographica, Heidelberg 1669; Johannes C. (1479-1552), Schriftsteller, Gegner Luthers, T. de Bry, [1669], Kupferstich, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Sibylle Rönisch
1.9.2012


Empfohlene Zitierweise:
Sibylle Rönisch, Artikel: Johannes Cochlaeus,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1038 [Zugriff 2.11.2024].