Victor Klemperer

K. gehörte mit seinem Vater Gustav zu den wichtigsten Vertretern der 1872 gegründeten Dresdner Bank im Königreich und im späteren Freistaat Sachsen. Als Leiter der Leipziger Niederlassung (1909-1913) und des für Sachsen maßgeblichen Dresdner Stammhauses (1914-1934) erwarb er sich große Verdienste beim Ausbau der Dresdner Bank in Sachsen, die im Freistaat ihr größtes Filialnetz unterhielt. Mit ihren engen Beziehungen zu den wichtigsten Unternehmen der Region trug die Bank maßgeblich zur Entwicklung des sächsisch-mitteldeutschen Wirtschaftsraums bei. – Im Anschluss an eine Bildungsreise nach Südosteuropa und Konstantinopel studierte K. an den Universitäten Halle/Saale, Berlin und Freiburg im Breisgau Rechtswissenschaften. 1898 promovierte er in Halle zum Thema „Die rechtliche Natur der Genussscheine“. Nach Militärdienst, Tätigkeit für die Dresdner Bank in Hamburg und einem mehrmonatigen Aufenthalt in den USA (Bankhaus Kessler & Co.) trat K. als Privatsekretär von Isidor Loewe in die Ludwig Loewe & Co. AG in Berlin ein. Am 1.1.1904 wechselte er erneut zur Dresdner Bank und war zunächst als Privatsekretär beim Unternehmensgründer und Vorstandsvorsitzenden Eugen Gutmann tätig. 1909 hatte K. maßgeblichen Anteil an der Gründung der Leipziger Filiale der Dresdner Bank und dem Neubau des Geschäftsgebäudes am Augustusplatz. Am 1.1.1914 übernahm er die Leitung der wichtigen Dresdner Niederlassung, die bis dahin von seinem Vater geführt wurde. Nur unterbrochen durch den Militärdienst 1914 bis 1918 hatte er diese Funktion bis zum 31.5.1934 inne und war damit für alle den sächsisch-mitteldeutschen Raum betreffenden Entscheidungen des Unternehmens zuständig. Er vertrat die Interessen der Bank in zahlreichen Aufsichtsräten sächsischer Industrie- und Handelsunternehmen, so. z.B. der Sächsischen Gussstahl-Werke Döhlen AG in Dresden-Freital, der Gehe & Co. AG in Dresden, der AG für Cartonnagenindustrie in Dresden, der AG vorm. Seidel & Naumann in Dresden. K. unterhielt zahlreiche geschäftliche Beziehungen und private Kontakte zu Persönlichkeiten aus Wirtschaft, Verwaltung, Kunst und Kultur, darunter u.a. Gustav Stresemann, Elsa Brandström, Richard Tauber, Maria Cebotari, Erna Berger und Hjalmar Schacht. Wegen seiner jüdischen Herkunft wurde K. von den Nationalsozialisten gleich nach deren Machtantritt angefeindet und denunziert, dann zwangsweise pensioniert. 1938 verließ er mit seiner Ehefrau Deutschland und erlangte Asyl in Südrhodesien. – K. war aktiver Förderer der Technischen Hochschule in Dresden. Seine umfangreiche Inkunabelsammlung gehörte zu den bedeutendsten in Europa. Er beschäftigte sich v.a. mit den Frühdrucken und arbeitete intensiv mit dem Nestor der deutschen Inkunabelforschung Konrad Haebler zusammen. 1927 gab er den Katalog „Frühdrucke aus der Bücherei Victor von K.“ heraus. Die wissenschaftliche Kritik bezeichnete den Katalog als maßgeblich für den Forschungszweig und für die gesamte deutsche Buchkunde und das Buchgewerbe.

Quellen Victor von K., Erinnerungen, aufgezeichnet 1938 bis 1943 [MS, Leo-Baeck-Institut New York]; Familiengeschichtliche Sammlung Klemperer, Privatbesitz, New York; Bundesarchiv Berlin, RWM Nr. 3101-18567, R 2501, Nr. 6918; Bundesarchiv Koblenz, R 43 II, 1272a.

Werke Die rechtliche Natur der Genussscheine, Diss. Halle-Wittenberg 1898; Frühdrucke aus der Bücherei Victor von K., Dresden 1927.

Literatur A. Graul, Gustav und Victor von Klemperer. Eine biographische Skizze, Dresden 2004 (Bildquelle). – DBA II, III; DBE 5, S. 587; NDB 12, S. 36.

Andreas Graul
16.1.2006


Empfohlene Zitierweise:
Andreas Graul, Artikel: Victor Klemperer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/9829 [Zugriff 16.4.2024].

Victor Klemperer



Quellen Victor von K., Erinnerungen, aufgezeichnet 1938 bis 1943 [MS, Leo-Baeck-Institut New York]; Familiengeschichtliche Sammlung Klemperer, Privatbesitz, New York; Bundesarchiv Berlin, RWM Nr. 3101-18567, R 2501, Nr. 6918; Bundesarchiv Koblenz, R 43 II, 1272a.

Werke Die rechtliche Natur der Genussscheine, Diss. Halle-Wittenberg 1898; Frühdrucke aus der Bücherei Victor von K., Dresden 1927.

Literatur A. Graul, Gustav und Victor von Klemperer. Eine biographische Skizze, Dresden 2004 (Bildquelle). – DBA II, III; DBE 5, S. 587; NDB 12, S. 36.

Andreas Graul
16.1.2006


Empfohlene Zitierweise:
Andreas Graul, Artikel: Victor Klemperer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/9829 [Zugriff 16.4.2024].