Erna Berger

B. verbrachte ihre ersten Lebensjahre bei der Mutter in Cossebaude, während ihr Vater in Ostpreußen und in der Eifel als Ingenieur an Eisenbahnprojekten beteiligt war. 1906 übersiedelte die Familie nach Berlin-Tempelhof, wo B. im selben Jahr eingeschult wurde. 1908 bis 1914 arbeitete der Vater in Afrika, wohin ihm die Mutter folgte. B. lebte in dieser Zeit bei den Schwestern des Vaters in Dresden, besuchte hier das Lyzeum bis zum Abitur und erhielt Klavierunterricht. Die Hofschauspielerin Auguste Diacono, die B. anlässlich einer privaten Einladung singen hörte, riet ihr, die Stimme ausbilden zu lassen. Ein Vorsingen bei der Operndiva Elisabeth Rethberg brachte eine Empfehlung für den Opernchor. Aus finanziellen Gründen musste B. aber zunächst eine Tätigkeit als Bankangestellte in Zittau aufnehmen. 1920 siedelte der Vater, der gegen eine Sängerkarriere der Tochter war, mit der Familie nach Paraguay über. B. folgte den Eltern dorthin und wurde Erzieherin auf einer Großfarm. Im Oktober 1924 kehrte sie nach Dresden zurück, wo sie als Stenotypistin bei einem Baumeister arbeitete und endlich bei Hertha Boeckel und Melitta Hirzel Gesangsunterricht nehmen konnte. Fritz Busch, Generalmusikdirektor der Staatsoper Dresden, engagierte B. 1925 als Koloratursoubrette. Am 17.6.1925 debütierte sie als einer der drei Knaben in Wolfgang Amadeus Mozarts „Zauberflöte“. Im gleichen Jahr sang sie in der Dresdner Uraufführung der Oper „Doktor Faust“ von Ferruccio Busoni eine kleine Rolle. In Dresden begann B.s Weltkarriere als Sängerin. „Ein wahres Stimmwunder“, „eine lebende Legende“, „der Inbegriff des Koloratursoprans mit dem Geheimnis der ewigen Jugend“ lauteten die Superlative für unzählige Opernpartien und Lieder. Bis 1932 gehörte sie zum Ensemble der Dresdner Staatsoper. Hier sang sie u.a. den Pagen Oscar in Giuseppe Verdis „Ein Maskenball“, Ida und Adele in Johann Strauß’ „Die Fledermaus“, 1927 die Titelpartie in der Uraufführung von „Hanneles Himmelfahrt“ von Paul Graener, Ännchen in Carl Maria von Webers „Der Freischütz“, Blondchen und Konstanze in Mozarts „Die Entführung aus dem Serail“, die Königin der Nacht und Papagena in Mozarts „Zauberflöte“, Gilda in Verdis „Rigoletto“, Zerlina in Mozarts „Don Giovanni“, Zerbinetta in Richard Strauß’ „Ariadne auf Naxos“ und Barbarina in Mozarts „Figaros Hochzeit“. B. wirkte auch in Joseph Haydns „Die Schöpfung“ und Gustav Mahlers achter Sinfonie mit. Bayreuth, London, Salzburg, Brüssel, Wien, Amsterdam, Paris, Barcelona, Rom, Oslo und Budapest waren einige der vielen Opernzentren in aller Welt, in denen B. gastierte. In Dresden gab sie auch nach ihrem Ausscheiden aus dem Ensemble noch mehrere Gastspiele (z.B. 1941 als Cho-Cho-San in Giacomo Puccinis „Madame Butterfly“, 1957 Liederabend im Kurhaus Bühlau). 1932 ging B. nach Berlin, zunächst an die Städtische Oper Charlottenburg, 1933 bis 1945 gehörte sie zum Ensemble der Staatsoper Unter den Linden. Ihre wichtigsten Rollen waren hier die Leila in den „Perlenfischern“ von George Bizet, die Zerline in Ludwig van Beethovens „Fidelio“, die Violetta in Verdis „La Traviata“ und die Sophie in Richard Strauß’ „Rosenkavalier“. Zahlreiche Gastspiele führten sie immer wieder nach London (Covent Garden Oper). Berühmt waren auch B.s Liederabende mit Michael Raucheisen als Begleiter (bis 1968). Nach 1945 unternahm B. große Welttourneen (1948 Australien, 1952 Japan, 1953 Südafrika, 1954 Südamerika). Zwischen 1949 und 1951 sang sie als Mitglied der Metropolitan Oper in New York auch in Havanna, Chicago, Dallas und Honolulu. Ihr letzter Opernbühnenauftritt fand 1954 im Rahmen der Salzburger Festspiele als Zerlina im „Don Giovanni“ statt. – B. wirkte auch in Filmproduktionen mit. 1936 sang sie im Film „Ave Maria“ die Rolle der Violetta aus „La Traviata“ an der Seite von Beniamino Gigli, und 1950 lieh sie ihre Stimme der Schauspielerin Angelika Kaufmann als Susanna in „Figaros Hochzeit“. Ab 1957 leitete B. Meisterkurse an der Hamburger Musikhochschule, an der sie 1959 zur Professorin ernannt wurde. Sie zählt zu den profiliertesten Opern- und Liedsängerinnen ihrer Zeit, besonders im Koloraturfach. In Berlin-Mitte und Dresden wurden Straßen nach ihr benannt.

Werke Auf Flügeln des Gesanges, Zürich 1988.

Literatur K. Höcker, Erna B. Die singende Botschafterin, Berlin 1961; C. Wiesner, Erna B. Eine außergewöhnliche Frau und Künstlerin, Dresden [1995]. – DBA II, III; DBE 1, S. 444; R. Noltensmeier (Red.), Das Neue Lexikon der Musik, Bd. 1, Stuttgart/Weimar 1996, S. 251; K. J. Kutsch/L. Riemens, Großes Sängerlexikon, Bd. 1, Berlin 32000, S. 272f. (Digitale Bibliothek).

Porträt Violetta aus La Traviata, Staatsoper Berlin 1946, in: Akademie der Künste, Die Mitglieder und ihre Werke, Berlin 1960, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Manfred Altner
26.1.2007


Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Erna Berger,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/475 [Zugriff 22.12.2024].

Erna Berger



Werke Auf Flügeln des Gesanges, Zürich 1988.

Literatur K. Höcker, Erna B. Die singende Botschafterin, Berlin 1961; C. Wiesner, Erna B. Eine außergewöhnliche Frau und Künstlerin, Dresden [1995]. – DBA II, III; DBE 1, S. 444; R. Noltensmeier (Red.), Das Neue Lexikon der Musik, Bd. 1, Stuttgart/Weimar 1996, S. 251; K. J. Kutsch/L. Riemens, Großes Sängerlexikon, Bd. 1, Berlin 32000, S. 272f. (Digitale Bibliothek).

Porträt Violetta aus La Traviata, Staatsoper Berlin 1946, in: Akademie der Künste, Die Mitglieder und ihre Werke, Berlin 1960, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Manfred Altner
26.1.2007


Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Erna Berger,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/475 [Zugriff 22.12.2024].