Konrad Haebler
Der Altmeister der Inkunabelforschung legte 1876 das Abitur an der Dresdner Kreuzschule ab und studierte Sprachen und Geschichte an der Leipziger Universität. Bereits 1879 erhielt er eine Stelle als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der Königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden, wo er 1881 zum Bibliotheks-Sekretär, 1896 zum Bibliothekar und Professor ernannt wurde. Mit der Promotion 1882 bei Karl von Noorden an der Universität Leipzig über „Den Streit
Ferdinands des Katholischen und
Philipps I. um die Regierung von Castilien 1504-1506“ begann H.s Beschäftigung mit seinem ersten großen Forschungsschwerpunkt, der iberischen Geschichte, den er später um portugiesische und amerikanische Bereiche erweiterte. Zahlreiche Veröffentlichungen über diese Gebiete ließen ihn zu einem „bedeutenden Vertreter der realistischen Geschichtsforschung“ (W. Schmidt) werden. Viele Studienreisen führten H. nach Spanien, Portugal, England und Italien. 1889 begleitete der 32-Jährige den späteren sächsischen König Friedrich August III. auf dessen spanischer Brautreise. Bei der Erarbeitung seines 1888 erschienenen Werks „Die wirtschaftliche Blüte Spaniens im 16. Jahrhundert und ihr Verfall“ stieß H. auf zahlreiche deutsche Drucker des 15. und 16. Jahrhunderts, die in Spanien ihre Pressen errichtet hatten. Über die spanischen Inkunabeln - Früh- oder Wiegendrucke bis 1500 - veröffentlichte er zwei Bände, ehe er die bibliografische Erfassung der Inkunabeln der Dresdner Bibliothek begann. Diese Arbeit konnte er später auf die Inventarisierung in den gesamten sächsischen Beständen ausdehnen. 1904 übertrug man ihm die Leitung der Kommission für den Gesamtkatalog der Wiegendrucke in Berlin. Während seiner Tätigkeit an der Königlichen Bibliothek zu Berlin wurde H. 1907 zum Oberbibliothekar, 1908 zum Titular-Direktor und 1914 zum Direktor der Handschriftenabteilung ernannt. Unter H.s Ägide wurden bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs etwa 40.000 Beschreibungen erfasst, wobei er selbst mehrere Standorte u.a. in Sachsen und Thüringen bereiste. H.s große Verdienste liegen aber nicht nur in der Erfassung von Inkunabeln, sondern auch in der typografischen Erforschung derselben. Mit dem „Typenrepertorium der Wiegendrucke“ (1905-1924) gelang es ihm, ein handhabbares Arbeitsinstrument zu schaffen. Mit Hilfe des Drucktypenvergleichs wurde es möglich, „einen Druck der Inkunabelzeit nach Ort, Drucker und dem Spielraum weniger Jahre festzulegen“ (W. Schmidt). Nach der Emeritierung kehrte er 1921 nach Dresden zurück und widmete sich verstärkt der Einbandforschung. – H. war Ehrenmitglied der Bibliographical Society in London, korresponierendes Mitglied der Real Academia de Historia in Madrid, später der Akademien in Barcelona (Spanien) und Uppsala (Schweden) sowie der Hispanic Society of New York (USA). Für seine Verdienste um die spanische Geschichte wurde er 1886 mit dem Ritterkreuz des spanischen Isabellenordens ausgezeichnet.
Werke Bibliografía Ibérica del siglo XV, 2 Bde., Leipzig 1903-1917; Typenrepertorium der Wiegendrucke, 5 Bde., Leipzig 1905-1925; Handbuch der Inkunabelkunde, Leipzig 1925; Rollen- und Plattenstempel des 16. Jahrhunderts, 2 Bde., Leipzig 1928; E. v. Rath/W. Schmidt, Die Schriften Konrad H.s, Berlin 1937 (WV).
Literatur Die Bibliothek Geh. Rat Prof. Dr. Konrad H., Dresden 1943; W. Schmidt, Konrad H., in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 64/1950, H. 11/12, S. 403-413; I. Schunke, Erinnerungen an Konrad H., in: W. Dube (Hg.), Über Bücher, Bibliotheken und Leser, Leipzig 1969, S. 185-192. – DBA II, III; DBE 4, S. 302; NDB 7, S. 422f.; T. Bürger/K. Hermann (Hg.), Das ABC der SLUB, Dresden 2006, S. 102 (P).
Porträt Konrad H., W. Witting, 1928, Ölgemälde, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Katrin Nitzschke
23.2.2012
Empfohlene Zitierweise:
Katrin Nitzschke, Artikel: Konrad Haebler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18805 [Zugriff 21.11.2024].
Konrad Haebler
Werke Bibliografía Ibérica del siglo XV, 2 Bde., Leipzig 1903-1917; Typenrepertorium der Wiegendrucke, 5 Bde., Leipzig 1905-1925; Handbuch der Inkunabelkunde, Leipzig 1925; Rollen- und Plattenstempel des 16. Jahrhunderts, 2 Bde., Leipzig 1928; E. v. Rath/W. Schmidt, Die Schriften Konrad H.s, Berlin 1937 (WV).
Literatur Die Bibliothek Geh. Rat Prof. Dr. Konrad H., Dresden 1943; W. Schmidt, Konrad H., in: Zentralblatt für Bibliothekswesen 64/1950, H. 11/12, S. 403-413; I. Schunke, Erinnerungen an Konrad H., in: W. Dube (Hg.), Über Bücher, Bibliotheken und Leser, Leipzig 1969, S. 185-192. – DBA II, III; DBE 4, S. 302; NDB 7, S. 422f.; T. Bürger/K. Hermann (Hg.), Das ABC der SLUB, Dresden 2006, S. 102 (P).
Porträt Konrad H., W. Witting, 1928, Ölgemälde, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Katrin Nitzschke
23.2.2012
Empfohlene Zitierweise:
Katrin Nitzschke, Artikel: Konrad Haebler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18805 [Zugriff 21.11.2024].