Walther Fischer

F. war über zwei Jahrzehnte für das Museum für Mineralogie, Geologie und Vorgeschichte in Dresden tätig. 1943 übernahm er die kommissarische Leitung des Museums und war dessen erster Direktor nach 1945. Zudem leitete F. im ersten Nachkriegsjahr die Zentralkanzlei der Staatlichen Sammlungen und war Direktor der naturwissenschaftlichen Sammlungen in Dresden. Bekannt wurde der Mineraloge v.a. durch seine 1953 veröffentlichte „Praktische Edelsteinkunde“. – 1903 in Rochlitz eingeschult, lernte F. ab 1910 an der Fürsten- und Landesschule Grimma. Bereits als Schüler interessierte er sich für naturwissenschaftliche Themen. Nach dem Notabitur 1915 meldete er sich als Kriegsfreiwilliger. An der Westfront kam er im August 1918 in französische Kriegsgefangenschaft. Aus dieser zurückgekehrt, studierte F. ab 1920 an der Technischen Hochschule (TH) in Dresden Chemie bei Fritz Foerster sowie Mineralogie und Geologie bei Eberhard Rimann. Nach der Chemie-Diplomprüfung arbeitete F. ab Oktober 1923 als Assistent am Institut für Mineralogie und Geologie, wo er im März 1925 bei Rimann mit einer Arbeit über „Die Helvinlagerstätte von Casa La Plata. Zur Kenntnis der Konstitution von Helvin und Danalith“ promoviert wurde. Wenige Monate später, im Oktober 1925, wurde F. Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter am Museum für Mineralogie, Geologie und Vorgeschichte in Dresden, das sein Doktorvater im Nebenamt leitete. F. übernahm die mineralogisch-petrografische Sammlung, führte den Mineralienkatalog fort und erstellte einen Fundortkatalog. Außerdem verwaltete er die Museumsbibliothek. An der Seite seines Kollegen Karl Wanderer sammelte F. erste museologische Erfahrungen. Er ordnete die Mineralien-Schausammlung, die im April 1930 unter dem Titel „Bildung und wirtschaftliche Bedeutung der Mineralien“ eröffnet wurde, nach modernen Grundsätzen und chemischen Gesichtspunkten. Drei Monate zuvor war F. zum Kustos ernannt worden. Er kuratierte die mineralogisch-geologischen Beiträge für mehrere Ausstellungen in Dresden, so für die Goethe-Schau 1932, für „August der Starke und seine Zeit“ 1933 und die Ausstellung „Sächsisches Edelgestein“ 1936. Infolge der intensiven Beschäftigung mit der Geschichte des Dresdner Museums - die von ihm verfasste Museumsgeschichte erschien 1939 - übergab er 1935 und 1940 seine Vorschläge für die zukünftige Unterbringung und Gestaltung des Museums an das Sächsische Ministerium für Volksbildung. Durch seine Publikationen und regelmäßigen Teilnahmen an wissenschaftlichen Tagungen vernetzte sich F. erfolgreich mit seinen Fachkollegen. 1942 wurde er zum Vorsitzenden der naturwissenschaftlichen Gesellschaft ISIS zu Dresden ernannt, der er seit 1926 angehörte. Mehrfach übernahm F. für Rimann Verwaltungsarbeiten am Museum sowie geologische Übungen und Exkursionen an der TH, bevor er im April 1943 infolge der schweren Erkrankung Rimanns mit der kommissarischen Leitung des Museums für Mineralogie und Geologie beauftragt wurde. Aufgrund der kriegsbedingten Personalengpässe wurde ihm zwei Monate später zusätzlich die kommissarische Leitung des Mathematisch-Physikalischen Salons und ab September 1944 die Leitung der Museen für Tierkunde, Rassenkunde und Völkerkunde übertragen. Damit war F. im letzten Kriegsjahr für drei Museen und deren an verschiedenen Orten ausgelagerten Sammlungen verantwortlich. – Nach dem Kriegsende verblieb F. am Museum, da er kein Mitglied der NSDAP gewesen war, und wirkte an der Rückführung der ausgelagerten Bestände mit. Im Oktober 1945 wurde er zum Leiter der neu errichteten Kanzlei der Staatlichen Kunstsammlungen ernannt, Anfang November 1945 auch zum Direktor des Museums für Mineralogie und Geologie. Das Amt als Direktor der naturwissenschaftlichen Museen in Dresden, d.h. des Museums für Mineralogie und Geologie, des Museums für Tierkunde sowie des Mathematisch-Physikalischen Salons, das ihm im April 1946 übertragen wurde, übte F. allerdings nur wenige Monate aus, denn Ende Juli 1946 verlor er im Zuge einer Entlassungswelle alle seine Ämter. In den folgenden Jahren erforschte F. als freiberuflicher Mineraloge und Geologe in Dresden u.a. den Werkstoff Mineralwolle und die Rohstoffversorgung für die Porzellanherstellung. Eine neue Anstellung fand er an der Gewerblichen Berufs- und Fachschule Kreis Birkenfeld in Idar-Oberstein, wohin er im Oktober 1948 mit seiner Familie übersiedelte. Im August 1949 übernahm er zunächst die kommissarische Leitung, später wurde er Direktor dieser Fachschule für Edelsteinbearbeitung. Nach seiner vorzeitigen Pensionierung Ende September 1959 zog F. nach Stuttgart, wo er seine wissenschaftliche Tätigkeit fortsetzte, rege publizierte und zu Tagungen reiste. Im Oktober 1972 übersiedelte er nach Nürnberg.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 13843 Staatliches Museum für Mineralogie und Geologie Dresden, Nr. 267, 13859 Reichsstatthalter (Staatskanzlei), Personalamt, Nr. 1659; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Archiv, Porzellansammlung 01/PS 53, Bd. 3.

Werke Die Helvinlagerstätte von Casa La Plata. Zur Kenntnis der Konstitution von Helvin und Danalith, in: Zentralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Abt. A: Mineralogie und Petrographie 1926, S. 33-42; Die Mineralien im Syenite des Plauenschen Grundes bei Dresden, in: Festschrift zur Feier des 100jährigen Bestehens der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis in Dresden, Dresden 1934, S. 126-170; Mineralogie in Sachsen von Agricola bis Werner. Die ältere Geschichte des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie zu Dresden (1560-1820), Dresden 1939; Zum 450. Geburtstag Agricolas, des „Vaters der Mineralogie“ und Pioniers des Berg- und Hüttenwesens, in: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Abhandlungen, Abt. A: Mineralogie, Gesteinskunde 1944, S. 113-225; Praktische Edelsteinkunde, Kettwig/Ruhr 1953; Abbau und Bearbeitung des Porphyrtuffs auf dem Rochlitzer Berge (Sachsen). Gedanken über die Herkunft d. Steinbruchtechnik, in: Abhandlungen des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie zu Dresden 14/1969, S. 1-110.

Literatur Rudolf Metz, Walther F. zum 75. Geburtstag, in: Der Aufschluss. Zeitschrift der Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie e.V. 23/1972, S. 209-222; Hans Prescher, Carl Walther F. (1897-1979). Mineraloge, Museumsmann, Schuldirektor, Wissenschaftshistoriker, in: Abhandlungen des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie zu Dresden 39/1993, S. 21-54 (P); Karin Müller-Kelwing, Zwischen Kunst, Wissenschaft und Politik. Die Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in Dresden und ihre Mitarbeiter im Nationalsozialismus, Köln/Weimar/Wien 2020, S. 313-315 (P). – Waltraud Voss, F., Walther (1897-1979), in: dies., Von Dresden in die Welt. Frühe Promovenden der TU Dresden in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, Bd. 2, Dresden 2010, S. 16-23, 399.

Porträt Walther F., undatierte Fotografie, Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden (Bildquelle).

Karin Müller-Kelwing
26.7.2022


Empfohlene Zitierweise:
Karin Müller-Kelwing, Artikel: Walther Fischer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27788 [Zugriff 22.11.2024].

Walther Fischer



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 13843 Staatliches Museum für Mineralogie und Geologie Dresden, Nr. 267, 13859 Reichsstatthalter (Staatskanzlei), Personalamt, Nr. 1659; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Archiv, Porzellansammlung 01/PS 53, Bd. 3.

Werke Die Helvinlagerstätte von Casa La Plata. Zur Kenntnis der Konstitution von Helvin und Danalith, in: Zentralblatt für Mineralogie, Geologie und Paläontologie, Abt. A: Mineralogie und Petrographie 1926, S. 33-42; Die Mineralien im Syenite des Plauenschen Grundes bei Dresden, in: Festschrift zur Feier des 100jährigen Bestehens der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Isis in Dresden, Dresden 1934, S. 126-170; Mineralogie in Sachsen von Agricola bis Werner. Die ältere Geschichte des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie zu Dresden (1560-1820), Dresden 1939; Zum 450. Geburtstag Agricolas, des „Vaters der Mineralogie“ und Pioniers des Berg- und Hüttenwesens, in: Neues Jahrbuch für Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Abhandlungen, Abt. A: Mineralogie, Gesteinskunde 1944, S. 113-225; Praktische Edelsteinkunde, Kettwig/Ruhr 1953; Abbau und Bearbeitung des Porphyrtuffs auf dem Rochlitzer Berge (Sachsen). Gedanken über die Herkunft d. Steinbruchtechnik, in: Abhandlungen des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie zu Dresden 14/1969, S. 1-110.

Literatur Rudolf Metz, Walther F. zum 75. Geburtstag, in: Der Aufschluss. Zeitschrift der Vereinigung der Freunde der Mineralogie und Geologie e.V. 23/1972, S. 209-222; Hans Prescher, Carl Walther F. (1897-1979). Mineraloge, Museumsmann, Schuldirektor, Wissenschaftshistoriker, in: Abhandlungen des Staatlichen Museums für Mineralogie und Geologie zu Dresden 39/1993, S. 21-54 (P); Karin Müller-Kelwing, Zwischen Kunst, Wissenschaft und Politik. Die Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in Dresden und ihre Mitarbeiter im Nationalsozialismus, Köln/Weimar/Wien 2020, S. 313-315 (P). – Waltraud Voss, F., Walther (1897-1979), in: dies., Von Dresden in die Welt. Frühe Promovenden der TU Dresden in Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft, Bd. 2, Dresden 2010, S. 16-23, 399.

Porträt Walther F., undatierte Fotografie, Senckenberg Naturhistorische Sammlungen Dresden (Bildquelle).

Karin Müller-Kelwing
26.7.2022


Empfohlene Zitierweise:
Karin Müller-Kelwing, Artikel: Walther Fischer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27788 [Zugriff 22.11.2024].