Robert Wieland
W. wurde als einziges Kind einer mittellosen Strumpfwirkerfamilie geboren. Seine Eltern bewohnten zwei kleine Zimmer zur Miete, die auch als Arbeitsraum dienten. Von seinem Vater lernte er das Strumpfwirken auf dem Handkulierstuhl. 1880 kaufte er sich mit Hilfe seiner Eltern die erste Pagetmaschine, zu der wenig später noch einige kleinere Maschinen hinzukamen. – Er heiratete die aus seiner Nachbarschaft stammende Tochter des Auerbacher Ortsrichters
Carl Thierfelder. 1882 bis 1884 diente W. beim Militär in Leipzig. Um 1890 entstand der Plan zum Bau einer Fabrik. Dafür kaufte W. von seinem Schwiegervater ein Stück Land, auf dem er und drei Teilhaber im Jahr darauf eine Fabrik errichteten. Nach und nach wurden die Teilhaber ausgezahlt, sodass W. ab 1895 alleiniger Inhaber war. 1897 beschäftigte er bereits 50 Arbeiter in seiner Fabrik. Zu diesem Zeitpunkt produzierte die Firma noch für Verleger, was sich aber bald darauf änderte. 1902 begann W. einen wesentlich größeren Fabrikneubau zu errichten, um seine Produktion zu vergrößern und Maschinen neuen Typs aufstellen zu können. – 1914 gelang W. mit Hilfe seines Schwiegersohns, des Architekten und Prokuristen
Paul Thierfelder, die Erfindung der „W-Ferse“, auch „Wieland-Ferse“ genannt, die eine entscheidende Erfindung für die Strumpfindustrie darstellt, da mit diesem Verfahren erstmals Strümpfe in nur einem Arbeitsgang hergestellt werden konnten und nicht wie bis dahin auf sog. Längen- und Fußmaschinen. – Dem Fabrikbau von 1902 folgten weitere Neu-, Um- und Ausbauten in den Jahren 1909, 1913, 1921, 1934 und 1936. Darunter fällt auch der Bau einer Gutsanlage durch den Architekten Curt Am Ende. Um 1921 wurden bereits 400 Arbeitskräfte beschäftigt. In diesem Jahr trat sein Sohn
Max in die Firmenleitung ein, um den ausländischen Absatzmarkt auszubauen. Sechs Jahre später entstand durch ihn das Markenzeichen „ARWA“, das sich aus W.s Initialen und dem Firmensitz Auerbach/Erzgebirge ableitet. In den 1920er- und 1930er-Jahren erlebte die Firma ihre größte Blüte, verdeutlicht durch einen Umsatz von 9,1 Millionen Reichsmark 1928 und durch den Firmennamen „A. Robert W. Feinstrumpf-Großwerke Auerbach und Chemnitz“. – W. trat besonders durch sein soziales Engagement für seine Arbeiter hervor. Er setzte z.B. grundsätzliche Veränderungen bei der Ausbildung durch. So befand sich in seinem Betrieb sachsenweit die erste und einzige Lehrlingswerkstatt für Wirkerlehrlinge dieser Zeit. Für auswärtige Lehrlinge wurde ein Wohnheim eingerichtet, ebenso gab es Duschen und Waschräume für die Angestellten. Ferner entstanden eine Siedlung für die Arbeiter und Beamten des Betriebs sowie eine Betriebskantine. Aber auch auf kulturellem Gebiet war W. seiner Zeit voraus. So organisierte er z.B. 1937 eine einwöchige Urlaubsreise für 800 Mitarbeiter mit einem Sonderzug nach Oberbayern - eine enorme finanzielle sowie logistische Leistung. 1939 kaufte W. das Unternehmen „Textilsyndikat Chemnitz“, wodurch insgesamt 1.170 Beschäftigte in den Werken Auerbach, Chemnitz, Gelenau, Meinersdorf und Zwönitz für W. arbeiteten. Mit W.s Tod 1940 übernahm sein Enkel Hans Thierfelder die Leitung des Betriebs. – W. gilt mit dieser beispiellosen Karriere als einer der größten Industriepioniere Sachsens. Er arbeitete sich aus kleinsten Anfängen zu einem einflussreichen Industriellen hoch und gehörte zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu den führenden Textilfabrikanten in Deutschland. Noch heute ist sein Name mit dem erzgebirgischen Ort Auerbach fest verbunden und die Erinnerung an ihn lebendig. Ihm zu Ehren wurde eine Straße im württembergischen Gaildorf benannt, in das sein Enkel Hans Thierfelder nach dem Zweiten Weltkrieg übersiedelte und dort die Firma neu gründete.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Chemnitz, ARWA; Gemeindearchiv Auerbach, „Entwicklung der Fa. A. Robert Wieland“ von Rosa Peters, 1941; Evangelisch-Lutherisches Pfarrarchiv Auerbach/Erzgebirge; Privatarchiv Familie Drechsel.
Literatur Wir von der Strumpfwirkerei. Werkszeitschrift der ARWA-Betriebsgemeinschaft A. Robert Wieland, Feinstrumpf-Großwerke, Chemnitz 1939-1942; Nodelzang' un Maschenfang, hrsg. von der Gemeinde Auerbach/Erzgebirge, Stollberg 2001; Zwischen Davos und Auerbach. Leben und Wirken des Volksschullehrers Hellmuth Vogel, hrsg. von der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen, Dresden 2010.
Porträt August Robert W., Bruno Ziegler, Bronzebüste, um 1940, Familienarchiv Drechsel (Bildquelle).
Falk Drechsel
1.6.2011
Empfohlene Zitierweise:
Falk Drechsel, Artikel: Robert Wieland,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25480 [Zugriff 22.11.2024].
Robert Wieland
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Chemnitz, ARWA; Gemeindearchiv Auerbach, „Entwicklung der Fa. A. Robert Wieland“ von Rosa Peters, 1941; Evangelisch-Lutherisches Pfarrarchiv Auerbach/Erzgebirge; Privatarchiv Familie Drechsel.
Literatur Wir von der Strumpfwirkerei. Werkszeitschrift der ARWA-Betriebsgemeinschaft A. Robert Wieland, Feinstrumpf-Großwerke, Chemnitz 1939-1942; Nodelzang' un Maschenfang, hrsg. von der Gemeinde Auerbach/Erzgebirge, Stollberg 2001; Zwischen Davos und Auerbach. Leben und Wirken des Volksschullehrers Hellmuth Vogel, hrsg. von der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen, Dresden 2010.
Porträt August Robert W., Bruno Ziegler, Bronzebüste, um 1940, Familienarchiv Drechsel (Bildquelle).
Falk Drechsel
1.6.2011
Empfohlene Zitierweise:
Falk Drechsel, Artikel: Robert Wieland,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25480 [Zugriff 22.11.2024].