Friedrich Adolf Ebert
E. war mit seinen Arbeiten auf fast allen Gebieten der bibliothekarischen Theorie und Praxis
wegweisend für die Fortschritte im deutschen Bibliothekswesen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. – Bereits als Schüler zeigte er 1806 als Amanuensis an der Leipziger Ratsbibliothek seine Befähigung für den späteren Beruf. 1808 bis 1812 studierte er an den Universitäten Leipzig und Wittenberg Theologie und Philologie und promovierte 1812 mit einer Arbeit über „Hierarchia in religionem ac literas commoda“. Prägend waren für ihn die Vorlesungen des Historikers
Hans Karl Dippold und die Beschäftigung mit der Literaturgeschichte im Selbststudium. 1811 hatte er durch eine Schrift „Über öffentliche Bibliotheken“ auf sich aufmerksam gemacht und wurde 1813 zu Katalogarbeiten an der Universitätsbibliothek Leipzig herangezogen. Schon ein Jahr später erhielt er eine feste Anstellung als Sekretär an der Königlichen öffentlichen Bibliothek in Dresden. Dort war er 1814 bis zu seinem Tod 1834 (seit 1828 als Oberbibliothekar) tätig, unterbrochen durch einen zweijährigen Aufenthalt 1823 bis 1825 an der Herzog
August Bibliothek in Wolfenbüttel. Seine ersten Aufgaben waren die Revision des Bestands und die Anfertigung von Standort- und Sachkatalogen. Die dafür geleisteten praktischen, von theoretischen Überlegungen begleiteten Arbeiten, hielt er in Tagebüchern fest. Zu einem klassischen Dokument wurde „Die Bildung des Bibliothekars“ (1820). E. forderte darin die Selbstständigkeit des bibliothekarischen Berufs und stellte in Auseinandersetzung mit
Martin Schrettingers Lehrbuch seine Konzeption der Bibliotheksverwaltung dar, die dann von
Christian Molbech,
Edmund Zoller, Julius Petzholdt und
Arnim Graesel aufgenommen und weiterentwickelt wurde und den Grund für die Vereinheitlichung der bibliothekarischen Praxis legte. Nicht geringer sind E.s Verdienste um die theoretischen Grundlagen der Bibliografie. Sein „Allgemeines bibliographisches Lexikon“ (1821-1830), in dem seine Postulate umgesetzt sind, berücksichtigt im Unterschied zu
Jacques Charles Brunets bibliophil orientiertem Handbuch auch wissenschaftlich relevante Literatur. Es gilt bis heute als Standardwerk. E.s „Geschichte und Beschreibung der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden“ (1822) wurde zum Prototyp bibliotheksgeschichtlicher Monografien. Die „Geschichte der Königlichen Bibliothek zu Berlin“ (1828) von
Friedrich Wilken und die „Geschichte und Beschreibung der Prager Universitätsbibliothek“ (1851) von
Joseph Hanslik sind nach diesem Vorbild gearbeitet. In Verbindung mit der Erschließung der Wolfenbütteler Handschriftenbestände entwickelte E. spezifische Richtlinien für die Beschreibung der Handschriften im Unterschied zu den Regeln für die Diplomatik. Neben den selbstständig erschienenen Schriften hat E. zahlreiche Artikel, Beiträge und Rezensionen in Lexika, Zeitschriften und Zeitungen zu Bibliotheken und Bibliothekaren, zur Bibliografie und Bibliophilie, zum Buchdruck und Buchhandel verfasst. Unter den historischen und kulturgeschichtlichen Veröffentlichungen sind sein Buch über Friedrich Taubmann (1814) und seine Arbeiten für die „Monumenta Germaniae Historica“ (seit 1819) zu nennen. Zeugnis für seine weit über die Berufsaufgaben hinausgehenden Leistungen sind auch der handschriftliche Nachlass, die fachbezogenen Verzeichnisse, die Tagebücher und Sammlungen sowie eine 31 Bände füllende Korrespondenz.
Quellen Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Handschriften und Sondersammlungen, Nachlass E.; G. Goetting, Verzeichnis der Nachlässe des 16. bis 20. Jahrhunderts in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 1961 [Ms.].
Werke Über öffentliche Bibliotheken, besonders deutsche Universitätsbibliotheken, und Vorschläge zu einer zweckmäßigen Einrichtung derselben, Freiberg 1811; Hierarchia in religionem ac literas commoda, Diss. Leipzig 1812; Friedrich Taubmanns Leben und Verdienste, Eisenberg 1814; Die Bildung des Bibliothekars, Leipzig 1820, 21820 (ND Leipzig 1958); Allgemeines bibliographisches Lexikon, 2 Bde., Leipzig 1821/30; Geschichte und Beschreibung der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden, Leipzig 1822; Zur Handschriftenkunde, Bd. 1, Leipzig 1825; Bibliothecae Guelpherbytanae codices graeci et latini classici, Leipzig 1827 (ND Hildesheim 1976); Diarium über meine Arbeiten auf der Akademischen Bibliothek zu Leipzig und der Königlichen Bibliothek zu Dresden 1813-1822, Dresden 1990.
Literatur F. Nestler, Friedrich Adolf E. und seine Stellung im nationalen Erbe der Bibliothekswissenschaft, Leipzig 1969 (WV); E. Goldschmidt, Pioneer professional, in: The Library Quarterly 40/1970, S. 223-235. – ADB 5, S. 585; NDB 4, S. 253f.; J. S. Ersch/J. G. Gruber (Hg.), Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Sektion 1, Bd. 30, Leipzig 1838, S. 263-270 (WV); S. Corsten/G. Pflug/F. A. Schmidt-Künsemüller, Lexikon des gesamten Buchwesens, Bd. 2, Stuttgart 1989, S. 406.
Porträt Friedrich Adolf E., 1827, Kreidezeichnung, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Manfred Mühlner
27.8.2009
Empfohlene Zitierweise:
Manfred Mühlner, Artikel: Friedrich Adolf Ebert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1267 [Zugriff 21.11.2024].
Friedrich Adolf Ebert
Quellen Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, Handschriften und Sondersammlungen, Nachlass E.; G. Goetting, Verzeichnis der Nachlässe des 16. bis 20. Jahrhunderts in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel, 1961 [Ms.].
Werke Über öffentliche Bibliotheken, besonders deutsche Universitätsbibliotheken, und Vorschläge zu einer zweckmäßigen Einrichtung derselben, Freiberg 1811; Hierarchia in religionem ac literas commoda, Diss. Leipzig 1812; Friedrich Taubmanns Leben und Verdienste, Eisenberg 1814; Die Bildung des Bibliothekars, Leipzig 1820, 21820 (ND Leipzig 1958); Allgemeines bibliographisches Lexikon, 2 Bde., Leipzig 1821/30; Geschichte und Beschreibung der königlichen öffentlichen Bibliothek zu Dresden, Leipzig 1822; Zur Handschriftenkunde, Bd. 1, Leipzig 1825; Bibliothecae Guelpherbytanae codices graeci et latini classici, Leipzig 1827 (ND Hildesheim 1976); Diarium über meine Arbeiten auf der Akademischen Bibliothek zu Leipzig und der Königlichen Bibliothek zu Dresden 1813-1822, Dresden 1990.
Literatur F. Nestler, Friedrich Adolf E. und seine Stellung im nationalen Erbe der Bibliothekswissenschaft, Leipzig 1969 (WV); E. Goldschmidt, Pioneer professional, in: The Library Quarterly 40/1970, S. 223-235. – ADB 5, S. 585; NDB 4, S. 253f.; J. S. Ersch/J. G. Gruber (Hg.), Allgemeine Encyclopädie der Wissenschaften und Künste, Sektion 1, Bd. 30, Leipzig 1838, S. 263-270 (WV); S. Corsten/G. Pflug/F. A. Schmidt-Künsemüller, Lexikon des gesamten Buchwesens, Bd. 2, Stuttgart 1989, S. 406.
Porträt Friedrich Adolf E., 1827, Kreidezeichnung, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Manfred Mühlner
27.8.2009
Empfohlene Zitierweise:
Manfred Mühlner, Artikel: Friedrich Adolf Ebert,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1267 [Zugriff 21.11.2024].