Caspar Vogt von Wierandt

Der aus einer österreichischen Adelsfamilie stammende V. prägte die sächsische Baukunst in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Der kundige Festungsbauexperte entwarf die Stadtbefestigungen in Dresden und Leipzig, von denen Teile bis heute erhalten geblieben sind. Mit dem Residenzschloss in Dresden schuf V. eine bedeutende Schlossanlage der deutschen Renaissance. – Über die Ausbildung V.s und sein Leben vor 1540 ist nichts bekannt. Der Adlige war möglicherweise in Italien und Frankreich gewesen, wo er die neuesten künstlerischen Strömungen aufnahm und die Befestigungskunst studierte, denn seine künstlerischen Leistungen, insbesondere im Festungsbau, lassen auf Kenntnisse der dortigen Verhältnisse schließen. 1541 wurde er von Herzog Moritz zum Zeugmeister der Zeughäuser in Dresden, Leipzig und Freiberg berufen und am 21.7.1547 zum Oberzeug- und Baumeister ernannt. Als Oberbefehlshaber der Festungsanlagen im albertinischen Sachsen, der auch für den Festungsbau verantwortlich zeichnete, verfügte V. über umfassendes militärisches und ingenieurtechnisches Wissen. In Dresden legte er 1542 auf eigene Kosten die erste Wasserleitung an, die frisches Quellwasser in die Stadt führte. Die Rechte daran wurden ihm später wiederholt bestätigt. Weiterhin wirkte V. am Bau des Jagdschlosses Moritzburg in Friedewald mit, das 1542 bis 1546 unter der Oberleitung des Bauintendanten Hans von Dehn-Rothfelser ausgeführt wurde. Möglicherweise sind die Pläne für diese Anlage V. zuzuschreiben. Nach der Schlacht von Mühlberg 1547 wurde das Schloss in Dresden vergrößert und im Renaissancestil umgestaltet. Dieses Bauvorhaben leiteten von Dehn-Rothfelser, V. und der kurfürstliche Rat Georg von Komerstadt. Der Bau wird üblicherweise V. zugeschrieben, aber es ist nicht sicher, wer die Entwürfe erstellt hat. V. kommt aufgrund seiner Kenntnisse der französischen und italienischen Architektur dafür durchaus in Frage. Das Schloss setzt in seiner Grundrissbildung und im Bautyp der Vierflügelanlage den wettinischen Schlossbau des 15. Jahrhunderts fort, ist aber durch die neuesten Stilformen der italienischen Renaissance geprägt. Nicht wenige italienische Künstler waren am Schlossbau beteiligt, darunter Juan Maria da Padua, der das Portal der Schlosskapelle schuf, sowie Benedetto und Gabriele da Tola, die den Sgrafittodekor der Fassaden herstellten. – V. leitete als Oberzeug- und Baumeister den Festungsbau in Sachsen. Er erstellte 1546 die Pläne für die aus acht Bastionen, vier Toren, breiten Gräben und Wällen bestehende Stadtbefestigung von Dresden, die bis 1555 unter der Aufsicht von Dehn-Rothfelsers ausgeführt wurde und nicht nur die Stadt Dresden, sondern auch Altendresden auf der anderen Elbseite umschloss. Die Bastion am Hasenberg wurde mit dem Moritzmonument geschmückt, das an den 1553 gefallenen Kurfürsten erinnert. In Leipzig, wo V. 1543 die Hallische Bastion errichtet hatte, ordnete Kurfürst Moritz nach dem Ende des Schmalkaldischen Kriegs einen umfassenden Neubau der Befestigungsanlagen an. Die Baupläne hatte V. 1546 nach dem Vorbild der Festungen Gent und Antwerpen entwickelt. Zusammen mit dem Festungsring, der die Stadt umschloss, wurde 1549 bis 1569 die Pleißenburg als vorgelagerte Verteidigungsstellung errichtet. Die Festung wurde auf dem Grundriss eines Dreiecks angelegt. An der rechtwinkligen Spitze stand ein Rundturm, dem ein Turmhaus mit Artilleriestellungen vorgelagert war. Die Aufsicht über das Bauvorhaben hatte der kurfürstliche Baumeister Hans von Dieskau, während der Leipziger Kaufmann Hieronymus Lotter den Bauablauf organisierte. Die baulichen Details entwickelte der Baumeister und Steinmetz Paul Speck, von dem eine Zeichnung der Pleißenburg überliefert ist. Die Pleißenburg wurde 1898 bis 1905 durch das Neue Rathaus der Stadt Leipzig ersetzt. In Pirna leitete V. den Ausbau des Schlosses Sonnenstein zu einer Festungsanlage. Kurfürst August, der V. am 1.1.1554 in seinem Amt bestätigte, beauftragte ihn 1553 mit dem Bau eines Torhauses auf der Dresdner Elbbrücke. 1555 beaufsichtigte V. die Wiederherstellung der kriegszerstörten Rundtürme des Schlosses in Wittenberg. 1559 legte er den Grundstein für das von ihm entworfene Zeughaus in Dresden. Das groß angelegte Gebäude wurde 1563 unter dem Zeugmeister Paul Buchner d.Ä. fertig gestellt. – Als Festungsbauexperte und Baumeister war V. über Sachsen hinaus bekannt. Herzog Johann Albrecht I. von Mecklenburg versuchte 1554 vergeblich, V. zum Festungsbau nach Güstrow zu holen. – V. wohnte in Dresden in einem Haus in der Kreuzgasse nahe dem Gießhaus, war aber oft auf Reisen, um die Bauvorhaben zu überwachen. 1556 kaufte er das Rittergut Obergurig bei Bautzen, das zum bischöflichen Amt Stolpen gehörte. Da sein nachgelassener Sohn Heinrich Caspar am 17.11.1559 mit Obergurig belehnt wurde, muss V. 1559 gestorben sein. Seine Witwe, Katharina Vogt von Wierandt, bat am 31.8.1560 um einen Vormund für ihre beiden Kinder. Zum Nachfolger V.s als Oberzeug- und Baumeister wurde von Dieskau berufen, dem 1563 Rochus Graf von Lynar nachfolgte.

Werke Moritzburg, Jagdschloss, 1542-1546; Dresden, Residenzschloss, um 1547-um 1560; Dresden, Stadtbefestigung, 1546-1555; Leipzig, Stadtbefestigung, nach 1546; Leipzig, Pleißenburg, 1549-1569; Dresden, Zeughaus, 1559-1563.

Literatur W. v. Bötticher, Geschichte des oberlausitzischen Adels und seiner Güter 1635-1815, Bd. 3, Oberlößnitz 1919, S. 126; H.-G. Hartmann, Moritzburg. Schloß und Umgebung in Geschichte und Gegenwart, Weimar 21990; ders., Das kurfürstliche Jagdhaus Moritzburg 1542-1700, in: Dresdner Hefte 42/1995, S. 15-22; E. Papke, Festung Dresden, Dresden 1997; C. Zeidler, Caspar V. Ein Baumeister der Renaissance, in: Der Kasemattengeist 5/1999, S. 3-13; H. Magirius, Die Schlossbauten des Kurfürsten Moritz, in: A. Thieme/J. Vötsch (Hg.), Hof und Hofkultur unter Moritz von Sachsen (1521-1553), Beucha 2004, S. 102f., 108-111; ders., Architektur und Bildende Künste, in: K. Blaschke (Hg.), Geschichte der Stadt Dresden, Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, Stuttgart 2005, S. 528-556. – DBA II; Thieme/Becker, Bd. 34, Leipzig 1999, S. 497f.

Matthias Donath
18.3.2009


Empfohlene Zitierweise:
Matthias Donath, Artikel: Caspar Vogt von Wierandt,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23267 [Zugriff 19.11.2024].

Caspar Vogt von Wierandt



Werke Moritzburg, Jagdschloss, 1542-1546; Dresden, Residenzschloss, um 1547-um 1560; Dresden, Stadtbefestigung, 1546-1555; Leipzig, Stadtbefestigung, nach 1546; Leipzig, Pleißenburg, 1549-1569; Dresden, Zeughaus, 1559-1563.

Literatur W. v. Bötticher, Geschichte des oberlausitzischen Adels und seiner Güter 1635-1815, Bd. 3, Oberlößnitz 1919, S. 126; H.-G. Hartmann, Moritzburg. Schloß und Umgebung in Geschichte und Gegenwart, Weimar 21990; ders., Das kurfürstliche Jagdhaus Moritzburg 1542-1700, in: Dresdner Hefte 42/1995, S. 15-22; E. Papke, Festung Dresden, Dresden 1997; C. Zeidler, Caspar V. Ein Baumeister der Renaissance, in: Der Kasemattengeist 5/1999, S. 3-13; H. Magirius, Die Schlossbauten des Kurfürsten Moritz, in: A. Thieme/J. Vötsch (Hg.), Hof und Hofkultur unter Moritz von Sachsen (1521-1553), Beucha 2004, S. 102f., 108-111; ders., Architektur und Bildende Künste, in: K. Blaschke (Hg.), Geschichte der Stadt Dresden, Bd. 1: Von den Anfängen bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges, Stuttgart 2005, S. 528-556. – DBA II; Thieme/Becker, Bd. 34, Leipzig 1999, S. 497f.

Matthias Donath
18.3.2009


Empfohlene Zitierweise:
Matthias Donath, Artikel: Caspar Vogt von Wierandt,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23267 [Zugriff 19.11.2024].