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Hoyer IV. (VI.) von Mansfeld-Vorderort

Der altgläubige, unverheiratete H. gehörte neben Albrecht IV. (VII.) von Mansfeld-Hinterort zu den herausragenden Vertretern der Mansfelder Grafen des 16. Jahrhunderts. In habsburgisch kaiserlichen Diensten erlangte H. zahlreiche Privilegien für das Gesamthaus. Von dieser Kaisernähe profitierte die mit der Hauptlandesteilung von 1501 entstandene, altgläubige Vorderorter Hauptlinie des Mansfelder Grafenhauses in erheblichem Maß in den konfessionellen Konflikten seit 1525. – Gemeinsam mit seinen beiden Brüdern besaß der im Vorderschloss (daher die Bezeichnung Vorderort ) auf Burg Mansfeld residierende H. seit 1501 drei Fünftel der Grafschaft Mansfeld. Durch Reisen nach Frankreich und Palästina gebildet, wird er 1508 erstmals im Umfeld Kaiser Maximilians I. bei dessen Zug gegen Venedig erwähnt und bewährte sich danach als kaiserlicher Diplomat. 1512 bezeichnete er sich als kaiserlicher Rat und oberster Stabelmeister (Stabhalter). H. folgte 1515 Maximilian I. zunächst nach Wien, ehe er sich zeitweilig in kaiserlichem Auftrag am Hof König Karls, dem späteren Kaiser Karl V., in Spanien und in den Niederlanden aufhielt. 1516 wurde er in Brüssel feierlich durch König Karl in den Orden vom Goldenen Vlies aufgenommen. Als überzeugter Gegner der Reformation vertrat H. die kaiserlichen Interessen auf den Reichstagen von Worms 1521 und Augsburg 1530. Dem Kaiser diente H. aber nicht nur als Diplomat, sondern er nahm 1529 und 1532 auch an den Feldzügen gegen die Türken teil. Gleichwohl findet sich H. auch in Diensten der benachbarten Territorialfürsten: 1527 wurde er von Herzog Georg (der Bärtige) von Sachsen zum Generalleutnant von Haus aus bestallt und befehligte 1529 die sächsisch-albertinischen Truppen im Türkenkrieg. Während der Packschen Händel 1528 fungierte er zunächst als Gesandter König Ferdinands I. beim Kurfürsten Johann (der Beständige) von Sachsen und nahm dann in Kassel am Verhör Otto von Packs als Vertreter Herzog Georgs teil. Seit 1534 albertinischer Rat auf Lebenszeit, wurde H. 1536 vom Magdeburger Erzbischof, Albrecht von Brandenburg, gegen 500 Gulden jährlich zum Feldhauptmann angenommen. – H. nutzte konsequent seine persönlichen Beziehungen zu seinen habsburgisch kaiserlichen Dienstherren, um die Stellung von Haus und Grafschaft Mansfeld im Reich zu stärken, v.a. aber um die stets bedrohte Reichsunmittelbarkeit gegen die mächtigen Wettiner abzusichern. Neben persönlichen Privilegien wie dem Titel „Wohlgeborne“ und dem Recht des Siegelns mit rotem Wachs für alle Mansfelder Grafen seit 1512 erreichte er mehr als 20 politisch und wirtschaftlich wichtige Bestätigungen sowie zusätzliche Privilegien. Zu letzteren zählen Schutzbriefe (1520, 1530), Appellationsprivilegien (1518), Markt- und Zollprivilegien sowie Stadtrechte für die Mansfelder Ortschaften Gerbstedt, Leimbach und Heldrungen (1530). – Auf Reichsebene engagierte sich H., der bereits seit 1500 die Reichstage besuchte und später die Reichsabschiede mit unterzeichnete, für die Rechte des Reichsgrafenstands, als dessen Vertreter im Reichsfürstenrat und Ausschuss er auf dem Nürnberger Reichstag 1522 erscheint. – Insbesondere im Zusammenhang mit dem neben den Städten Eisleben, Mansfeld und Hettstedt bis 1536 in gemeinschaftlichem Besitz verbliebenen Berg- und Hüttenwesen kam es zu zahlreichen innerdynastischen Konflikten in der Grafschaft. Zentrale Bedeutung hatte jedoch der seit 1525 bestehende Konfessionsdissens. Der beim katholischen Glauben verbliebene H. bekämpfte nicht nur in den gemeinsam verwalteten Städten mit Hilfe seines anteiligen Patronatsrechts hartnäckig die Ausbreitung der Reformation, er vermochte in seinem Gebiet bis zu seinem Tod 1540 auch erfolgreich eine kirchliche Neuordnung aufzuhalten. Gleichwohl sprach das Mansfelder Landeskind Martin Luther nach einer Begegnung in Wittenberg 1538 voller Hochachtung von H., während der Reformator gleichzeitig dessen evangelischen Vetter Albrecht IV. (VII.) mit „Tyrannen“ wie König Ferdinand I. und Herzog Georg von Sachsen auf eine Stufe stellte. – Weniger erfolgreich scheint H. dagegen bei seinen Bemühungen um Besitzerweiterungen gewesen zu sein. 1501 erwarb er wohl vorwiegend unter wirtschaftlichen Aspekten die waldreiche Herrschaft Lauenstein mit florierender Kupfer- und Eisenerzverarbeitung im fränkisch-thüringischen Grenzraum. Da die Kaufsumme von 14.000 Gulden offenbar nicht aufgebracht werden konnte, verkaufte H. jedoch Lauenstein - unter Übergehung der oberlehnsherrlichen Rechte der Markgrafen von Brandenburg-Ansbach-Kulmbach - bereits 1506 als Afterlehen und unter Vorbehalt der „Edlen Mannschaft“ an seinen Rat Heinrich von Thüna. – Hervorzuheben ist das außergewöhnlich repräsentative und kunsthistorisch bedeutsame Grabmal des kinderlosen, als mildtätig und friedfertig gerühmten H. in der St. Andreaskirche zu Eisleben. Die Volkssage lässt dagegen den engagierten Anhänger der alten Kirche auf Schloss Arnstein, das er 1530 hatte wiederherstellen lassen, ruhelos umhergeistern.

Quellen W. Möllenberg, Urkundenbuch zur Geschichte des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrhundert, Halle 1915.

Literatur J. G. Zeidler, Acht hundert jähriger an einander hangender Stammbaum Des Uralten Hochlöblichen Helden=Hauses … zu Mannsfeld …, Halle 1703; C. G. Hoffmann, Die Ehre des Fürst= und Gräflichen Hauses Von Mannsfeld …, Leipzig 1717; E. C. Francke, Historie der Graffschaft Manßfeld …, Leipzig 1723; L. F. Niemann, Geschichte der Grafen von Mansfeld, Aschersleben 1834; G. F. Busch, Chronik der Grafschaft Mansfeld, Leimbach 1849; K. Krumhaar, Die Grafschaft Mansfeld im Reformationszeitalter, Eisleben 1855; ders., Die Grafen von Mansfeld und ihre Besitzungen, Eisleben 1872; W. Mück, Der Mansfelder Kupferschieferbergbau in seiner rechtsgeschichtlichen Entwicklung, 2 Bde., Eisleben 1910; E. Hempel, Die Stellung der Grafen von Mansfeld zum Reich und zum Landesfürstentum, Halle 1917; A. Sames, Luthers Beziehungen zu den Mansfelder Grafen, in: H. Junghans (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546, 2 Bde., Göttingen 1983, Bd. 1, S. 591-600, Bd. 2, S. 935-938; G. Wartenberg, Mansfeld, in: A. Schindling/W. Ziegler (Hg.), Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung, Bd. 6, Münster 1996, S. 78-91; H. Demattio, Die Herrschaft Lauenstein bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, Jena u.a. 1997; R. Seidel, Die Grafen von Mansfeld, Egelsbach/Frankfurt/Main/Washington 1998; K. Niehr, Das Grabmal H.s in der Andreaskirche zu Eisleben, in: R. Knape (Hg.), Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land, Eisleben 2000, S. 261-279; J. Vötsch, Zwischen Reichsfreiheit und Landsässigkeit, in: J. Rogge/U. Schirmer (Hg.), Hochadlige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 bis 1600), Stuttgart 2003, S. 163-178; G. Wartenberg, Das evangelische Kirchenregiment der Grafen von Mansfeld, in: C. Römer (Hg.), Evangelische Landeskirchen der Harzterritorien in der frühen Neuzeit, Berlin 2003, S. 25-38.

Jochen Vötsch
7.2.2005


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Hoyer IV. (VI.) von Mansfeld-Vorderort,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23559 [Zugriff 4.11.2024].

Hoyer IV. (VI.) von Mansfeld-Vorderort



Quellen W. Möllenberg, Urkundenbuch zur Geschichte des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrhundert, Halle 1915.

Literatur J. G. Zeidler, Acht hundert jähriger an einander hangender Stammbaum Des Uralten Hochlöblichen Helden=Hauses … zu Mannsfeld …, Halle 1703; C. G. Hoffmann, Die Ehre des Fürst= und Gräflichen Hauses Von Mannsfeld …, Leipzig 1717; E. C. Francke, Historie der Graffschaft Manßfeld …, Leipzig 1723; L. F. Niemann, Geschichte der Grafen von Mansfeld, Aschersleben 1834; G. F. Busch, Chronik der Grafschaft Mansfeld, Leimbach 1849; K. Krumhaar, Die Grafschaft Mansfeld im Reformationszeitalter, Eisleben 1855; ders., Die Grafen von Mansfeld und ihre Besitzungen, Eisleben 1872; W. Mück, Der Mansfelder Kupferschieferbergbau in seiner rechtsgeschichtlichen Entwicklung, 2 Bde., Eisleben 1910; E. Hempel, Die Stellung der Grafen von Mansfeld zum Reich und zum Landesfürstentum, Halle 1917; A. Sames, Luthers Beziehungen zu den Mansfelder Grafen, in: H. Junghans (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546, 2 Bde., Göttingen 1983, Bd. 1, S. 591-600, Bd. 2, S. 935-938; G. Wartenberg, Mansfeld, in: A. Schindling/W. Ziegler (Hg.), Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung, Bd. 6, Münster 1996, S. 78-91; H. Demattio, Die Herrschaft Lauenstein bis zum Ende des 16. Jahrhunderts, Jena u.a. 1997; R. Seidel, Die Grafen von Mansfeld, Egelsbach/Frankfurt/Main/Washington 1998; K. Niehr, Das Grabmal H.s in der Andreaskirche zu Eisleben, in: R. Knape (Hg.), Martin Luther und der Bergbau im Mansfelder Land, Eisleben 2000, S. 261-279; J. Vötsch, Zwischen Reichsfreiheit und Landsässigkeit, in: J. Rogge/U. Schirmer (Hg.), Hochadlige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 bis 1600), Stuttgart 2003, S. 163-178; G. Wartenberg, Das evangelische Kirchenregiment der Grafen von Mansfeld, in: C. Römer (Hg.), Evangelische Landeskirchen der Harzterritorien in der frühen Neuzeit, Berlin 2003, S. 25-38.

Jochen Vötsch
7.2.2005


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Hoyer IV. (VI.) von Mansfeld-Vorderort,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23559 [Zugriff 4.11.2024].