Veit I. von Schönburg

V. zählt zusammen mit seinem Vater Friedrich XI. zu den bedeutendsten Schönburgern im Spätmittelalter. Durch den Erwerb der Grafschaft Hartenstein legte er den Grundstein für die politische und wirtschaftliche Blütezeit des Hauses Schönburg im Übergang vom Mittelalter zur Neuzeit. – Bereits frühzeitig wurde V. von seinem Vater an der Regierung beteiligt. Zunächst noch im Schatten des Vaters stehend, ist er quellenmäßig erstmals fassbar beim Erwerb der Herrschaft Lichtenstein von den böhmischen Schönburgern der Pürsteiner Linie (1382). Als eigenständiger Entscheidungsträger tritt V. spätestens seit 1386 in Erscheinung. Nach Rückzug und Tod des Vaters (1389) vereinigte V. mit den Herrschaften Glauchau, Waldenburg und Lichtenstein sowie dem Kloster Geringswalde einen ansehnlichen Besitz in seiner Hand. Wenn V. in den ersten Regierungsjahren von der schönburgischen Hausgeschichtsschreibung immer wieder mit Fehden, namentlich mit der Rabensteiner Fehde und der Fehde gegen das Kloster Remse in Verbindung gebracht wurde, dann dürfte dies sowohl den unruhigen Zeitverhältnissen als auch der streitbaren Gesinnung V.s zuzuschreiben sein. Die Beweggründe für das Eingreifen V.s in die Rabensteiner Fehde sind im Einzelnen unklar. Bereits durch den Übergang der Herrschaft Rabenstein von den Herren von Waldenburg an das Kloster Chemnitz 1375 scheint sich das Haus Schönburg beeinträchtigt gefühlt zu haben. Als Burggraf Albrecht V. von Leisnig 1386 Schloss Rabenstein besetzte, um ebenfalls Ansprüche gegen das Kloster Chemnitz durchzusetzen, bot sich die Gelegenheit zum Handeln. V. vertrieb die burggräfliche Besatzung, belegte das Schloss mit eigener Mannschaft und brachte zusätzlich noch drei Klosterdörfer an sich. Das Kloster fand in Markgraf Wilhelm von Meißen seinen Fürsprecher, welcher V. nachdrücklich zur Herausgabe der besetzten Güter aufforderte. Als V. die markgräfliche Anweisung ignorierte, ging Markgraf Wilhelm im Juli 1388 zur Belagerung der Stadt Waldenburg über. Auf Vermittlung des Erzbischofs Albrecht von Magdeburg erhielt V. freien Abzug, musste aber versprechen, zur Beilegung der Irrungen vor den Markgrafen Friedrich (dem Streitbaren) und Wilhelm von Meißen zu erscheinen. Zu einer Aussöhnung mit den Wettinern kam es jedoch erst am 20.4.1390 zu Rochlitz, in deren Ergebnis V. den Markgrafen seinen Beistand erklärte und daraufhin die Belehnung über Geringswalde, jedoch unter Verlust der Hälfte des wertvollen Klosterwaldes, erhielt. Die Feindseligkeiten gegen Burggraf Albrecht V. von Leisnig fanden durch die Vermählung V.s mit Albrechts Tochter Jutta (Judith) ebenfalls ein Ende. Ein weiterer Streit entspann sich mit dem Kloster Remse, dessen Schutzherrschaft das Haus Schönburg beim Kauf der Herrschaft Waldenburg mit erworben hatte. V. beanspruchte das Recht Pröpste einzusetzen und Zinsen von den Klosterdörfern zu nehmen. Als das Kloster Widerspruch einlegte, plünderte V. das Remse zugehörige Dorf Weidensdorf. Daraufhin wurde er bei Papst Bonifatius IX. verklagt. Eine päpstliche Untersuchungskommission empfahl zunächst V. freizusprechen. Erst eine zweite Kommission verfügte den gewünschten Schuldspruch, woraufhin am 11.4.1390 das Interdikt über V. verhängt wurde. V. verzichtete nun auf seine Ansprüche gegen das Kloster Remse. Für den Schutz des Klosters, den V. weiterhin ausübte, erhielt er am 21.10.1390 einen Zins zuerkannt. Ernüchtert über die Bilanz seiner Fehden vermied V. in der Folgezeit jegliche gewaltsame Auseinandersetzung. Vielmehr erweiterte er nun den schönburgischen Besitz durch beträchtliche Gebietsankäufe. Neben zahlreichen kleineren Gütern gewann V. 1406 mit dem Erwerb der sich vom Mülsental bis zum Erzgebirgskamm erstreckenden Grafschaft Hartenstein ein ungemein wertvolles Gebiet, das später eine bedeutende Bergbauregion werden sollte. Er profitierte dabei von einer schweren finanziellen Krise des meinheringischen Burggrafen Heinrich I. von Meißen, der die Grafschaft am 2.7.1406 für die unverhältnismäßig niedrige Kaufsumme von 8.000 rheinischen Gulden zunächst auf acht Jahre an V. verpfändete. Da Heinrich zu einer Wiedereinlösung des Pfandes nicht in der Lage war und auch eine Fristverlängerung um zwei Jahre tatenlos verstreichen ließ, ging Hartenstein in der Qualität eines unmittelbaren Reichslehens 1416 endgültig an V. über. Am 30.4.1417 wurde V. auf dem Konzil von Konstanz, zu dem er im Gefolge der Markgrafen Friedrich und Wilhelm von Meißen angereist war, von Kaiser Sigismund mit Hartenstein belehnt. Mit der Grafschaft gewann V. eine Landverbindung nach Böhmen, was ihm zusätzlichen Rückhalt gegen die Wettiner gab. Damit befand sich V. am Lebensende auf dem Höhepunkt seiner Macht.

Quellen T. Schön, Geschichte des Fürstlichen und Gräflichen Gesamthauses Schönburg. Urkundenbuch, Bd. I, Stuttgart/Waldenburg 1901, Nachtragsband, Stuttgart/Waldenburg 1910, S. 163-167.

Literatur T. Märcker, Das Burggrafthum Meißen, Leipzig 1842, S. 228-235; E. Eckardt, Chronik von Glauchau, Glauchau 1882, S. 68-73; C. Kannegießer, Der Übergang der Grafschaft Hartenstein an das Haus Schönburg, in: Schönburg. Geschichtsblätter 1/1894/95, S. 138-141; L. Bönhoff, Der ursprüngliche Umfang der Grafschaft Hartenstein, in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 27/1906, S. 209-278; H. Steinbrück, Geschichte der Herrschaft Rabenstein, Reichenbrand 1920; E. Berlet, Geschichte der Stadt Glauchau, 1. Teil, Glauchau 1931, S. 183-188; C. Müller, Schönburg. Geschichte des Hauses bis zur Reformation, Leipzig 1931, S. 217-244; M. Wetzel, Das schönburgische Amt Hartenstein 1702-1878, Leipzig 2004, S. 30-32 u.ö.

Michael Wetzel
20.12.2004


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Veit I. von Schönburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22411 [Zugriff 13.12.2024].

Veit I. von Schönburg



Quellen T. Schön, Geschichte des Fürstlichen und Gräflichen Gesamthauses Schönburg. Urkundenbuch, Bd. I, Stuttgart/Waldenburg 1901, Nachtragsband, Stuttgart/Waldenburg 1910, S. 163-167.

Literatur T. Märcker, Das Burggrafthum Meißen, Leipzig 1842, S. 228-235; E. Eckardt, Chronik von Glauchau, Glauchau 1882, S. 68-73; C. Kannegießer, Der Übergang der Grafschaft Hartenstein an das Haus Schönburg, in: Schönburg. Geschichtsblätter 1/1894/95, S. 138-141; L. Bönhoff, Der ursprüngliche Umfang der Grafschaft Hartenstein, in: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde 27/1906, S. 209-278; H. Steinbrück, Geschichte der Herrschaft Rabenstein, Reichenbrand 1920; E. Berlet, Geschichte der Stadt Glauchau, 1. Teil, Glauchau 1931, S. 183-188; C. Müller, Schönburg. Geschichte des Hauses bis zur Reformation, Leipzig 1931, S. 217-244; M. Wetzel, Das schönburgische Amt Hartenstein 1702-1878, Leipzig 2004, S. 30-32 u.ö.

Michael Wetzel
20.12.2004


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Veit I. von Schönburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22411 [Zugriff 13.12.2024].