Moritz Adolf Karl von Sachsen-Zeitz
Seine frühe Jugend verbracht der meist als „Prinz von Neustadt“ bezeichnete M. im zeitzischen Neustadt/Orla, der Residenz seines Vaters, des Begründers der Seitenlinie Sachsen-Neustadt. Nach dessen frühem Tod übernahm zunächst sein Onkel, Herzog Moritz Wilhelm von Sachsen-Zeitz, die Vormundschaft und holte den Prinzen an seinen Hof. Nach seiner eigenen Konvertierung (1715) brachte dieser M. im Februar 1716 nach Eger, um ihn von dort nach Wien zu Kardinal Christian August zu schicken. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt taucht auch der Namenszusatz des auf Moritz Adolph getauften Prinzen auf, was sicher mit seiner Konversion in Verbindung zu bringen ist. Gegen den erklärten Willen der Kurie und des Kaisers, denen weit mehr am Fortbestand der nunmehr rekatholisierten Zeitzer Nebenlinie der Wettiner gelegen war, entschied sich M. wohl im Einverständnis mit seinem Vormund für den geistlichen Stand. 1718 nahm er in Regensburg die niederen Weihen und erhielt als Grundausstattung einer geistlichen Karriere zunächst einige Kanonikate: Domkapitel Köln (1719), St. Gereon in Köln (1720), Osnabrück (1722-1731), Lüttich (1724-1731) und später Eichstätt (1748). Von seinem Onkel Christian August übernahm M. die Dechantenstelle von St. Gereon in Köln. 1723 trat ihm
Clemens August von Bayern die Propstei Altötting ab, um einer befürchteten Kölner Kandidatur von M.s Onkel Christian August von Sachsen-Zeitz vorzubeugen. Trotz eines päpstlichen Wählbarkeitsbreves und der Unterstützung Wiens, das die Germania sacra nicht noch stärker den Wittelsbachern überlassen wollte, zerschlugen sich sämtliche Hoffnungen auf ein geistliches Reichsfürstentum: 1720 bis 1722 und 1728 Osnabrück (Koadjutorie), seit 1724 Eichstätt, 1725 Hoch- und Deutschmeister, 1725/26, 1737 und 1739/40 Augsburg (Koadjutorie), 1728 Berchtesgaden (Koadjutorie), 1728/29 Trier mit Worms, 1732, 1737 und 1756 Ellwangen, 1737 Stablo-Malmedy. Auch die Wiener Bemühungen des Neustädters um ein ungarisches Bistum blieben ohne Erfolg. – Nach dem Tod des letzten regierenden Herzogs der albertinischen Nebenlinie Sachsen-Zeitz wurde M. 1719 gegen eine jährliche Pension von 6.000 Talern zum Verzicht auf sämtliche Erbansprüche zugunsten der Dresdner Kurlinie gedrängt. Nach erreichter Volljährigkeit bestätigte er 1723 diesen Erbverzicht. Gleichwohl unterstützte das keineswegs beruhigte Kursachsen den trotz eines Jahreseinkommens von gut 30.000 Talern (1726) stets hoch verschuldeten letzten männlichen Zeitzer Nachkommen immer wieder mit bedeutenden Sonderzahlungen. – 1725, nach dem Tod seines Onkels, des kaiserlichen Prinzipalkommissars Christian August von Sachsen-Zeitz, übersiedelte M. von Regensburg nach Dresden. Seine zahlreichen Eskapaden, v.a. aber die Verschwendungssucht des nur bedingt zurechnungsfähigen Neustädters führten dazu, dass er 1726 dem kurfürstlichen Kabinettsminister Ernst Christoph Graf von Manteuffel die Aufsicht über seine zerrütteten Finanzen übertragen musste. Bereits kaiserlicher Geheimer Rat, wurde er ungeachtet dessen 1725 in Dresden zum Diakon und Priester geweiht sowie mit dem Großkreuz des Johanniterordens ausgezeichnet. 1730 wurde der zum Titular-Erzbischof von Pharsalia ernannte M. durch den Prager Erzbischof zum Bischof geweiht. 1732 erlangte er aufgrund kaiserlicher Nomination das böhmische Bistum Königgrätz, wurde aber bereits 1733 nach Leitmeritz transferiert. – In seinem Bistum war M. zunächst nur selten präsent. Seine verschwenderische Hofhaltung führte 1746 zum Konkurs und zu zeitweiliger kaiserlicher Sequestration des Bistums. Durch willkürliche Eingriffe in das geistliche Gericht, die Übergriffe seiner ausländischen Höflinge und ein wenig angemessenes Auftreten führte M. sein Bistum in die Krise. Auf deren Höhepunkt erwog der zeitweilig in Eichstätt residierende Bischof 1752 die Resignation von Leitmeritz. Da M. 1741 dem neuen König von Böhmen, Kurfürst
Karl Albrecht von Bayern, nicht gehuldigt hatte, konnte er weiterhin auf den Schutz des Wiener Hofs vertrauen. Bei Ausbruch des Siebenjährigen Kriegs 1756 zog sich M. in die Kreuzherrenpropstei Pöltenberg bei Znaim zurück, wo er hoch verschuldet 1759 starb. – Der „Kardinal von Sachsen“, sein Onkel und Vormund, hielt ihn bereits frühzeitig in jeder Hinsicht für unfähig und charakterisierte ihn als faul, feige, ignorant und v.a. unglaublich bigott. Nach einem äußerst kritischen Bericht des französischen
Abbé Guébriand über die Mitglieder des Kölner Domkapitels (1749) grenzte die bedingungslos habsburgtreue Haltung von M. an niedrigste Unterwürfigkeit. Auch in Anbetracht seiner Günstlings- und finanziellen Misswirtschaft gehörte der letzte Zeitzer zweifellos zu den wenig rühmlichen Vertretern des wettinisch-albertinischen Fürstenhauses.
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Originalurkunden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Geheimes Kabinett.
Literatur A. Theiner, Geschichte der Zurückkehr der regierenden Häuser von Braunschweig und Sachsen in den Schoos der katholischen Kirche im achtzehnten Jahrhundert, und der Wiederherstellung der Katholischen Religion in diesen Staaten, Einsiedeln 1843; M. Braubach, Kölner Domherren im 18. Jahrhundert, in: Zur Geschichte und Kunst im Erzbistum Köln, Düsseldorf 1960, S. 233-258; S. Seifert, Niedergang und Wiederaufstieg der katholischen Kirche in Sachsen 1517-1773, Leipzig 1964; F. Keinemann, Sächsische Bemühungen um das Hochstift Osnabrück (1720-1722), in: Osnabrücker Mitteilungen 75/1968, S. 272-275; R. Renger, Spekulationen des Kardinals Christian August und seines Neffen M. Adolf von Sachsen-Zeitz um das Hochstift Osnabrück, in: ebd. 76/1969, S. 182-187; R. Reinhardt, Konvertiten und deren Nachkommen in der Reichskirche der frühen Neuzeit, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 8/1989, S. 8-37; H. A. Braun, Das Domkapitel zu Eichstätt, Stuttgart 1991; R. Reinhardt, Die Reichskirchenpolitik Papst Klemens’ XII. (1730-1740), in: H. Wolf (Hg.), Reich - Kirche - Politik, Ostfildern 1998, S. 93-118; J. Vötsch, Kursachsen, das Reich und der mitteldeutsche Raum zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Frankfurt/Main/Berlin/Bern/Wien 2003. – DBA II, III; DBE 7, S. 215; NDB 18, S. 144f.; J. H. Zedler, Großes Vollständiges Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 21, Halle/Leipzig 1739, Sp. 1712; A. Räß, Die Convertiten seit der Reformation nach ihrem Leben und aus ihren Schriften dargestellt, Bd. 9, Freiburg/Breisgau 1866-1880, S. 324-329; E. Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803, Berlin 1990, S. 318f. (P); P. Mortzfeld (Bearb.), Katalog der graphischen Porträts in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 1500-1850, Reihe A, Bd. 20, München/London/New York/Paris 2004 (P).
Porträt Moritz Adolf, Prinz von Sachsen-Zeitz, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Signatur PORT_00056304_01 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz].
Jochen Vötsch
27.8.2007
Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Moritz Adolf Karl von Sachsen-Zeitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22583 [Zugriff 19.11.2024].
Moritz Adolf Karl von Sachsen-Zeitz
Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Originalurkunden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv), Geheimes Kabinett.
Literatur A. Theiner, Geschichte der Zurückkehr der regierenden Häuser von Braunschweig und Sachsen in den Schoos der katholischen Kirche im achtzehnten Jahrhundert, und der Wiederherstellung der Katholischen Religion in diesen Staaten, Einsiedeln 1843; M. Braubach, Kölner Domherren im 18. Jahrhundert, in: Zur Geschichte und Kunst im Erzbistum Köln, Düsseldorf 1960, S. 233-258; S. Seifert, Niedergang und Wiederaufstieg der katholischen Kirche in Sachsen 1517-1773, Leipzig 1964; F. Keinemann, Sächsische Bemühungen um das Hochstift Osnabrück (1720-1722), in: Osnabrücker Mitteilungen 75/1968, S. 272-275; R. Renger, Spekulationen des Kardinals Christian August und seines Neffen M. Adolf von Sachsen-Zeitz um das Hochstift Osnabrück, in: ebd. 76/1969, S. 182-187; R. Reinhardt, Konvertiten und deren Nachkommen in der Reichskirche der frühen Neuzeit, in: Rottenburger Jahrbuch für Kirchengeschichte 8/1989, S. 8-37; H. A. Braun, Das Domkapitel zu Eichstätt, Stuttgart 1991; R. Reinhardt, Die Reichskirchenpolitik Papst Klemens’ XII. (1730-1740), in: H. Wolf (Hg.), Reich - Kirche - Politik, Ostfildern 1998, S. 93-118; J. Vötsch, Kursachsen, das Reich und der mitteldeutsche Raum zu Beginn des 18. Jahrhunderts, Frankfurt/Main/Berlin/Bern/Wien 2003. – DBA II, III; DBE 7, S. 215; NDB 18, S. 144f.; J. H. Zedler, Großes Vollständiges Universal-Lexikon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 21, Halle/Leipzig 1739, Sp. 1712; A. Räß, Die Convertiten seit der Reformation nach ihrem Leben und aus ihren Schriften dargestellt, Bd. 9, Freiburg/Breisgau 1866-1880, S. 324-329; E. Gatz (Hg.), Die Bischöfe des Heiligen Römischen Reiches 1648 bis 1803, Berlin 1990, S. 318f. (P); P. Mortzfeld (Bearb.), Katalog der graphischen Porträts in der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel 1500-1850, Reihe A, Bd. 20, München/London/New York/Paris 2004 (P).
Porträt Moritz Adolf, Prinz von Sachsen-Zeitz, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Bildarchiv und Porträtsammlung, Signatur PORT_00056304_01 (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz].
Jochen Vötsch
27.8.2007
Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Moritz Adolf Karl von Sachsen-Zeitz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22583 [Zugriff 19.11.2024].