Kurt Beyer
B. zählt zu den bedeutendsten deutschen Bauingenieuren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Sein 1927 erschienenes Werk „Die Statik im Eisenbetonbau“, auch bekannt als „Beyer-Bibel“, gilt als grundlegendes Standardwerk und wurde in mehrere Sprachen übersetzt. Charakteristisch war die sich aus seiner Arbeit ergebende, enge Verbindung zwischen seiner Hochschultätigkeit und der Bauindustrie. Seine Bedeutung für die Technische Universität Dresden zeigt sich auch in der Gegenwart durch den nach ihm benannten Beyer-Bau. – Nach seinem Studium an der Technischen Hochschule Dresden, das er mit Auszeichnung beendete, arbeitete B. 1906 kurzzeitig als Regierungsbauführer der sächsischen Straßen- und Wasserbauverwaltung, ehe er auf Drängen seines ehemaligen Lehrers Georg Christoph Mehrtens eine Assistenzstelle für Statik, Festigkeitslehre und Stahlbrückenbau in Dresden übernahm. Dort wurde er 1908 zum Thema „Eigengewicht, günstige Grundmaße und geschichtliche Entwicklung des Auslegeträgers“ promoviert. Zwischen 1908 und Frühjahr 1914 war B. in Siam (heute Thailand) u.a. Sektionsingenieur der siamesischen Staatsbahn und besaß die Leitung für den Bau der Bondora-Brücke. Ab 1911 war B. zudem als bautechnischer Berater des siamesischen Innenministeriums für den Entwurf sowie die Planung von Stahlbetonbrücken zuständig. Sein Engagement in Südostasien war zu Beginn des 20. Jahrhunderts nicht ungewöhnlich für einen deutschen Ingenieur, da zahlreiche Ingenieure - nicht nur deutsche - in dieser Zeit den Ausbau der Infrastruktur in Siam unterstützten. B. musste krankheitsbedingt nach Sachsen zurückkehren, wobei der Ausbruch des Ersten Weltkriegs seine Rückkehr nach Siam verhinderte. Ein umfangreicher Bildnachlass aus B.s Zeit in Siam befindet sich heute in den Beständen der Deutschen Fotothek. – Während des Kriegs legte B. die zweite Staatshauptprüfung zum Regierungsbaumeister ab. Als solcher arbeitete er zunächst für die sächsische Straßen- und Wasserbauverwaltung. Danach war B. als Kriegsfreiwilliger in der Bukowina und in Galizien stationiert, ehe er Januar 1917 bis Anfang 1918 im technischen Stab des Kriegsamts in
Berlin unter Willy Gehler arbeitete. Einer seiner zahlreichen Aufgabenbereiche war die flächendeckende Einführung von Trasszement. Es folgte ein Einsatz als Regierungsbaumeister des deutschen Feldeisenbahnchefs beim Bau der Anatol- und Bagdadbahn in der Türkei. – B. wurde 1919 als ordentlicher Professor auf den Lehrstuhl für Statik der Baukonstruktion und Technischen Mechanik an der Technischen Hochschule Dresden berufen, zu dem 1930 noch der Lehrstuhl für Stahlhochbau hinzukam. Neben seiner Tätigkeit als Dozent leitete er ab 1929 ein eigenes Ingenieurbüro, das sich insbesondere mit der Lösung technischer Probleme im mitteldeutschen Braunkohletagebau auseinandersetzte. Hinzu kamen Planung und Realisierung verschiedener industrieller Großbauprojekte wie die Werkanlagen der Aktiengesellschaft Sächsische Werke in Böhlen, Espenhain und Hirschfelde sowie die Rückpumpspeicheranlagen in Niederwartha. B. unterschrieb 1933 das „Bekenntnis der deutschen Professoren zu Adolf Hitler“, war jedoch kein Mitglied der NSDAP. Ab 1939 nahm B. als Kriegsfreiwilliger am Zweiten Weltkrieg teil, wurde jedoch kurz darauf durch den Nachweis kriegswichtiger Aufgabenstellungen wieder aus dem Militär entlassen. Nach Kriegsende engagierte sich B. für den Wiederaufbau Dresdens und unterstützte die Instandsetzung der Elbbrücken. Ab Juli 1945 errichtete und leitete er die Hauptabteilung Bauwesen der Landesverwaltung Sachsen. Im Jahr darauf nahm B. seine Lehrtätigkeit an der Technischen Hochschule Dresden wieder auf, die er bis zu seiner Emeritierung 1951 ausübte. Dabei übernahm er nach dem Ausscheiden von Willy Gehler auch die Bereiche Festigkeitslehre und Stahlbrückenbau, sodass erstmals der gesamte Stahlbau von einem Lehrstuhl vertreten wurde. 1949 wurde B. Mitglied des Deutschen Ausschusses für Stahlbau sowie der Sächsischen Akademie der Wissenschaften. 1950 erfolgte die Aufnahme in die Deutsche Akademie der Wissenschaften und 1951 die Berufung in die Deutsche Bauakademie.
Quellen Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv, Nachlass Prof. Dr. Kurt B.; Privatarchiv Leonore Zimmermann, Dresden, Briefwechsel Kurt B. mit seiner Mutter (1917-1918); Stadtarchiv Dresden, 6.4.25-2.2.2-23 Standesamt II Personenstandsbuch - Geburtenregister, Nr. 2042, 6.4.25-21.4.2-30 Standesamt 5 Personenstandsbuch - Sterberegister, Nr. 1141.
Werke Bildnachlass Kurt B., Deutsche Fotothek. – Schriften: Eigengewicht, günstige Grundmaße und geschichtliche Entwicklung des Auslegerträgers, Leipzig 1908; Die Statik im Eisenbetonbau, Stuttgart 1927; Die Statik im Eisenbetonbau. Ein Lehr- und Handbuch der Baustatik, 2 Bde., Berlin 1933/1934; Die Statik im Stahlbetonbau. Ein Lehr- und Handbuch der Baustatik, Berlin 21948 (ND Berlin 1987); Technische Mechanik für Bauingenieure, hrsg. von Heinrich Baldauf/Carl-Heinz Hänig, Leipzig 1954.
Literatur Festschrift anlässlich der 100. Wiederkehr des Geburtstages von Professor Dr.-Ing. Kurt B. am 27. November 1981, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden 31/1982, H. 6; Manfred Koch/Gotthard Franz/Herbert Steup, Kurt B. Hochschullehrer und Bauingenieur in Theorie und Praxis, in: Jahrbuch/VDI-Gesellschaft Bautechnik 4/1992, S. 354-393; Richard Stroetmann, In memoriam Kurt B. Zum 125. Geburtstag, in: Stahlbau 76/2007, H. 5, S. 347-353; Falk Hensel, Der Wiederbeginn an der Technischen Hochschule Dresden 1945. Die Karrieren von Kurt B. und Willy Gehler, München 2010; Karl-Eugen Kurrer, Kurt B.s Beitrag zur Baustatik, in: Manfred Curbach (Hg.), Tagungsband 29. Dresdner Brückenbausymposium. Planung, Bauausführung, Instandsetzung und Ertüchtigung von Brücken, Dresden 2019, S. 101-126. – DBA III; DBE 1, S. 506; NDB 2, S. 206; Gerald Hacke, B., Kurt, in: Dorit Peschel (Bearb.), Die Professoren der TU Dresden 1828-2003, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 8S8f.
Porträt Portrait Dr. Kurt B. im Tropenanzug, Hahn's Nachfolger, 1914, Fotografie (Atelieraufnahme), Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle); Kurt B., Fotografie, Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv.
Anna Mattern
16.11.2020
Empfohlene Zitierweise:
Anna Mattern, Artikel: Kurt Beyer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/538 [Zugriff 22.12.2024].
Kurt Beyer
Quellen Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv, Nachlass Prof. Dr. Kurt B.; Privatarchiv Leonore Zimmermann, Dresden, Briefwechsel Kurt B. mit seiner Mutter (1917-1918); Stadtarchiv Dresden, 6.4.25-2.2.2-23 Standesamt II Personenstandsbuch - Geburtenregister, Nr. 2042, 6.4.25-21.4.2-30 Standesamt 5 Personenstandsbuch - Sterberegister, Nr. 1141.
Werke Bildnachlass Kurt B., Deutsche Fotothek. – Schriften: Eigengewicht, günstige Grundmaße und geschichtliche Entwicklung des Auslegerträgers, Leipzig 1908; Die Statik im Eisenbetonbau, Stuttgart 1927; Die Statik im Eisenbetonbau. Ein Lehr- und Handbuch der Baustatik, 2 Bde., Berlin 1933/1934; Die Statik im Stahlbetonbau. Ein Lehr- und Handbuch der Baustatik, Berlin 21948 (ND Berlin 1987); Technische Mechanik für Bauingenieure, hrsg. von Heinrich Baldauf/Carl-Heinz Hänig, Leipzig 1954.
Literatur Festschrift anlässlich der 100. Wiederkehr des Geburtstages von Professor Dr.-Ing. Kurt B. am 27. November 1981, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Technischen Universität Dresden 31/1982, H. 6; Manfred Koch/Gotthard Franz/Herbert Steup, Kurt B. Hochschullehrer und Bauingenieur in Theorie und Praxis, in: Jahrbuch/VDI-Gesellschaft Bautechnik 4/1992, S. 354-393; Richard Stroetmann, In memoriam Kurt B. Zum 125. Geburtstag, in: Stahlbau 76/2007, H. 5, S. 347-353; Falk Hensel, Der Wiederbeginn an der Technischen Hochschule Dresden 1945. Die Karrieren von Kurt B. und Willy Gehler, München 2010; Karl-Eugen Kurrer, Kurt B.s Beitrag zur Baustatik, in: Manfred Curbach (Hg.), Tagungsband 29. Dresdner Brückenbausymposium. Planung, Bauausführung, Instandsetzung und Ertüchtigung von Brücken, Dresden 2019, S. 101-126. – DBA III; DBE 1, S. 506; NDB 2, S. 206; Gerald Hacke, B., Kurt, in: Dorit Peschel (Bearb.), Die Professoren der TU Dresden 1828-2003, Köln/Weimar/Wien 2003, S. 8S8f.
Porträt Portrait Dr. Kurt B. im Tropenanzug, Hahn's Nachfolger, 1914, Fotografie (Atelieraufnahme), Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle); Kurt B., Fotografie, Technische Universität Dresden, Universitätsarchiv.
Anna Mattern
16.11.2020
Empfohlene Zitierweise:
Anna Mattern, Artikel: Kurt Beyer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/538 [Zugriff 22.12.2024].