Julius Mendel Cohn

Als Vorstandsmitglied verschiedener Wohltätigkeitsvereine, als Stifter sowie Stiftungsverwalter und nicht zuletzt als Synagogenvorsteher hat Julius Mendel-Cohn in organisatorischer Hinsicht einen bedeutenden Beitrag zur weiteren Entwicklung der jüdischen Gemeinde Dresdens in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts geleistet. – Über die Jugend und Ausbildung Mendel-Cohns ist bislang nichts bekannt geworden. Der Cousin des Bankiers Wilhelm Schie war jedenfalls im kaufmännischen Bereich tätig, vermutlich als kaufmännischer Angestellter in der Firma Mendel Schies. Nach dem Tod des Firmeninhabers 1848 führte dessen Schwiegersohn, der Bankier Moritz Aron Meyer, die Geschäfte weiter. Mit seinem Dienstherrn verband Mendel-Cohn offenbar ein besonderes Vertrauensverhältnis, da er, als Geschäftsgehilfe bezeichnet, 1868 per Nachtrag zu dessen Testament von 1866 die lebenslange Zinsnutzung eines Kapitals von 2.000 Talern als Vermächtnis erhielt. Nach Mendel-Cohns Tod sollte dieses Kapital als Beitrag zum Bau eines jüdischen Gemeinde- und Schulhauses an die Dresdner Gemeinde übergehen. – In der jüdischen Gemeinde verwaltete Mendel-Cohn nach 1867 die Gemeindekasse. Zudem bekleidete er seit 1865/1866 zunächst das Ehrenamt eines stellvertretenden Synagogenvorstehers und wurde 1878/1879 zum zweiten Synagogenvorsteher ernannt. Außerdem engagierte er sich frühzeitig in wohltätigen jüdischen Vereinen wie dem Frauen-Verein (1852) oder dem Kranken-Unterstützungs-Institut (1857). 1866 und 1878 wird er auch als Vorstandmitglied (Rechnungsführer) im Israelitischen Armen- und Fremdenunterstützungsverein genannt. Zwischen 1872 und 1880/1881 verwaltete Mendel-Cohn - im Auftrag von Henriette Schie - das von ihr und ihrem Mann Wilhelm Schie als jüdisches Altenheim gegründete Henriettenstift in Dresden. Bei der vom Stadtrat verwalteten Nanette-Schie-Stiftung fungierte er 1874/1875 als Administrator, der die Zinserträge des Stiftungskapitals (5.000 Taler) an hilfsbedürftige Frauen bzw. an den Frauen-Verein verteilte. 1880 gründete er die Julius-Mendelcohn-Stiftung für die Durchführung von Jahrzeitfeiern, deren Stiftungszweck ab 1903 der Gemeinnützigkeit und der Lehrerunterstützung galt.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 11045 Amtsgericht Dresden, Nr. 1178; Stadtarchiv Dresden, 6.4.25-2.4.2-21, Standesamt/Urkundenstelle, Standesamt II, Personenstandsbuch, Sterberegister 1882, Nr. 2302 (ancestry.de). – Jahres-Rechnung und Verwaltungsberichte der Israelitischen Religionsgemeinde zu Dresden, Dresden 1865/1866, 1874/75, 1878, 1882; Daniela Wittig, Das Verzeichniß der Ruhenden auf dem israelitischen Friedhof zu Dresden aus dem Jahre 1852: Auswertung und Ergebnisse, in: Medaon 9/2015, H. 16, S. 1-67.

Literatur Bernhard Beer, Geschichtliche Darstellung der fünfzigjährigen Wirksamkeit des Kranken-Unterstützungs-Instituts der Israeliten zu Dresden, Dresden 1857; Emil Lehmann, Aus alten Acten. Bilder aus der Entstehungsgeschichte der Israelitischen Religionsgemeinde zu Dresden, Dresden 1886; Adolf Diamant, Chronik der Juden in Dresden. Von den ersten Juden bis zur Blüte der Gemeinde und deren Ausrottung, Darmstadt 1973; Dresdner Hefte 45/1996; Anke Kalkbrenner, Das Henriettenstift, Dresden 1999; Einst & jetzt: zur Geschichte der Dresdner Synagoge und ihrer Gemeinde, hrsg. von der Jüdischen Gemeinde zu Dresden und der Landeshauptstadt Dresden, Dresden 2001; Cornelia Wustmann, „Das Ideal will nicht gelobt, es will gelebt werden“. Jüdische Wohlfahrt am Beispiel der wohltätigen jüdischen Stiftungen in Dresden und Leipzig, St. Katharinen 2002; Simone Lässig, Jüdische Wege ins Bürgertum. Kulturelles Kapital und sozialer Aufstieg im 19. Jahrhundert, Göttingen 2004; Michael Schäbitz, Juden in Sachsen - Jüdische Sachsen? Emanzipation, Akkulturation und Integration 1700-1914, Hannover 2006; Konstantin Hermann, Vereine in Dresden 1831 bis 1871, in: Dresdner Geschichtsbuch, Bd. 13, hrsg. vom Stadtmuseum Dresden, Altenburg 2008, S. 76-96; Daniel Ristau, Zwischen Einheit und Vielfalt: Die Israelitische Religionsgemeinde Dresden im Kaiserreich (1871-1918), in: NASG 79/2008, S. 161-187; Gunda Ulbricht/Olaf Klöckner (Hg.), Juden in Sachsen, Leipzig 2013.

Jochen Vötsch
24.7.2025


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Julius Mendel Cohn,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27865 [Zugriff 21.8.2025].

Julius Mendel Cohn



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 11045 Amtsgericht Dresden, Nr. 1178; Stadtarchiv Dresden, 6.4.25-2.4.2-21, Standesamt/Urkundenstelle, Standesamt II, Personenstandsbuch, Sterberegister 1882, Nr. 2302 (ancestry.de). – Jahres-Rechnung und Verwaltungsberichte der Israelitischen Religionsgemeinde zu Dresden, Dresden 1865/1866, 1874/75, 1878, 1882; Daniela Wittig, Das Verzeichniß der Ruhenden auf dem israelitischen Friedhof zu Dresden aus dem Jahre 1852: Auswertung und Ergebnisse, in: Medaon 9/2015, H. 16, S. 1-67.

Literatur Bernhard Beer, Geschichtliche Darstellung der fünfzigjährigen Wirksamkeit des Kranken-Unterstützungs-Instituts der Israeliten zu Dresden, Dresden 1857; Emil Lehmann, Aus alten Acten. Bilder aus der Entstehungsgeschichte der Israelitischen Religionsgemeinde zu Dresden, Dresden 1886; Adolf Diamant, Chronik der Juden in Dresden. Von den ersten Juden bis zur Blüte der Gemeinde und deren Ausrottung, Darmstadt 1973; Dresdner Hefte 45/1996; Anke Kalkbrenner, Das Henriettenstift, Dresden 1999; Einst & jetzt: zur Geschichte der Dresdner Synagoge und ihrer Gemeinde, hrsg. von der Jüdischen Gemeinde zu Dresden und der Landeshauptstadt Dresden, Dresden 2001; Cornelia Wustmann, „Das Ideal will nicht gelobt, es will gelebt werden“. Jüdische Wohlfahrt am Beispiel der wohltätigen jüdischen Stiftungen in Dresden und Leipzig, St. Katharinen 2002; Simone Lässig, Jüdische Wege ins Bürgertum. Kulturelles Kapital und sozialer Aufstieg im 19. Jahrhundert, Göttingen 2004; Michael Schäbitz, Juden in Sachsen - Jüdische Sachsen? Emanzipation, Akkulturation und Integration 1700-1914, Hannover 2006; Konstantin Hermann, Vereine in Dresden 1831 bis 1871, in: Dresdner Geschichtsbuch, Bd. 13, hrsg. vom Stadtmuseum Dresden, Altenburg 2008, S. 76-96; Daniel Ristau, Zwischen Einheit und Vielfalt: Die Israelitische Religionsgemeinde Dresden im Kaiserreich (1871-1918), in: NASG 79/2008, S. 161-187; Gunda Ulbricht/Olaf Klöckner (Hg.), Juden in Sachsen, Leipzig 2013.

Jochen Vötsch
24.7.2025


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Julius Mendel Cohn,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27865 [Zugriff 21.8.2025].