Johann Joachim Kändler
K. gilt bis heute als der bedeutendste Porzellanplastiker und -gestalter der Meißner Porzellanmanufaktur. Seine stilprägenden Plastiken werden bis in die Gegenwart gefertigt. – K. wuchs in Fischbach auf. Großvater und Urgroßvater waren Steinmetze in der Umgebung Zwickaus. 1723 begann er eine Lehre beim Bildhauer Johann Christian Feige in Dresden und ging danach als Geselle zum Hofbildhauer Johann Benjamin Thomae, einem Schüler Balthasar Permosers. Bei Thomae arbeitete er am plastischen Schmuck des Dresdner Zwingers und fertigte sechs Jahre lang Ornamente als Holzschnitzereien für die Ausstattung des Grünen Gewölbes. Er berichtete, dass er dabei dem sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. (August II., der Starke) aufgefallen sei, der ihn wegen der hervorstechenden Qualität seiner Arbeit 1730 zum Hofbildhauer ernannte. 1731 wurde er vom Kurfürsten an dessen Porzellanmanufaktur nach Meißen berufen. K.s Bestallung war ursächlich mit dem „Porzellanschloss“-Projekt Friedrich Augusts I. verbunden. Die bis dahin angefertigten Arbeiten des Modellmeisters
Johann Gottlieb Kirchner, der sich als erster Bildhauer überhaupt mit der Umsetzbarkeit solcher Entwürfe in Porzellan auseinandersetzte, entsprachen nicht den Vorstellungen des Kurfürsten. Am 22.6.1731 traf K. in Meißen ein und lieferte noch im selben Jahr lebensgroße Tonmodelle für Tierplastiken. Fortan entwickelte sich K. zu einem „nahezu Besessenen, der in völliger Hingabe an seinem Werk und in erstaunlicher Geschwindigkeit modellierte“ (
S. Wittwer). Zu seinen wichtigsten Arbeiten zählt das zwischen 1737 und 1742 für seinen Gönner Heinrich Graf von Brühl gefertigte „Schwanenservice“ - ein Hauptwerk der barocken Meißner Porzellankunst. Trotz der Arbeitsauslastung als königlicher Modellmeister nahm K. neben seiner Arbeit noch Aufträge für kleinteilige Schnitzereien gegen Lohn an und wirkte zwischen 1731 und 1750 auch verschiedentlich als Steinbildhauer und fertigte mehrere Grabdenkmäler. – 1751 erhielt K. von Friedrich August II. (August III.) den Auftrag, ein lebensgroßes Reiterdenkmal des Fürsten aus Porzellan herzustellen, mit dem er 1753 begann. Das „Kabinettstück“ für das neuneinhalb Meter hoch geplante Reiterstandbild wurde 1757 fertiggestellt. Danach begann er mit den eigentlichen Arbeiten für ein Gipsmodell. Doch aufgrund der preußischen Besetzung Sachsens im Siebenjährigen Krieg gab K. die Arbeit an diesem kühnsten jemals in Porzellan geplanten Kunstprojekt auf. Der Tod der Kurfürsten Friedrich August II. und Friedrich Christian sowie des Premierministers Heinrich Graf von Brühl 1763, ebenso wie die Sparpolitik des kurfürstlichen Hofs ließen nicht nur die Arbeiten an dem lebensgroßen Reiterstandbild endgültig zum Erliegen kommen, sondern für K. begann auch die Phase künstlerischer Einschränkung, die von 1764 bis 1775 andauerte. Symptome dieser Phase waren einerseits die administrative Zurücksetzung K.s im Restaurationsedikt der Manufaktur 1763, andererseits die Anwerbung des Pariser Bildhauers Michel Victor Acier 1764 als neuer Modellmeister. In diesem Lebensabschnitt ließ K. allerdings nicht in seiner Schaffenskraft nach, sondern passte sich dem neuen Kunstgeschmack an, widmete sich der Kleinplastik sowie der „Großen russischen Bestellung“ und ab 1772 der „Großen Hofbestellung“ des Kurfürsten Friedrich August III. (Friedrich August I., der Gerechte) für Papst
Clemens XIV. – Nach 44 Jahren Dienstzeit in der Porzellanmanufaktur starb K. in Meißen und wurde auf dem Friedhof neben der Kirche St. Afra begraben. Weder Grabstelle noch Grabstein sind erhalten.
Werke Grabdenkmal für Sophia Theodora Keil, nach 1731, Stadtmuseum Meißen; Grabdenkmal für Gottfried Keil, nach 1732, Stadtmuseum Meißen; Grabdenkmal für Rebekka Schlegel, nach 1736, Stadtmuseum Meißen; Grabdenkmal für Alexander von Miltitz, um 1739, Kirche Naustadt; Grabdenkmal für Johann Friedrich Schlegel, nach 1748, Stadtmuseum Meißen; Grabdenkmal für G. E. Malsius, nach 1755, Stadtmuseum Meißen; Porzellanplastiken: lebensgroße Tierplastiken für das Japanische Palais, ab 1731; Schwanenservice, 1737-1742; Affenkappelle, 1753; Italienische Komödie; Reiterstatuette Kurfürst Friedrich Augusts II. (August III.), 1757, Porzellansammlung Dresden; Kalvarienberg, 1774.
Literatur H. Gröger, Johann Joachim Kaendler. Der Meister des Porzellans, Dresden 1956 (P; Bildquelle); S. Förster, Der Königliche Modellmeister Johann Joachim Kaendler als freier Bildhauer in Meißen und Umgebung, in: Manufakturisten als Bürger der Stadt, hrsg. vom Stadtmuseum Meißen, Meißen 2011, S. 32-35; S. Wittwer, Die Galerie der Meißener Tiere, München 2004 (WV). – ADB 15, S. 76f.; DBA I, II; DBE 5, S. 395; NDB 10, S. 731f.; Thieme/Becker, Bd. 19/20, Leipzig 1999, S. 417-420.
Steffen Förster
26.4.2017
Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Johann Joachim Kändler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2387 [Zugriff 24.11.2024].
Johann Joachim Kändler
Werke Grabdenkmal für Sophia Theodora Keil, nach 1731, Stadtmuseum Meißen; Grabdenkmal für Gottfried Keil, nach 1732, Stadtmuseum Meißen; Grabdenkmal für Rebekka Schlegel, nach 1736, Stadtmuseum Meißen; Grabdenkmal für Alexander von Miltitz, um 1739, Kirche Naustadt; Grabdenkmal für Johann Friedrich Schlegel, nach 1748, Stadtmuseum Meißen; Grabdenkmal für G. E. Malsius, nach 1755, Stadtmuseum Meißen; Porzellanplastiken: lebensgroße Tierplastiken für das Japanische Palais, ab 1731; Schwanenservice, 1737-1742; Affenkappelle, 1753; Italienische Komödie; Reiterstatuette Kurfürst Friedrich Augusts II. (August III.), 1757, Porzellansammlung Dresden; Kalvarienberg, 1774.
Literatur H. Gröger, Johann Joachim Kaendler. Der Meister des Porzellans, Dresden 1956 (P; Bildquelle); S. Förster, Der Königliche Modellmeister Johann Joachim Kaendler als freier Bildhauer in Meißen und Umgebung, in: Manufakturisten als Bürger der Stadt, hrsg. vom Stadtmuseum Meißen, Meißen 2011, S. 32-35; S. Wittwer, Die Galerie der Meißener Tiere, München 2004 (WV). – ADB 15, S. 76f.; DBA I, II; DBE 5, S. 395; NDB 10, S. 731f.; Thieme/Becker, Bd. 19/20, Leipzig 1999, S. 417-420.
Steffen Förster
26.4.2017
Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Johann Joachim Kändler,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2387 [Zugriff 24.11.2024].