Johann Gottfried Heinrich Melzer

Auf Johann Gottfried Heinrich Melzers Erfindung der „Meißner Patentkachel“ fußt die gesamte, wirtschaftlich weltweit bedeutende Meißner Ofenindustrie. – Melzer besuchte die Dorfschule in Zscheila und danach die Zeichenschule der Porzellanmanufaktur Meißen. An der Porzellanmanufaktur begann er am 1.7.1836 eine Lehre als Bossierer. Als solcher entwickelte er so große Geschicklichkeit, dass ihm neuentwickelte Gefäße und Figuren zur Erstausformung anvertraut wurden und er auch als Lehrmeister wirken konnte. Neben seiner beruflichen Tätigkeit besaß Melzer auch ein ausgeprägtes naturwissenschaftliches Interesse. Hiervon zeugt, dass er 1844 von der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft „ISIS“ in Dresden zum korrespondierenden Mitglied ernannt wurde und im Folgejahr Gründungsmitglied einer Tochtergesellschaft der „ISIS“ in Meißen war. Dadurch kam er in Kontakt zu den Administrationsmitgliedern der Porzellanmanufaktur Meißen, den beiden Chemikern Friedrich August Köttig und Gustav Ludwig Crasso. Zudem war Melzer Mitglied der Meißner Freimaurerloge „Zur Akazie“. Am 3.8.1846 heiratete er in der Frauenkirche eine Tochter des Porzellanmalers Johann Gottlieb Lommatzsch. Melzer wohnte in der Meißner Vorstadt „Über dem Fleischsteig“ (seit 1855 Hahnemannsplatz), dem Wohngebiet der Meißner Töpfer. – Um 1844 begann Melzer mit der Entwicklung von feuerbeständigen, d.h. haarrissfreien, weißen Ofenkacheln. Er wollte damit ein technologisches Problem seiner Nachbarn, den Töpfereien, die mit mäßigem Erfolg versucht hatten, die damals modischen Kacheln in ansprechender Qualität herzustellen, mit wissenschaftlichen Methoden lösen. Die Brände von Melzers Kachel-Versuchen fanden in der Porzellanmanufaktur statt. Am 30.1.1855 reichte er das Gesuch für ein Patent auf eine weiße, feuerbeständige und haarrissfreie Ofenkachel mit Beschreibung der Eigenschaften, der Rezeptur aus Rohstoffen der Lommatzscher Pflege sowie zwei solche Kacheln als Beispiel beim sächsischen Innenministerium ein und beantragte dafür den Namen „Meißner Patentkachel“. Am 29.3.1855 wurde ihm das Privilegium für seine Kachel gewährt. Nebenbei hatte er noch eine Emaille-Masse für Zifferblätter und für spezielle Nadeln in Spinnereien und Webereien entwickelt, die er ebenfalls patentieren ließ. Unverzüglich nach Erteilen des Patents entwickelte er mit seinem Freund und Kollegen, dem Modelleur Friedrich Riedrich, Formen für neue Ofenkacheln, ließ sie ausformen und in der Steingutfabrik Steyermühle in Siebenlehn im Sommer und Herbst 1856 brennen. Diese Eile war v.a. durch das sächsische Patentrecht begründet, demzufolge eine angemeldete Erfindung innerhalb eines Jahrs verwirklicht sein musste, um weiterhin Rechtsschutz zu genießen. Da er für die Zukunft an die Herstellung in einer Ofenfabrik dachte, ließ er in Löthain nach Kaolin und in Kaschka nach Ton suchen. Noch 1856 bewarb sich Melzer zur Verwirklichung seiner Fabrikgründung bei Prinzessin Augusta von Sachsen um ein Darlehn, doch die Mittel für dieses Jahr waren bereits ausgegeben. Da auch andere Bemühungen um Kapital scheiterten, wandte er sich 1857 an den Meißner Töpfermeister Carl Teichert mit dem Vorschlag, die Patentkachel gemeinsam zu produzieren. Dabei lagen Massebereitung, Formung und Brennvorgang bei Teichert, wohingegen Melzer sich die Herstellung der Glasur vorbehielt. Zu einem späteren Zeitpunkt teilte Melzer die Rezeptur der Glasur Teichert mit, der die Kachelherstellung 1863 aus seiner Werkstatt am Hahnemannsplatz in die unweit am Neumarkt gelegene, von ihm gegründete erste Meißner Ofenfabrik verlegt hatte. – Im Alter von 46 Jahren starb Melzer am 2.1.1867 an einem schweren Typhusanfall und wurde am 5.1.1867 auf dem städtischen Friedhof (heute Käthe-Kollwitz-Park) begraben. 1950 wurde die Moltkestraße in Melzers Geburtsort Niederfähre, wie bereits 1923 schon einmal, in Melzerstraße umbenannt.

Quellen Trinitatiskirche Meißen, Taufregister 1820; Frauenkirche Meißen, Trauregister 1846; Notizen von Edmund Wilhelm, 1927 (Ortschronist und Lehrling bei Melzer).

Literatur Franz Wolf, Die Meißner Ofenindustrie, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen 3/1894, H. 1, S. 6-16; Steffen Förster, Melzer und Teichert - „Patentkachel“ und Ofenindustrie, in: Teichert, SOMAG & „SAXONIA“. Vor 135 Jahren wurde die erste Ofenfabrik in Meißen gegründet, Meißen 1998, S. 12-21.

Porträt Heinrich Melzer, undatierte Fotografie (Reproduktion), Stadtarchiv Meißen (Bildquelle).

Steffen Förster
24.4.2023


Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Johann Gottfried Heinrich Melzer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25774 [Zugriff 19.11.2024].

Johann Gottfried Heinrich Melzer



Quellen Trinitatiskirche Meißen, Taufregister 1820; Frauenkirche Meißen, Trauregister 1846; Notizen von Edmund Wilhelm, 1927 (Ortschronist und Lehrling bei Melzer).

Literatur Franz Wolf, Die Meißner Ofenindustrie, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Meißen 3/1894, H. 1, S. 6-16; Steffen Förster, Melzer und Teichert - „Patentkachel“ und Ofenindustrie, in: Teichert, SOMAG & „SAXONIA“. Vor 135 Jahren wurde die erste Ofenfabrik in Meißen gegründet, Meißen 1998, S. 12-21.

Porträt Heinrich Melzer, undatierte Fotografie (Reproduktion), Stadtarchiv Meißen (Bildquelle).

Steffen Förster
24.4.2023


Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Johann Gottfried Heinrich Melzer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25774 [Zugriff 19.11.2024].