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Heinrich von Sachsen-Spremberg

Als letzter Herzog des Sekundogeniturfürstentums Sachsen-Merseburg bemühte sich der ansonsten wenig bedeutsame und bei seinem Regierungsantritt 1731 bereits hochbetagte Heinrich mit Erfolg um eine friedliche Koexistenz mit der erbberechtigten Dresdner Kurlinie. – In seiner Jugend besuchte der vierte Sohn Herzog Christians I. von Sachsen-Merseburg gemeinsam mit seinem älteren Bruder Philipp zunächst das Fürstenkollegium in Tübingen (1676) und anschließend die Akademie in Genf (Schweiz) (1677). Nach einer gemeinsamen Kavalierstour durch Italien (1677/1678) reiste Heinrich 1683 allein nach Holland und England und schließlich in die habsburgischen Niederlande. – 1685 folgte Heinrich dem Beispiel seiner älteren Brüder und trat als Hauptmann in kaiserliche Kriegsdienste, wo er 1686 im Türkenkrieg bei Ofen (ungar. Buda) verwundet wurde. Im Anschluss an den ungarischen Feldzug von 1687 befehligte er als kaiserlicher Obrist ein von ihm selbst angeworbenes Regiment in Italien (1688-1691), ehe er mit seiner Eheschließung mit Elisabeth von Mecklenburg-Güstrow 1692 den Dienst quittierte. – Nach dem väterlichen Kodizill von 1689 sollte Heinrich mit dem seit 1674 in Familienbesitz befindlichen Neu Zauche (sorb. Nowa Niwa) als Wohnsitz sowie der dortigen Vorwerkspacht, einer jährlichen Apanage von 6.000 Gulden und verschiedenen Naturaldeputaten ebenso wie die übrigen nachgeborenen Söhne Christians I. vergleichsweise üppig ausgestattet werden. Der 1692 abgeschlossene Erbvergleich mit dem als regierendem Primogenitus anerkannten neuen Herzog Christian II. bestimmte nun Schloss Spremberg als Wohnsitz und reduzierte die Leistungen mit Rücksicht auf die starke Verschuldung des Sekundogeniturfürstentums Sachsen-Merseburg auf etwa ein Drittel des ursprünglich verordneten Versorgungsdeputats. – In diesem Besitz - einer besseren Rittergutsherrschaft - erfolgte 1692 die Residenzbildung Heinrichs unter Fortsetzung des dort bereits begonnenen Schlossausbaus (ab 1694). Wie andernorts auch, führten Residenzbildung und Hofhaltung zu einem wirtschaftlichen Aufblühen der 1680 von Christian I. erworbenen Stadt Spremberg. Heinrich unterstützte dabei wesentlich den Wiederaufbau nach dem großen Stadtbrand von 1705. Der leidenschaftliche Jäger bevorzugte ein unmittelbar an die Stadt grenzendes Jagdgebiet, das später nach ihm benannte Heinrichsfeld. – In Merseburg verstarb 1731 Herzog Moritz Wilhelm, dessen Regierung ab 1722 durch den kursächsischen Direktor der fürstlichen Kollegien und Merseburger Dompropst Ludwig Adolph Freiherr von Zech geführt worden war. Mit dem Tod seines Neffen übernahm der kinderlose Heinrich als letzter lebender Agnat der Merseburger Linie die Regierung des Sekundogeniturfürstentums sowie die Administration des Hochstifts. Angesichts des absehbaren Endes dieser Nebenlinie waren sowohl der Herzog als auch die beiden Kurfürsten-Könige Friedrich August I. (August II., der Starke) und Friedrich August II. (August III.) um eine friedliche Koexistenz bemüht. So erhielt das neue Herzogspaar den an August II. gefallenen Allodialnachlass des verstorbenen Herzogs Moritz Wilhelm zur lebenslänglichen Nutzung. Bei seinem ersten Besuch in Dresden als neuer Regent 1731 wurde der greise Heinrich als „Senior Principum Saxoniae“ besonders geehrt. Heinrich wiederum verzichtete 1736 auf jedwede Ansprüche an territorialen Zugewinnen der sächsischen Kurlinie. – In seinem Sekundogeniturfürstentum Sachsen-Merseburg setzte Heinrich keine besonderen Akzente mehr. 1738 verstarben er und seine Gemahlin kurz hintereinander während eines Jagdaufenthalts auf Schloss Dobrilugk. Die Sekundogeniturherrschaft, aber auch der in umfangreichen Inventaren detailliert verzeichnete fürstliche Allodialnachlass des Herzogspaars fielen somit an die Dresdner Kurlinie. Das evangelische Hochstift Merseburg gelangte, vorbereitet durch eine Eventualpostulation sowie einen eventualen Auftrag für das evangelische Geheime Ratskollegium in Religionsangelegenheiten von 1731, ebenfalls an Friedrich August II. – Das über einen Zeitraum von mehr als 60 Jahren geführte Diarium (1676-1738) des ansonsten eher unbedeutenden letzten Merseburger Herzogs dokumentiert eine Fülle von Details über das höfische Leben in seinem Umfeld und damit über die albertinischen Sekundogeniturherrschaften insgesamt, aber bspw. auch über die Frequenz seiner Aufenthalte in der Messe- und Kulturstadt Leipzig.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10001 Ältere Urkunden, 10024 Geheimer Rat, Loc. 09603/12: J. W. F. Gerber, Lebens- und Reisebeschreibung der Herzöge Philipp und Heinrich zu Sachsen-Merseburg, Merseburg 1736 [Ms.].

Literatur Christian Ernst Weiße, Neueste Geschichte des Königreichs Sachsen seit dem Prager Frieden bis auf unsere Zeiten, Bd. 2, Leipzig 1810; Alfred Schmekel, Historisch=topographische Beschreibung des Hochstiftes Merseburg. Ein Beitrag zur Deutschen Vaterlandskunde, Halle/Saale 1858; Johannes Heckel, Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifter Preußens, insbesondere Brandenburg, Merseburg, Naumburg, Zeitz. Eine rechtgeschichtliche Untersuchung, Stuttgart 1924; Hellmut Kretzschmar, Zur Geschichte der sächsischen Sekundogeniturfürstentümer, Teil 2, in: Sachsen und Anhalt 3/1927, S. 284-315; Rudolf Lehmann, Geschichte des Markgraftums Niederlausitz, Dresden 1937; ders., Die Niederlausitzer Stände in sächsischer Zeit, in: Archivar und Historiker. Studien zur Archiv- und Geschichtswissenschaft, hrsg. von der Staatlichen Archivverwaltung im Staatssekretariat für Innere Angelegenheiten, Berlin 1956, S. 308-325; Karin Heise (Hg.), Zwischen Kathedrale und Welt. 1000 Jahre Domkapitel Merseburg, Petersberg 2004; Barocke Fürstenresidenzen an Saale, Unstrut und Elster, hrsg. vom Museumsverband „Die Fünf Ungleichen e.V.“ und dem Museum Schloss Moritzburg Zeitz, Petersberg 2007 (P); Vinzenz Czech (Hg.), Fürsten ohne Land. Höfische Pracht in den sächsischen Sekundogenituren Weißenfels, Merseburg und Zeitz, Berlin 2009; Martina Schattkowsky/Manfred Wilde (Hg.), Sachsen und seine Sekundogenituren, Leipzig 2010.

Porträt Bildnis Heinrich, Herzog zu Sachsen-Merseburg, Johann Martin Bernigeroth, 1733, Kupferstich, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Foto: Hans Loos, 1930/1945, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Jochen Vötsch
15.6.2023


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Heinrich von Sachsen-Spremberg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22404 [Zugriff 30.12.2024].

Heinrich von Sachsen-Spremberg



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10001 Ältere Urkunden, 10024 Geheimer Rat, Loc. 09603/12: J. W. F. Gerber, Lebens- und Reisebeschreibung der Herzöge Philipp und Heinrich zu Sachsen-Merseburg, Merseburg 1736 [Ms.].

Literatur Christian Ernst Weiße, Neueste Geschichte des Königreichs Sachsen seit dem Prager Frieden bis auf unsere Zeiten, Bd. 2, Leipzig 1810; Alfred Schmekel, Historisch=topographische Beschreibung des Hochstiftes Merseburg. Ein Beitrag zur Deutschen Vaterlandskunde, Halle/Saale 1858; Johannes Heckel, Die evangelischen Dom- und Kollegiatstifter Preußens, insbesondere Brandenburg, Merseburg, Naumburg, Zeitz. Eine rechtgeschichtliche Untersuchung, Stuttgart 1924; Hellmut Kretzschmar, Zur Geschichte der sächsischen Sekundogeniturfürstentümer, Teil 2, in: Sachsen und Anhalt 3/1927, S. 284-315; Rudolf Lehmann, Geschichte des Markgraftums Niederlausitz, Dresden 1937; ders., Die Niederlausitzer Stände in sächsischer Zeit, in: Archivar und Historiker. Studien zur Archiv- und Geschichtswissenschaft, hrsg. von der Staatlichen Archivverwaltung im Staatssekretariat für Innere Angelegenheiten, Berlin 1956, S. 308-325; Karin Heise (Hg.), Zwischen Kathedrale und Welt. 1000 Jahre Domkapitel Merseburg, Petersberg 2004; Barocke Fürstenresidenzen an Saale, Unstrut und Elster, hrsg. vom Museumsverband „Die Fünf Ungleichen e.V.“ und dem Museum Schloss Moritzburg Zeitz, Petersberg 2007 (P); Vinzenz Czech (Hg.), Fürsten ohne Land. Höfische Pracht in den sächsischen Sekundogenituren Weißenfels, Merseburg und Zeitz, Berlin 2009; Martina Schattkowsky/Manfred Wilde (Hg.), Sachsen und seine Sekundogenituren, Leipzig 2010.

Porträt Bildnis Heinrich, Herzog zu Sachsen-Merseburg, Johann Martin Bernigeroth, 1733, Kupferstich, Dresden, Staatliche Kunstsammlungen, Kupferstich-Kabinett, Foto: Hans Loos, 1930/1945, Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Jochen Vötsch
15.6.2023


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Heinrich von Sachsen-Spremberg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22404 [Zugriff 30.12.2024].