Georg Sacke

S. wuchs als Sohn eines lettischen Vaters und einer deutsch-baltischen Mutter in Kischinjow auf. Als Gymnasiast erlebte er die russische Revolution von 1917 und den Bürgerkrieg. Nachdem Rumänien das sowjetrussische Moldawien okkupiert hatte, emigrierte er nach Deutschland. – Ab dem Winter 1921/22 studierte S. in Leipzig Sozialwissenschaften, Nationalökonomie und Philosophie, später Geschichte. 1925 spezialisierte er sich in Prag auf osteuropäische Geschichte. 1926 kehrte er nach Leipzig zurück und arbeitete ab 1927 als wissenschaftliche Hilfskraft bei Friedrich Braun am Institut für Kultur- und Universalgeschichte. 1929 promovierte S. zu Wladimir Sergejewitsch Solowjews Geschichtsphilosophie. 1932 habilitierte er sich und erhielt die venia legendi. In seiner Habilitationsschrift „Die Gesetzgebende Kommission Katharinas II.“ und in weiteren Artikeln konnte S. nachweisen, dass die sozialökonomischen Prozesse im absolutistischen Russland analog zu den westeuropäischen verlaufen waren. – Seine Erfahrungen als Werkstudent, die Besuche marxistischer Lehrveranstaltungen und die politischen Auseinandersetzungen der 1920er-Jahre ließen ihn mit der Sowjetunion und der deutschen Arbeiterklasse sympathisieren. Mitglied einer Partei wurde er jedoch nicht. Bis 1933 unterrichtete S. auch an der Volkshochschule, besonders zu sowjetrussischen Themen. Mit dem 1934 erschienenen Literaturbericht „Geschichte Rußlands in russischer und deutscher historischer Literatur der Nachkriegszeit“ bekannte er sich zu einem Marxismus ohne dogmatische Enge. Am 1.4.1933 wurde S. als einer der ersten Hochschullehrer der Universität wegen „marxistischer Auffassung historischer Probleme“ und „positiver Einstellung zur Sowjetunion“ (Nachlass S.) entlassen und gab daraufhin die Privatdozentur zurück. Erst im Herbst 1940 fand er wieder eine Anstellung. Im Hamburgischen-Welt-Wirtschafts-Institut e.V. erarbeitete er Materialien zur Sowjetunion für Ministerien und Unternehmen. – Seit der „Machtergreifung“ der Nationalsozialisten betätigte sich S. im Widerstand. Wegen Beteiligung an einer legalen Spendenaktion der Quäker, die Maria Grollmuß und Hermann Reinmuth, Mitglieder der Sozialistischen Arbeiter-Partei, leiteten, war er 1934/35 in Dresden und im Konzentrationslager Sachsenburg bei Frankenberg inhaftiert. Nach dem Freispruch war S. erneut im Widerstand aktiv. Zusammen mit dem Maler Alfred Frank und dem Direktor der Köllmann-Werke, Wolfgang Heinze, leitete er eine Gruppe Intellektueller, die sich dem Leipziger „Nationalkomitee Freies Deutschland“ anschloss und mit Georg Schumann in Verbindung stand. Am 15.8.1944 wurden S. und seine Frau in Hamburg verhaftet. S. kam zuerst in das Konzentrationslager Fuhlsbüttel, später in das Lager Neuengamme. Am Ende des Todesmarschs nach Lübeck im April 1945 brach er vor der Verladung auf die Schiffe zusammen und wurde umgebracht.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Leipzig, Nachlass S., Nachlass Rosemarie Sacke; Universitätsarchiv Leipzig, Personalakte S.

Werke W. S. Solowjews Geschichtsphilosophie, Diss. Berlin u.a. 1929; Geschichte Rußlands in russischer und deutscher historischer Literatur der Nachkriegszeit, in: Archiv für Kulturgeschichte 24/1934, S. I-XII, 1-138; Die Gesetzgebende Kommission Katharinas II., Habil. Breslau 1940; M. Unger, Georg S., in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 26/1977, H. 4, S. 380f. (WV).

Literatur M. Unger, Georg S., in: E. Engelberg u.a. (Red.), Karl-Marx-Universität Leipzig, Bd. 2, Leipzig 1959, S. 307-330; W. Zeil, Das wissenschaftliche Werk Georg S.s und seine Bedeutung für die Slawistik, in: Lĕtopis, Reihe B, Geschichte 30/1983, H. 2, S. 123-136; V. Hölzer, Dr. Georg S., Leben und Widerstand, Leipzig 2002; ders., Georg und Rosemarie S., Leipzig 2004 (Bildquelle). – DBA III; H.-U. Wehler, Deutsche Historiker, Bd. 5, Göttingen 1972, S. 117-129.

Volker Hölzer
27.5.2005


Empfohlene Zitierweise:
Volker Hölzer, Artikel: Georg Sacke,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3424 [Zugriff 2.11.2024].

Georg Sacke



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Staatsarchiv Leipzig, Nachlass S., Nachlass Rosemarie Sacke; Universitätsarchiv Leipzig, Personalakte S.

Werke W. S. Solowjews Geschichtsphilosophie, Diss. Berlin u.a. 1929; Geschichte Rußlands in russischer und deutscher historischer Literatur der Nachkriegszeit, in: Archiv für Kulturgeschichte 24/1934, S. I-XII, 1-138; Die Gesetzgebende Kommission Katharinas II., Habil. Breslau 1940; M. Unger, Georg S., in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Karl-Marx-Universität Leipzig, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe 26/1977, H. 4, S. 380f. (WV).

Literatur M. Unger, Georg S., in: E. Engelberg u.a. (Red.), Karl-Marx-Universität Leipzig, Bd. 2, Leipzig 1959, S. 307-330; W. Zeil, Das wissenschaftliche Werk Georg S.s und seine Bedeutung für die Slawistik, in: Lĕtopis, Reihe B, Geschichte 30/1983, H. 2, S. 123-136; V. Hölzer, Dr. Georg S., Leben und Widerstand, Leipzig 2002; ders., Georg und Rosemarie S., Leipzig 2004 (Bildquelle). – DBA III; H.-U. Wehler, Deutsche Historiker, Bd. 5, Göttingen 1972, S. 117-129.

Volker Hölzer
27.5.2005


Empfohlene Zitierweise:
Volker Hölzer, Artikel: Georg Sacke,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3424 [Zugriff 2.11.2024].