Günther von Schönburg

G. betätigte sich während der Zeit der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus als Förderer von Kunst und Kultur. In geistiger Gegnerschaft zum Nationalsozialismus stehend, baute er Waldenburg zu einem regionalen Kulturzentrum aus und versuchte damit seiner eigenen liberalen Kulturauffassung öffentlich Gestalt zu verleihen. - G. erhielt eine an den Wertmaßstäben der Religiosität und aristokratischen Pflichterfüllung orientierte Erziehung. Teile seiner Kindheit verbrachte er auf dem schönburgischen Besitz Fantanele in Rumänien, ehe die Familie 1894 nach Dresden übersiedelte. Hier besuchte G. bis 1905 das namhafte Vitzthumsche Gymnasium. Anschließend studierte er Jura in Cambridge und Leipzig. Von 1906 bis 1908 leistete G. Militärdienst in Potsdam, 1909 unternahm er eine große Amerikareise. Nach der Rückkehr schlossen sich Universitätsbesuche in Leipzig, Darmstadt und München an. 1911 ging er zurück nach Leipzig, um Kameralwissenschaften zu studieren. Hier hörte er Vorlesungen u.a. bei Karl Lamprecht und Wilhelm Wundt. Ohne akademischen Grad, jedoch mit prägenden Erfahrungen für sein weiteres Leben, verließ G. 1912 die Universität, um sich der Bewirtschaftung der Familiengüter in Rumänien zu widmen. Mit dem Tod seines älteren Bruders Otto Victor II. am 14.9.1914 an der Westfront wurde G. Chef des Hauses Schönburg-Waldenburg und Erbe eines riesigen Besitzes mit den Herrschaften Waldenburg, Lichtenstein, Stein, den Rittergütern Belgershain und Pomßen etc. Damit zählte G. zu den fünf vermögendsten Männern Sachsens. G. überführte die größtenteils verpachteten Güter in die Eigenbewirtschaftung und erprobte hier alternative landwirtschaftliche Methoden. Als Betreiber der Fürstlich Schönburgischen Sparkasse Waldenburg und der Firma Rosen- und Nelkenkulturen Belgershain sowie als einer der Hauptaktionäre des Oelsnitz-Lugauer Steinkohlereviers verfügte G. über erhebliches wirtschaftliches Potential, wenngleich sein Grundbesitz in Rumänien 1916 beschlagnahmt und 1918 enteignet worden war. Einen Großteil seines Vermögens verwandte G. zur Finanzierung kultureller Aktivitäten. Zwischen 1921 und 1929 traf sich auf Einladung G.s regelmäßig ein elitärer Kreis von Künstlern und Gelehrten auf Schloss Waldenburg zu Vorträgen und schöngeistiger Konversation. Der sog. „Waldenburger Tafelrunde“, die auch publizistisch tätig wurde, gehörten u.a. Karl Berling, Georg Lührig und Otto Eduard Schmidt an. Über den Familienverein „Schloß Waldenburg“, den G. 1928 gründete, wurde Waldenburg zu einem Zentrum musealer Arbeit ausgebaut. Unter maßgeblicher Beteiligung G.s erfolgte die Neuordnung des Waldenburger Naturalienkabinetts sowie die Eröffnung der Schlossmuseen Waldenburg und Stein. Durch die Verpflichtung von Theodor Schön, Otto Eduard Schmidt, Conrad Müller und Walter Schlesinger für die Abfassung hausgeschichtlicher Publikationen trieb G. die Erforschung der schönburgischen Geschichte unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten voran. Auch veranstaltete er regelmäßig Vorträge, Theateraufführungen und Schlosskonzerte, wobei er mittels bewusst niedrig gehaltener Eintrittspreise ein breites Publikum erreichte. Als Präsident der Deutschen Kunstgesellschaft und des Chemnitzer Rotary-Clubs war es G.s Anliegen, deutsche Kunst und Kultur im Ausland bekannt zu machen. - Die kulturellen Aktivitäten G.s riefen unweigerlich den Argwohn der Nationalsozialisten hervor. Seit 1940 wurden Vorträge, Ausstellungen und Konzerte verboten, G. selbst aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen. Da G. sich fortan jeder kulturpolitischer Betätigung zu enthalten hatte, blieb ihm nur der Rückzug ins Private. Nichtsdestotrotz stellte G. mit Einsetzen der alliierten Luftangriffe auf Deutschland im Zweiten Weltkrieg seine Schlösser bereitwillig als Auslagerungsort für Kunstschätze mehrerer deutscher Museen zur Verfügung. - Nach Kriegsende wurde G. entschädigungslos enteignet und im Herbst 1945 auf der Insel Rügen interniert. Von Greifswald aus, wo der mittlerweile fast erblindete Fürst sich einer Augenoperation unterzogen hatte, gelang ihm am 5.12.1945 die Flucht in die britische Besatzungszone. Hier arbeitete er 1946 bis 1948 als Dolmetscher am Oberlandesgericht Celle und ging anschließend für vier Jahre als Sprachendozent in die USA. Eine 1953 angetretene Lehrerstelle in Salem am Bodensee musste G. aus gesundheitlichen Gründen bereits ein Jahr später wieder aufgeben. In Wiesbaden arbeitete G. noch einige Zeit im Verlagswesen, ehe er 1957 nach Salzburg übersiedelte. - Mit dem Tod G.s 1960 erlosch die Linie Schönburg-Waldenburg.

Quellen R. J. Götze (Bearb.), G. von Schönburg-Waldenburg, Rundbriefe 1948 bis 1952, Waldenburg 2004.

Literatur R. J. Götze, G. Fürst von Schönburg-Waldenburg, Glauchau 1997 (P); W.-D. Röber, Schönburgische Burgen und Schlösser im Tal der Zwickauer Mulde, Beucha 1999, S. 70-72 (P).

Porträt Fürst G. v. Schönburg-Waldenburg, G. Lührig, um 1930, Öl auf Leinwand, Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau (Bildquelle).

Michael Wetzel
20.12.2004


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Günther von Schönburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22441 [Zugriff 22.11.2024].

Günther von Schönburg



Quellen R. J. Götze (Bearb.), G. von Schönburg-Waldenburg, Rundbriefe 1948 bis 1952, Waldenburg 2004.

Literatur R. J. Götze, G. Fürst von Schönburg-Waldenburg, Glauchau 1997 (P); W.-D. Röber, Schönburgische Burgen und Schlösser im Tal der Zwickauer Mulde, Beucha 1999, S. 70-72 (P).

Porträt Fürst G. v. Schönburg-Waldenburg, G. Lührig, um 1930, Öl auf Leinwand, Museum und Kunstsammlung Schloss Hinterglauchau (Bildquelle).

Michael Wetzel
20.12.2004


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Günther von Schönburg,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22441 [Zugriff 22.11.2024].