Friedrich Widebram

W. war ein wichtiger Vertreter des sog. Philippismus an der Wittenberger Universität, der Leucorea. Ab dem Ende der 1570-er Jahre beteiligte er sich an Neuordnungen von Kirchen und Schulen in verschiedenen Territorien des Alten Reichs im reformierten Sinne. – W. studierte zunächst in Jena, bevor er sich im Wintersemester 1551 an der Wittenberger Universität immatrikulierte. Im Mai 1552 erscheint der Name „Fridericus Widebrandus“ ein zweites Mal in der Matrikel. Während seines Studiums wurde W. nachhaltig von seinem Lehrer Philipp Melanchthon geprägt. Er erwarb 1555 an der Artistenfakultät den Grad eines Magisters und war in den folgenden Jahren als Schulrektor in Zerbst und Eisenach tätig. 1563 erfolgte seine Berufung als Professor an die Artistenfakultät der Universität in Jena, der Salana. 1569 verließ W. diese und kehrte nach Wittenberg zurück, um die Professur für Ethik an der Leucorea zu übernehmen. Bald darauf wechselte er jedoch als Lehrer an die Theologische Fakultät. 1570 wurde W. Nachfolger des verstorbenen Paul Eber im Amt des Wittenberger Stadtpfarrers und Superintendenten und erhielt damit zugleich eine theologische Professur an der Wittenberger Hohen Schule. Hierfür war es nötig, dass er die Doktorwürde der Theologie erlangte, die ihm noch im selben Jahr verliehen wurde. Seine Promotion erfolgte gemeinsam mit Caspar Cruciger d.J., Heinrich Moller und Christoph Pezel. Diese vier Theologen, sämtlich Schüler Melanchthons, gehörten in den Folgejahren zu den wichtigsten Trägern des sog. Philippismus im albertinischen Sachsen. Sie führten in der Nachfolge ihres Lehrers dessen Theologie fort und versuchten, eine vermittelnde Haltung zur reformierten Konfession einzunehmen. 1574 kam es durch das Eingreifen des Kurfürsten August zur Entlassung, teilweisen Inhaftierung und Landesverweisung führender kursächsischer Philippisten. Auch W. verlor seine Professur in Wittenberg, wurde zeitweise unter Arrest gestellt und musste 1576 das Land verlassen. Er wandte sich zunächst in das Territorium des Grafen Johann VI. d.Ä. von Nassau-Dillenburg und erhielt 1577 eine Pfarrstelle in Dietz. 1579 war er gemeinsam mit Pezel in Bremen tätig, um Streitigkeiten zwischen Pfarrern verschiedener Glaubensbekenntnisse zu schlichten. Unter dem Eindruck der Krise des Philippismus und seiner Vertreibung aus Kursachsen trat W. zum reformierten Bekenntnis über und wurde in der Folge mehrfach zur Neuordnung des Kirchen- und Schulwesens verschiedener Territorien im reformierten Sinne herangezogen. Diesem Zweck diente auch seine 1584 erfolgte Berufung in die Kurpfalz – ein Territorium, das sich nach dem Tod des lutherischen Kurfürsten Ludwig VI. erneut dem Calvinismus zuwandte. Hier konnte W. jedoch nicht mehr langfristig wirksam werden, da er kurze Zeit später in Heidelberg verstarb.

Quellen Archiv der Stadtkirche St. Marien in der Lutherstadt Wittenberg, Taufbuch 1560-1577, Totenbuch 1563-1574; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv); C. E. Foerstemann (Hg.), Liber Decanorum Facultatis Theologiae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838; ders. (Hg.), Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDLX [Bd. 1], Leipzig 1841.

Werke Elegia in natalem Christi, dedicata generosis et nobilibos Dominis ..., Wittenberg 1555; Epithalamion scriptum in nuptias docti et honesti ..., Wittenberg 1559; Typus depositionis scholasticae heroico carmine descriptus ..., Wittenberg 1569; Poematum liber primus, Heidelberg 1601.

Literatur J. C. Erdmann, Lebensbeschreibungen und litterarische Nachrichten von den Wittenbergschen Theologen seit der Stiftung der Universitaet 1502, bis zur dritten hundertjaehrlichen Saekularfeyer 1802, Wittenberg 1804; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; E. Koch, Der kursächsische Philippismus und seine Krise in den 1560er und 1570er Jahren, in: H. Schilling (Hg.), Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland, Gütersloh 1986, S. 60-77; H.-P. Hasse, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter, Leipzig 2000. – ADB 42, S. 338-340; DBA I, III; DBE 10, S. 473; J. H. Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste, Bd. 55, Leipzig/Halle 1748, Sp. 1865f., Online-Ausgabe: www.zedler-lexikon.de; C. G. Joecher, Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 4, Leipzig 1751 (ND Hildesheim 1961), Sp. 1945f.

Ulrike Ludwig
15.12.2011


Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Friedrich Widebram,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/4147 [Zugriff 21.11.2024].

Friedrich Widebram



Quellen Archiv der Stadtkirche St. Marien in der Lutherstadt Wittenberg, Taufbuch 1560-1577, Totenbuch 1563-1574; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv); C. E. Foerstemann (Hg.), Liber Decanorum Facultatis Theologiae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838; ders. (Hg.), Album academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDLX [Bd. 1], Leipzig 1841.

Werke Elegia in natalem Christi, dedicata generosis et nobilibos Dominis ..., Wittenberg 1555; Epithalamion scriptum in nuptias docti et honesti ..., Wittenberg 1559; Typus depositionis scholasticae heroico carmine descriptus ..., Wittenberg 1569; Poematum liber primus, Heidelberg 1601.

Literatur J. C. Erdmann, Lebensbeschreibungen und litterarische Nachrichten von den Wittenbergschen Theologen seit der Stiftung der Universitaet 1502, bis zur dritten hundertjaehrlichen Saekularfeyer 1802, Wittenberg 1804; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; E. Koch, Der kursächsische Philippismus und seine Krise in den 1560er und 1570er Jahren, in: H. Schilling (Hg.), Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland, Gütersloh 1986, S. 60-77; H.-P. Hasse, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter, Leipzig 2000. – ADB 42, S. 338-340; DBA I, III; DBE 10, S. 473; J. H. Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschafften und Künste, Bd. 55, Leipzig/Halle 1748, Sp. 1865f., Online-Ausgabe: www.zedler-lexikon.de; C. G. Joecher, Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 4, Leipzig 1751 (ND Hildesheim 1961), Sp. 1945f.

Ulrike Ludwig
15.12.2011


Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Friedrich Widebram,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/4147 [Zugriff 21.11.2024].