Eva Büttner

B. besuchte 1892 bis 1902 die Bürgerschule, später die Städtische Höhere Mädchenschule in Dresden. Danach studierte sie am dortigen Konservatorium und bestand das Lehrerexamen für Musiktheorie und Klavier. Unterricht in Musiktheorie erhielt sie vom Komponisten Paul Büttner, der 1909 ihr Ehemann wurde. Nach Abschluss des Studiums war B. ab 1905 am Dresdner Konservatorium als Lehrerin für Theorie und Klavier angestellt. Später übte sie das Amt einer Schatzmeisterin des Konservatoriums aus und unterstützte dessen Arbeit als Mitglied des Patronatsvereins. Außerdem war sie Gründerin von Frauen- und Kinderchören im Deutschen Arbeitersängerbund, Bezirk Dresden, in dem sie ebenfalls leitende Funktionen ausübte. Aufgrund ihrer umfangreichen Kenntnisse des kulturellen Lebens und ihrer außerordentlich hohen Allgemeinbildung konnte B. seit 1912 als Kunstkritikerin der "Dresdner Volkszeitung" und seit 1926 als Feuilleton- und Frauen-Redakteurin der Zeitung der Alten Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (ASPD) "Volksstaat" arbeiten. Anfang 1914 bekam sie Gelegenheit, eine mehrmonatige Reise durch Griechenland, Ägypten, Palästina und die Schweiz zu machen, über die sie nach ihrer Rückkehr Vorträge hielt. Nach 1918 hielt sie auch Referate politischen Inhalts, besonders in den Frauengruppen der SPD. Für die SPD, deren Mitglied sie seit 1909 war, wurde B. 1922 in den Sächsischen Landtag gewählt, wo sie bis 1926 Abgeordnete war. Dort vertrat sie die Interessen Dresdner Kultur- und Kunstinstitute wie Staatstheater, Gemäldegalerie, Staatliche Sammlungen, von Bibliotheken und Volksschulen. 1926, 1929 sowie 1930 kandidierte sie erneut für den Landtag, konnte wegen des geringen Erfolgs der Gesamtpartei aber kein weiteres Mandat erringen. 1926 schloss sie sich der von der SPD abgespaltenen ASPD an, für die sie ab 1929 im Unterbezirksvorstand Dresden tätig war. Am Konservatorium, dessen künstlerischer Leiter seit 1923 ihr Ehemann war, gründete sie eine Volksmusikschule. – Als am 7.4.1933 das „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ in Kraft trat, wurden nicht nur die Voraussetzungen für die zwangsweise Versetzung „nichtarischer“ Beamter in den Ruhestand geschaffen, sondern auch eine Grundlage für die Entlassung aller politisch missliebigen Beamten. Das Ehepaar Büttner gehörte zu den Betroffenen. B. verlor als Sozialistin und Jüdin ihre Anstellung und alle sonstigen Funktionen. Sie arbeitete fortan als Notenschreiberin und in der Färberei-Waschanstalt Oskar W. Müller, bis auch dies verboten wurde. Obwohl sie durch ihren "arischen" Mann zunächst noch einen gewissen Schutz genießen konnte, litt sie unter den zahlreichen, für Juden geltenden Einschränkungen, Verboten und Schikanen bis hin zur „Schutzhaft“ im Dresdner Polizeigefängnis. Die einzige Möglichkeit einer sinnvollen Beschäftigung bot ihr das Kulturleben der Dresdner Israelitischen Gemeinde. Dutzende ihrer Rezensionen, Besprechungen und Informationen verschiedenster Art, die im Dresdner „Gemeindeblatt der Israelitischen Religionsgemeinde“, außerdem in der "Jüdischen Rundschau" und der „C.-V.- Zeitung“ veröffentlich wurden, deuten darauf hin, dass B. nicht nur fast alle Kulturveranstaltungen der „Jüdischen Künstlerhilfe“ und des „Jüdischen Kulturbunds Dresden“ besuchte, sondern dass sie zum kreativen Kern dieser Organisationen gehörte. Als sich für sie im Frühjahr 1936 die Gelegenheit ergab, zur Eröffnung der nach acht Baujahren fertig gestellten Judaistischen Hauptbibliothek von Polen nach Warschau zu reisen, lieferte sie dem „Gemeindeblatt“ einen bemerkenswerten mehrteiligen Bericht. Jede schriftliche Äußerung von B., die sie zwischen 1933 und 1938 in der jüdischen Presse veröffentlichte, ist eine Fundgrube an Informationen über das jüdische Kulturleben der Zeit nach der „Machtergreifung“ durch die Nationalsozialisten. Zehn Jahre nachdem das Ehepaar Büttner alle Anstellungen verloren hatte, erkrankte Paul Büttner schwer. B. verkehrte in dieser Zeit in demselben Kreis, in dem sich Viktor Klemperer bewegte. Als ihr Ehemann 1943 starb, war B. der Gestapo völlig ausgeliefert. Für sie gab es keine Möglichkeit mehr zur Emigration. Um der Verschleppung in ein Vernichtungslager zu entgehen, verbrachte B. mit Hilfe des Dresdner Arzts Kurt Magerstädt und dank der Rittergutsbesitzerin Frau von Helldorf die letzten 20 Kriegsmonate anonym und in Abgeschiedenheit über dem Pferdestall des Schlosses in Pulsnitz. – Nach 1945 arbeitete sie zunächst in Pulsnitz im antifaschistischen Verwaltungsausschuss und trat der KPD bei. 1946 bis 1952 war sie Leiterin des Kulturamts beim Rat des Kreises Kamenz, zeitweilig des Nachrichten- und Schulamts. Sie gründete mehrere kulturelle Organisationen im Kreis Kamenz und besprach regelmäßig kulturelle Veranstaltungen in der Presse. – B. war Verwalterin des Nachlasses ihres Ehemanns.

Quellen Arbeiter-Führer für Dresden und Umgebung, Dresden 1911; C.-V.- Zeitung. Organ des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens 1933-1937; Gemeindeblatt der Israelitischen Religionsgemeinde Dresden 1933-1938 (ab 1937 Jüdisches Gemeindeblatt Dresden); Jüdische Rundschau 1933-1938; Berichte des Konservatoriums zu Dresden über die Studienjahre 1928-1934, Stadtarchiv Dresden.

Literatur C. Hausmann, Die „Alte Sozialdemokratische Partei“ (1926-1932), in: H. Grebing (Hg.), Demokratie und Emanzipation zwischen Saale und Elbe, Essen 1993, S. 273-294; A. Schindler, Aktenzeichen „Unerwünscht“, Dresden 1999, S. 59-62 (P); dies., Dresdner Liste, Dresden 2003, S. 41-45 (Bildquelle). – W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 399.

Agata Schindler
2.2.2005


Empfohlene Zitierweise:
Agata Schindler, Artikel: Eva Büttner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10081 [Zugriff 14.12.2024].

Eva Büttner



Quellen Arbeiter-Führer für Dresden und Umgebung, Dresden 1911; C.-V.- Zeitung. Organ des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens 1933-1937; Gemeindeblatt der Israelitischen Religionsgemeinde Dresden 1933-1938 (ab 1937 Jüdisches Gemeindeblatt Dresden); Jüdische Rundschau 1933-1938; Berichte des Konservatoriums zu Dresden über die Studienjahre 1928-1934, Stadtarchiv Dresden.

Literatur C. Hausmann, Die „Alte Sozialdemokratische Partei“ (1926-1932), in: H. Grebing (Hg.), Demokratie und Emanzipation zwischen Saale und Elbe, Essen 1993, S. 273-294; A. Schindler, Aktenzeichen „Unerwünscht“, Dresden 1999, S. 59-62 (P); dies., Dresdner Liste, Dresden 2003, S. 41-45 (Bildquelle). – W. H. Schröder, Sozialdemokratische Parlamentarier in den deutschen Reichs- und Landtagen 1867-1933, Düsseldorf 1995, S. 399.

Agata Schindler
2.2.2005


Empfohlene Zitierweise:
Agata Schindler, Artikel: Eva Büttner,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10081 [Zugriff 14.12.2024].