Eleonore Hirsch

Eleonore Hirsch kann als eines der wenigen weiblichen Gründungsmitglieder der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig gelten. Ihr sonstiges Leben, von dem sie einen beachtlichen Anteil in Leipzig verbrachte, gestaltete sich dagegen nach außen eher unauffällig. – Geboren in Dessau, wuchs Hirsch in einer kinderreichen Großfamilie unter einfachen Verhältnissen auf. 1802 kam sie als junge Frau nach Leipzig. Verheiratet war sie mit dem „Schutzjuden“ und Bankier Philipp Abraham Hirsch, dessen Konzession zum Aufenthalt in Leipzig auf 1798 datiert. Nach dem frühen Tod ihres Gatten - Hirsch wurde durch die Stadt Leipzig bereits 1817/1818 als Witwe verzeichnet - verblieb sie noch etwa 30 weitere Jahre in ihrer Wahlheimat. Sie hielt sich hier legal auf und musste seit 1817 ein jährliches Personensteuerquantum von 30 Reichstalern entrichten. Ein eigenes Gewerbe betrieb sie offenbar nicht, sondern lebte laut städtischer Aktenführung von ihrem Vermögen. Ihre Abgabe bezahlte sie offenbar auch während längerer Abwesenheitszeiten fort: So wurde 1835 festgehalten, dass sich Hirsch zu dieser Zeit mit ihrer Tochter Edda in Mecklenburg befand, sie ihre Steuer aber weiterhin entrichtete. Die Adressbücher geben ihre Anschrift 1835 mit der Katharinenstraße 10 im Leipziger Zentrum an. Entsprechend kann man sich Hirsch wahrscheinlich als Person mit ordentlichem Bildungsstand und solider Lebensführung vorstellen, die in Leipzig über eine materiell gut abgesicherte Existenz verfügte. – Hirsch kann neben Eleonore Fränkel, Henriette Goldschmidt und Caroline Marcus zu den wenigen weiblichen Gründungsmitgliedern der Israelitischen Religionsgemeinde zu Leipzig gezählt werden, denn sie war ausdrücklich zu den zentralen Beratungen über die Gemeindestatuten ab dem 22.5.1843 in der Wohnung von Eduard Boas in der Katharinenstraße eingeladen. Erst im Juni 1847 war der Gründungsprozess jedoch endgültig abgeschlossen. Noch im gleichen Jahr verzog Hirsch von Leipzig nach Braunschweig, wo sie sich offenbar unkompliziert bei ihrer Schwester Bella und deren Familie niederlassen konnte. Ein schriftlicher Nachweis ihres bewilligten Aufenthalts datiert auf Mitte Oktober 1847. Bella Kaufmann hatte 1818 den Juden Levi Zadeckliep geheiratet, der damit für Hirsch zum Schwager wurde. Unter dessen Anschrift, Sack 2679, in Braunschweig wurde Hirsch bis 1849 registriert. Ihre letzte Spur führt nach Berlin, wohin sie vermutlich 1850 übersiedelte. Möglicherweise war die Nähe zu ihrer Tochter bei dieser Entscheidung ausschlaggebend, denn Edda Hirsch hatte im Mai 1845 in Berlin geheiratet. Hier hielt sich auch Hirsch während ihrer letzten Lebensjahre auf, sie wird zwischen 1850 und 1859 unter der Adresse Klosterstraße 31 (Berlin-Mitte) in den Adressbüchern erwähnt. 1859 verstarb sie im Alter von fast 80 Jahren. Berührungspunkte zum jüdischen Leben Leipzigs sind nach ihrem Wegzug nach heutigem Stand nicht mehr nachweisbar.

Quellen Stadtarchiv Leipzig, 0008 Ratsstube, II. Sektion J 246, J 290, Titelakten LI, Nr. 91; Stadtarchiv Braunschweig, D II 4: 130-04 Domizilakte Eleonore Hirsch; Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 005A Nr. 6858 Sterbeeintrag Eleonore Hirsch; Central Archives for the History of the Jewish People Jerusalem, D/Le1/9-11; Adressbücher der Stadt Braunschweig 1847-1849; Adressbücher der Stadt Berlin 1850-1859.

Literatur Josef Reinhold, Zwischen Aufbruch und Beharrung. Juden und jüdische Gemeinde in Leipzig während des 19. Jahrhunderts, Dresden 1999; Reinhard Bein, Sie lebten in Braunschweig. Biografische Notizen zu den in Braunschweig bestatteten Juden 1797 bis 1983, Braunschweig 2009.

Lucas Böhme
6.8.2025


Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Eleonore Hirsch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29425 [Zugriff 23.8.2025].

Eleonore Hirsch



Quellen Stadtarchiv Leipzig, 0008 Ratsstube, II. Sektion J 246, J 290, Titelakten LI, Nr. 91; Stadtarchiv Braunschweig, D II 4: 130-04 Domizilakte Eleonore Hirsch; Landesarchiv Berlin, A Pr. Br. Rep. 005A Nr. 6858 Sterbeeintrag Eleonore Hirsch; Central Archives for the History of the Jewish People Jerusalem, D/Le1/9-11; Adressbücher der Stadt Braunschweig 1847-1849; Adressbücher der Stadt Berlin 1850-1859.

Literatur Josef Reinhold, Zwischen Aufbruch und Beharrung. Juden und jüdische Gemeinde in Leipzig während des 19. Jahrhunderts, Dresden 1999; Reinhard Bein, Sie lebten in Braunschweig. Biografische Notizen zu den in Braunschweig bestatteten Juden 1797 bis 1983, Braunschweig 2009.

Lucas Böhme
6.8.2025


Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Eleonore Hirsch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29425 [Zugriff 23.8.2025].