Eduard Brockhaus

Als Enkel von Friedrich Arnold Brockhaus, dem Gründer der Verlagsbuchhandlung und Großbuchbinderei Brockhaus in Leipzig, setzte B. den erfolgreichen Ausbau des Verlagsgeschäfts fort. Sowohl in regionalen und nationalen Vereinen als auch in seiner Funktion als Mitglied des Deutschen Reichstags setzte er sich für die Interessen der Verleger und Druckereien ein. Darüber hinaus werden B. große Verdienste um die Popularisierung und Verbreitung der Forschungsergebnisse des Archäologen Heinrich Schliemann zugeschrieben. – B., dessen Vater Heinrich Brockhaus seit 1823 die Leitung des Brockhaus-Verlags innehatte, wuchs in Leipzig auf. Seine schulische Ausbildung erhielt er zunächst am von Christian Gotthilf Salzmann gegründeten Philanthropin Schnepfenthal bei Gotha, einem reformpädagogischen Erziehungsinstitut, und hiernach am Thomasgymnasium in Leipzig, wo er 1847 seine Reifeprüfung ablegte. Er studierte in Leipzig, Berlin und Heidelberg Geschichte, Philosophie, Philologie und Nationalökonomie und wurde im August 1850 in Leipzig von dem Mathematiker und Philosophen Moritz Drobisch, dem Historiker Heinrich Wuttke und dem Nationalökonomen Wilhelm Roscher promoviert. Trotzdem entschied er sich danach für den Beruf seines Vaters. Und so begann er bereits im September 1850 eine Lehre im Verlag F.A. Brockhaus. Im März 1852 erhielt B. die Prokura und wurde im Juli 1854, mit 25 Jahren, Teilhaber des Unternehmens. Nach dem Tod seines Vaters 1874 übernahm er gemeinsam mit seinem Bruder Rudolf Brockhaus die Unternehmensleitung. B. widmete sich fortan der Fortentwicklung des Verlags. Neben der Verlagsleitung war B. auch an mehreren Interessensvertretungen als führendes Mitglied beteiligt. So hatte er etwa 1872 bis 1886 den Vorsitz des Deutschen Buchdruckervereins inne, war 1880 bis 1894 Vorsitzender im Verein Leipziger Buchhändler und 1889 bis 1891 sowie 1892 bis 1894 Erster Vorsitzender und später Ehrenmitglied des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler. Durch B. wurde 1875 beim Börsenverein der Deutschen Buchhändler die Herausgabe einer großen wissenschaftlichen Geschichte des deutschen Buchhandels angeregt. Für dieses Werk konnte er 1913 - wenige Monate vor seinem Tod - noch die Vorrede verfassen. Sowohl B. als auch Rudolf Brockhaus hatten sich zu diesem Zeitpunkt bereits von der Firmenleitung bei Brockhaus zurückgezogen. 1895 hatten sie die Unternehmensführung in die Hände der nächsten Generation, B.s Sohn Albert Brockhaus und Rudolfs gleichnamigen Sohn Rudolf Brockhaus, gelegt. Durch den Verlag gelang es B. ein großes Vermögen anzuhäufen, sodass er 1912 im von Rudolf Martin publizierten „Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen“ zu den 25 reichsten Personen in Sachsen gezählt wurde. – Neben seinen verlegerischen Tätigkeiten beteiligte sich B. aktiv am politischen Leben. So war er 1861 bis 1870 Mitglied des Leipziger Stadtverordnetenkollegiums und saß 1871 bis 1878 für die Nationalliberale Partei, zu deren Vorstand er auch gehörte, als Abgeordneter im Deutschen Reichstag. Im Reichstag wirkte er u.a. an der Gestaltung des Pressegesetzes und der Urhebergesetzgebung mit. B. kam hier auch in Kontakt mit Otto von Bismarck, dem er größte Bewunderung entgegenbrachte und den er nach dessen Abdankung mehrfach besuchte. – Zu B.s literarischen Arbeiten zählen u.a. die dreibändige Biografie zu Friedrich Arnold Brockhaus sowie die Geschichte des Verlags Brockhaus, die anlässlich des 100-jährigen Jubiläums 1905 erschien. Darüber hinaus war er als Verlagsleiter Herausgeber mehrerer Zeitungen und Zeitschriften und u.a. 1857 bis 1863 verantwortlicher Redakteur der „Deutschen Allgemeine Zeitung“ sowie 1858 bis 1862 des „Central-Anzeigers für Freunde der Literatur“. Beide erschienen im eigenen Verlag. Eine besondere verlegerische Tätigkeit entfaltete B. durch die Bekanntschaft mit Heinrich Schliemann. Diese Verbindung entstand, als sich Schliemann nach seiner ersten Grabung in Troja 1871 mit dem Brockhaus-Verlag zwecks der Herausgabe seines Buchs „Trojanische Alterthümer“ in Verbindung setzte. B. hatte mit verlegerischer Weitsicht schon früh die Bedeutung des Autodidakten erkannt. In der Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Verlags betonte er 1905, dass sich der Verlag zur Veröffentlichung von Schliemanns Forschungen angeboten hatte. B. bewunderte die Lebensaufgabe Schliemanns, Troja auszugraben, und kam schlussendlich zu der Entscheidung, ihn bei der Veröffentlichung zu unterstützen. Die Korrespondenz mit Schliemann begann am 18.1.1873 und umfasste dessen wichtigste archäologische Schaffensjahre. Sie endete zwei Wochen vor Schliemanns Tod am 10.12.1890. Zwischen den beiden Geschäftsleuten Schliemann und B. bildete sich sehr schnell ein besonderes Vertrauensverhältnis heraus. Als sich Schliemann aufgrund seines Erstlingwerks „Trojanische Alterthümer“ scharfen Angriffen von Fachleuten und der Presse ausgesetzt sah, sammelte er mit B. die Veröffentlichungen seiner Widersacher, um auf dieser Grundlage gemeinsam Gegendarstellungen in der deutschen Presse zu publizieren.

Quellen Stadtarchiv Dresden, 6.4.25-62.4.2-24 Standesamt/Urkundenstelle, Standesamt Loschwitz, Personenstandsbuch, Sterberegister 1899, Nr. 127 (ancestry.de), 6.4.25-75.3.2-16 Standesamt Striesen, Personenstandsbuch, Eheregister 1891, Nr. 2 (ancestry.de); Staatsarchiv Hamburg, 332-5_4066 Melde- und Personenstandsangelegenheiten, Heiraten Standesamt Wandsbeck 1887, Nr. 159 (ancestry.de).

Werke Friedrich Arnold Brockhaus. Sein Leben und Wirken nach Briefen und andern Aufzeichnungen geschildert, 3 Bde., Leipzig 1872-1881; Die Firma F. A. Brockhaus von der Begründung bis zum hundertjährigen Jubiläum. 1805-1905, Leipzig 1905.

Literatur Rudolf Martin, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen, Berlin 1912; Roland Schäfer, Die Frühgeschichte des Großen Brockhaus, in: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 3/1993, S. 69-84; Anja zum Hingst, Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversations-Lexikon zur Enzyklopädie, Wiesbaden 1995; Wilfried Bölke/Reinhard Witte, Wiederaufgefundene Briefe Heinrich Schliemanns an seinen Verleger B. in Leipzig, in: George Styl. Korres/Nektarios Karadimas/Georgia Flouda, Archaeology and Heinrich Schliemann a century after his death. Assessments and prospects. Myth - History - Science, Athen 2012, S. 261-263; Ernst Fischer/Reinhard Wittmann (Hg.), Geschichte des Deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 3: Drittes Reich, Teil 1, Berlin/Bosten 2015. – DBA I, II, III; NDB 2, S. 625f.; DBE II 2, S. 92; Sebastian Hausmann, Heinrich Eduard B., in: Deutsches Biographisches Jahrbuch. Überleitungsbd. 1: 1914-1916, Berlin u.a. 1925, S. 335.

Porträt Eduard B., 1914, Fotografie, in: Universum-Jahrbuch 1914, Leipzig 1914, S. 10, Universitätsbibliothek Trier, Signatur z13842B-1914, via Wikimedia Commons (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz].

Julia Pintschuk
24.2.2023


Empfohlene Zitierweise:
Julia Pintschuk, Artikel: Eduard Brockhaus,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/800 [Zugriff 28.3.2024].

Eduard Brockhaus



Quellen Stadtarchiv Dresden, 6.4.25-62.4.2-24 Standesamt/Urkundenstelle, Standesamt Loschwitz, Personenstandsbuch, Sterberegister 1899, Nr. 127 (ancestry.de), 6.4.25-75.3.2-16 Standesamt Striesen, Personenstandsbuch, Eheregister 1891, Nr. 2 (ancestry.de); Staatsarchiv Hamburg, 332-5_4066 Melde- und Personenstandsangelegenheiten, Heiraten Standesamt Wandsbeck 1887, Nr. 159 (ancestry.de).

Werke Friedrich Arnold Brockhaus. Sein Leben und Wirken nach Briefen und andern Aufzeichnungen geschildert, 3 Bde., Leipzig 1872-1881; Die Firma F. A. Brockhaus von der Begründung bis zum hundertjährigen Jubiläum. 1805-1905, Leipzig 1905.

Literatur Rudolf Martin, Jahrbuch des Vermögens und Einkommens der Millionäre im Königreich Sachsen, Berlin 1912; Roland Schäfer, Die Frühgeschichte des Großen Brockhaus, in: Leipziger Jahrbuch zur Buchgeschichte 3/1993, S. 69-84; Anja zum Hingst, Die Geschichte des Großen Brockhaus. Vom Conversations-Lexikon zur Enzyklopädie, Wiesbaden 1995; Wilfried Bölke/Reinhard Witte, Wiederaufgefundene Briefe Heinrich Schliemanns an seinen Verleger B. in Leipzig, in: George Styl. Korres/Nektarios Karadimas/Georgia Flouda, Archaeology and Heinrich Schliemann a century after his death. Assessments and prospects. Myth - History - Science, Athen 2012, S. 261-263; Ernst Fischer/Reinhard Wittmann (Hg.), Geschichte des Deutschen Buchhandels im 19. und 20. Jahrhundert, Bd. 3: Drittes Reich, Teil 1, Berlin/Bosten 2015. – DBA I, II, III; NDB 2, S. 625f.; DBE II 2, S. 92; Sebastian Hausmann, Heinrich Eduard B., in: Deutsches Biographisches Jahrbuch. Überleitungsbd. 1: 1914-1916, Berlin u.a. 1925, S. 335.

Porträt Eduard B., 1914, Fotografie, in: Universum-Jahrbuch 1914, Leipzig 1914, S. 10, Universitätsbibliothek Trier, Signatur z13842B-1914, via Wikimedia Commons (Bildquelle) [Public Domain Mark 1.0; dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Public Domain Mark 1.0 Lizenz].

Julia Pintschuk
24.2.2023


Empfohlene Zitierweise:
Julia Pintschuk, Artikel: Eduard Brockhaus,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/800 [Zugriff 28.3.2024].