Bruno Krug
Der Verwaltungsfachmann K. stand 1914 bis 1934 als Erster Bürgermeister der erzgebirgischen Stadt Annaberg vor und prägte die Stadt durch sein Wirken insbesondere in den Bereichen der Sozial- und Bildungspolitik nachhaltig. – K. nahm nach seiner Schulausbildung in Leipzig ein Studium der Rechtswissenschaft zunächst in Lausanne (Schweiz) und München, später in seiner Heimatstadt auf. Dort wurde er 1903 mit der Arbeit „Über den Begriff und die Bedeutung der Annahme und Ausschlagung der Erbschaft nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche Deutschlands vom 18. August 1896“ zum Dr. jur. promoviert und legte die zweite juristische Staatsprüfung ab. Praktische Erfahrungen sammelte er nach Abschluss der Ausbildung ab Mai 1904 als Gerichtsassessor in Reichenbach im Vogtland. Im Juli des Folgejahrs wurde er zum dritten besoldeten Ratsassessor im vogtländischen Plauen gewählt. Bereits am 1.4.1906 rückte er zum ersten Ratsassessor auf. Im März 1908 verließ er Sachsen, nachdem er zum juristischen Stadtrat der oberschlesischen Stadt Gleiwitz (poln. Gliwice) gewählt worden war. Nach sechsjähriger Tätigkeit in Gleiwitz wurde K. am 27.5.1914 zum Nachfolger des Annaberger Bürgermeisters
Karl Theodor Wilisch gewählt und am 1.8.1914 vom Chemnitzer Kreishauptmann in sein Amt eingewiesen. Bereits Mitte August wurde der Major der Landwehr zum Heeresdienst eingezogen. 1914 bis 1918 nahm er am Ersten Weltkrieg teil und konnte dadurch erst im Dezember 1918 seinen Dienst als Erster Bürgermeister von Annaberg - unter mittlerweile veränderten Verhältnissen - aufnehmen. Während der Zeit der Weimarer Republik zeichnete sich K., dem übereinstimmend große Kompetenzen und ein enormes juristisches Fachwissen attestiert wurden, v.a. durch seine Bemühungen bei der Bekämpfung des sozialen Elends in seiner Stadt aus. Mehrfach initiierte er Petitionen an den Sächsischen Landtag und wies mit Nachdruck auf die katastrophale Situation der Grenzregion hin. Er selbst übernahm die Leitung des Städtischen Wohlfahrtsamts, setzte sich auch für den Neubau einer Fabrik der Firma AEG in der Stadt ein und ließ zur Arbeitsbeschaffung eine Bobbahn am Westhang des Pöhlbergs errichten. Auch dem Bereich der Schulbildung schenkte er besondere Beachtung. So übernahm die Stadt u.a. eine Handelsschule in eigene Trägerschaft und baute sie später zu einer höheren Handelslehranstalt aus. – Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme geriet K. zusehends unter Druck. Bereits am 30.1.1933 gelang es den Nationalsozialisten, auf dem Annaberger Rathaus die Hakenkreuzflagge zu hissen. Im März 1933 wurde K. mit dem NSDAP-Stadtrat Karl Martin ein stellvertretender Bürgermeister aufgezwungen, der u.a. die Polizeigewalt ausübte und somit für Ruhe und Ordnung im Sinne der Nationalsozialisten sorgen sollte. Neben dieser offenkundigen Machtbeschränkung gelangten zu dieser Zeit auch völlig haltlose Anschuldigungen wurden über ihn verbreitet, doch lange wehrte sich der konservative Politiker gegen diese Kampagnen. 1934 wurde K. in den Ruhestand versetzt und am 26.9.1934 feierlich verabschiedet. – K. verzog nach München, kehrte aber nach dem Tod seiner Frau Anfang 1944 nach Annaberg zurück und wurde nach Kriegsende kurzzeitig interniert. Hochbetagt verstarb K. im September 1964 in der Stadt, die er zwanzig Jahre lang entscheidend mitgeprägt hatte.
Quellen Verwaltungsbericht der Stadt Annaberg auf das Jahr 1935, hrsg. von der Stadt Annaberg, Annaberg 1937, S. 10-13.
Werke Über den Begriff und die Bedeutung der Annahme und Ausschlagung der Erbschaft nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche Deutschlands vom 18. August 1896, Diss. Leipzig 1903; Bürgerbuch der Stadt Gleiwitz, 3 Bde., Gleiwitz 1914; Hebung der erzgebirgischen Posamentenindustrie durch Einführung von Posamentenunterricht zunächst in den beiden letzten Jahrgängen der Volksschulen, Annaberg 1927.
Literatur Tageblatt Annaberger Wochenblatt, 29.5.1914; Tageblatt Annaberger Wochenblatt, 1.8.1914; Zum Gedenken an Dr. K. (1874-1964), in: Glückauf! 74/1965, H. 3, S. 34f.; F. Weil, Entmachtung im Amt, Köln/Weimar/Wien 2004; L. Vogel, Nationalsozialistische „Machtergreifung“ und Gleichschaltung in Annaberg im oberen Erzgebirge, in: NASG 78/2007, S. 307-323.
Lutz Vogel
23.2.2012
Empfohlene Zitierweise:
Lutz Vogel, Artikel: Bruno Krug,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24853 [Zugriff 2.11.2024].
Bruno Krug
Der Verwaltungsfachmann K. stand 1914 bis 1934 als Erster Bürgermeister der erzgebirgischen Stadt Annaberg vor und prägte die Stadt durch sein Wirken insbesondere in den Bereichen der Sozial- und Bildungspolitik nachhaltig. – K. nahm nach seiner Schulausbildung in Leipzig ein Studium der Rechtswissenschaft zunächst in Lausanne und München, später in seiner Heimatstadt auf. Dort wurde er 1903 mit der Arbeit „Über den Begriff und die Bedeutung der Annahme und Ausschlagung der Erbschaft nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche Deutschlands vom 18. August 1896“ zum Dr. jur. promoviert und legte die zweite juristische Staatsprüfung ab. Praktische Erfahrungen sammelte er nach Abschluss der Ausbildung ab Mai 1904 als Gerichtsassessor in Reichenbach im Vogtland. Im Juli des Folgejahrs wurde er zum dritten besoldeten Ratsassessor im vogtländischen Plauen gewählt. Bereits am 1.4.1906 rückte er zum ersten Ratsassessor auf. Im März 1908 verließ er Sachsen, nachdem er zum juristischen Stadtrat der oberschlesischen Stadt Gleiwitz (poln. Gliwice) gewählt worden war. Nach sechsjähriger Tätigkeit in Gleiwitz wurde K. am 27.5.1914 zum Nachfolger des Annaberger Bürgermeisters [Karl Theodor Wilisch #0000] gewählt und am 1.8.1914 vom Chemnitzer Kreishauptmann in sein Amt eingewiesen. Bereits Mitte August wurde der Major der Landwehr zum Heeresdienst eingezogen. 1914 bis 1918 nahm er am Ersten Weltkrieg teil und konnte dadurch erst im Dezember 1918 seinen Dienst als Erster Bürgermeister von Annaberg - unter mittlerweile veränderten Verhältnissen - aufnehmen. Während der Zeit der Weimarer Republik zeichnete sich K., dem übereinstimmend große Kompetenzen und ein enormes juristisches Fachwissen attestiert wurden, v.a. durch seine Bemühungen bei der Bekämpfung des sozialen Elends in seiner Stadt aus. Mehrfach initiierte er Petitionen an den Sächsischen Landtag und wies mit Nachdruck auf die katastrophale Situation der Grenzregion hin. Er selbst übernahm die Leitung des Städtischen Wohlfahrtsamts, setzte sich auch für den Neubau einer Fabrik der Firma AEG in der Stadt ein und ließ zur Arbeitsbeschaffung eine Bobbahn am Westhang des Pöhlbergs errichten. Auch dem Bereich der Schulbildung schenkte er besondere Beachtung. So übernahm die Stadt u.a. eine Handelsschule in eigene Trägerschaft und baute sie später zu einer höheren Handelslehranstalt aus. – Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme geriet K. zusehends unter Druck. Bereits am 30.1.1933 gelang es den Nationalsozialisten, auf dem Annaberger Rathaus die Hakenkreuzflagge zu hissen. Im März 1933 wurde K. mit dem NSDAP-Stadtrat [Karl Martin #9679] ein stellvertretender Bürgermeister aufgezwungen, der u.a. die Polizeigewalt ausübte und somit für Ruhe und Ordnung im Sinne der Nationalsozialisten sorgen sollte. Neben dieser offenkundigen Machtbeschränkung gelangten zu dieser Zeit auch völlig haltlose Anschuldigungen wurden über ihn verbreitet, doch lange wehrte sich der konservative Politiker gegen diese Kampagnen. 1934 wurde K. in den Ruhestand versetzt und am 26.9.1934 feierlich verabschiedet. – K. verzog nach München, kehrte aber nach dem Tod seiner Frau Anfang 1944 nach Annaberg zurück und wurde nach Kriegsende kurzzeitig interniert. Hochbetagt verstarb K. im September 1964 in der Stadt, die er zwanzig Jahre lang entscheidend mitgeprägt hatte.
Quellen Verwaltungsbericht der Stadt Annaberg auf das Jahr 1935, hrsg. von der Stadt Annaberg, Annaberg 1937, S. 10-13.
Werke Über den Begriff und die Bedeutung der Annahme und Ausschlagung der Erbschaft nach dem Bürgerlichen Gesetzbuche Deutschlands vom 18. August 1896, Diss. Leipzig 1903; Bürgerbuch der Stadt Gleiwitz, 3 Bde., Gleiwitz 1914; Hebung der erzgebirgischen Posamentenindustrie durch Einführung von Posamentenunterricht zunächst in den beiden letzten Jahrgängen der Volksschulen, Annaberg 1927.
Literatur Tageblatt Annaberger Wochenblatt, 29.5.1914; Tageblatt Annaberger Wochenblatt, 1.8.1914; Zum Gedenken an Dr. K. (1874-1964), in: Glückauf! 74/1965, H. 3, S. 34f.; F. Weil, Entmachtung im Amt, Köln/Weimar/Wien 2004; L. Vogel, Nationalsozialistische „Machtergreifung“ und Gleichschaltung in Annaberg im oberen Erzgebirge, in: NASG 78/2007, S. 307-323.
Lutz Vogel
23.2.2012
Empfohlene Zitierweise:
Lutz Vogel, Artikel: Bruno Krug,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24853 [Zugriff 2.11.2024].