Karl Martin

M. war sächsischer Reichstagsabgeordneter und führender NSDAP-Vertreter bei der nationalsozialistischen Machtübernahme im oberen Erzgebirge. – M. absolvierte die achtjährige höhere Volksschule und nahm anschließend eine kaufmännische Lehre auf, die er 1911 abschloss. Ab 1911 arbeitete er als Handlungsgehilfe in einer Freitaler Glasfabrik. Im Oktober 1913 wurde er zum Militärdienst eingezogen und nahm bis zu seiner Entlassung im Januar 1919 am Ersten Weltkrieg teil. Anschließend war er zunächst als Hilfsangestellter beim Rat der Stadt Dresden tätig, ab 1923 arbeitete er dann als Handlungsreisender im oberen Erzgebirge. – Ab 1927 engagierte er sich in der nationalsozialistischen Bewegung und trat in diesem Jahr auch in die NSDAP ein. Zwei Jahre später, im Februar 1929, übernahm er den Vorsitz der Annaberger NSDAP-Ortsgruppe und war gleichzeitig als Abschnittsleiter der Partei tätig. Ende desselben Jahrs wurde M. in den Bezirkstag der Annaberger Amtshauptmannschaft gewählt und trat seinen Posten als unbesoldeter Stadtrat in Annaberg an. Zwischen September 1930 und Juli 1932 war er Mitglied des Reichstags für den Wahlkreis Leipzig. Eine im Juni 1930 angestrebte Kandidatur zum Sächsischen Landtag scheiterte aufgrund eines Formfehlers. Er blieb aber auch weiterhin kommunalpolitisch aktiv und wurde 1932 zum Kreisfachberater für Gemeindepolitik ernannt. – Nach dem NS-Machtantritt übernahm M. im März 1933 die einflussreiche Position des stellvertretenden Bürgermeisters von Annaberg und erhielt damit auch polizeiliche Befugnisse. Zudem wurde er Mitglied im neugebildeten Sächsischen Landtag und vertrat die NSDAP im dortigen Haushaltsausschuss. Ab November 1933 war er erneut Mitglied des Reichstags. – Kurz darauf verließ M. Annaberg und übernahm am 15.1.1934 den Posten des NSDAP-Kreisleiters in Bautzen. – Sein weiteres Schicksal ist ungeklärt. Es ist anzunehmen, dass er nach Kriegsende von der Roten Armee verhaftet und interniert wurde. Eventuell ist er mit einem gleichnamigen, am 15.3.1946 verstorbenen „Oberinspektor der Justiz“ identisch, der im Totenbuch des Speziallagers Bautzen verzeichnet ist.

Quellen J. Morré (Bearb.), Totenbuch. Speziallager Bautzen 1945-1956, Dresden 2004, S. 68; Auskunft der Gedenkstätte Bautzen, 23.2.2012. – Archivverbund Pirna, KA SOE, 610-15 Standesamt Deuben, Nr. 122; Staatsarchiv Hamburg, Sterbeurkunde 332-5 5001 82/1974.

Literatur F. Weil, Entmachtung im Amt, Köln/Weimar/Wien 2004; L. Vogel, Nationalsozialistische „Machtergreifung“ und Gleichschaltung in Annaberg im oberen Erzgebirge, in: NASG 78/2007, S. 307-323. – DBA II; Reichstags-Handbuch, V. Wahlperiode 1930, S. 416, 560 (P); Reichstags-Handbuch, IX. Wahlperiode 1933, S. 253f., 437 (P); M. Schwarz, MdR. Biographisches Handbuch der Reichstage, Hannover 1965, S. 710f.; E. Stockhorst, Fünftausend Köpfe. Wer war was im Dritten Reich, Velbert/Kettwig 1967, S. 286; M. Schumacher, M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus, Düsseldorf 31994, S. 309; J. Lilla (Bearb.), Statisten in Uniform, Düsseldorf 2004, S. 401.

Porträt Karl M., unbekannter Fotograf, undatiert, Fotografie, in: E. Kienast (Hg.), Der Großdeutsche Reichstag 1938, Berlin 1938, S. 514 (Bildquelle).

Ergänzung 9.3.2021: Die Annahme, dass M. am 15.3.1946 im Speziallager Bautzen umgekommen ist, hat sich nicht bestätigt. Vielmehr beweist eine inzwischen bekannt gewordene Sterbeurkunde aus dem Staatsarchiv Hamburg, dass der am 9.3.1893 geborene, inzwischen verwitwete Handelsvertreter M. am 13.1.1974 in Hamburg verstorben ist.

Lutz Vogel
23.2.2012
9.3.2021 (Ergänzung)

Empfohlene Zitierweise:
Lutz Vogel, Artikel: Karl Martin,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/9679 [Zugriff 23.12.2024].

Karl Martin



Quellen J. Morré (Bearb.), Totenbuch. Speziallager Bautzen 1945-1956, Dresden 2004, S. 68; Auskunft der Gedenkstätte Bautzen, 23.2.2012. – Archivverbund Pirna, KA SOE, 610-15 Standesamt Deuben, Nr. 122; Staatsarchiv Hamburg, Sterbeurkunde 332-5 5001 82/1974.

Literatur F. Weil, Entmachtung im Amt, Köln/Weimar/Wien 2004; L. Vogel, Nationalsozialistische „Machtergreifung“ und Gleichschaltung in Annaberg im oberen Erzgebirge, in: NASG 78/2007, S. 307-323. – DBA II; Reichstags-Handbuch, V. Wahlperiode 1930, S. 416, 560 (P); Reichstags-Handbuch, IX. Wahlperiode 1933, S. 253f., 437 (P); M. Schwarz, MdR. Biographisches Handbuch der Reichstage, Hannover 1965, S. 710f.; E. Stockhorst, Fünftausend Köpfe. Wer war was im Dritten Reich, Velbert/Kettwig 1967, S. 286; M. Schumacher, M.d.R. Die Reichstagsabgeordneten der Weimarer Republik in der Zeit des Nationalsozialismus, Düsseldorf 31994, S. 309; J. Lilla (Bearb.), Statisten in Uniform, Düsseldorf 2004, S. 401.

Porträt Karl M., unbekannter Fotograf, undatiert, Fotografie, in: E. Kienast (Hg.), Der Großdeutsche Reichstag 1938, Berlin 1938, S. 514 (Bildquelle).

Ergänzung 9.3.2021: Die Annahme, dass M. am 15.3.1946 im Speziallager Bautzen umgekommen ist, hat sich nicht bestätigt. Vielmehr beweist eine inzwischen bekannt gewordene Sterbeurkunde aus dem Staatsarchiv Hamburg, dass der am 9.3.1893 geborene, inzwischen verwitwete Handelsvertreter M. am 13.1.1974 in Hamburg verstorben ist.

Lutz Vogel
23.2.2012
9.3.2021 (Ergänzung)

Empfohlene Zitierweise:
Lutz Vogel, Artikel: Karl Martin,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/9679 [Zugriff 23.12.2024].