Adolf Lange
Durch den Beruf des Vaters kam L. schon früh mit Fragen der Mechanik in Berührung. Nach der Trennung der Eltern wurde dem 14-Jährigen eine Lehre bei dem bedeutenden Hofuhrmachermeister
Johann Friedrich Gutkaes vermittelt. Nebenbei besuchte L. die Polytechnische Schule in Dresden und erlernte die französische Sprache. Nach Beendigung der Lehre ging L. nach Paris, das neben London damals eine Hochburg der Uhrmacherkunst darstellte. Dort fand er Arbeit in der berühmten Werkstatt von
Joseph Thaddäus Winnerl. Hier zeigte sich schon bald seine besondere Begabung, sodass ihm Winnerl bereits nach einem Jahr die Stelle eines Werkführers anbot. Nach drei Jahren kehrte L. über die Schweiz nach Dresden zurück. 1842 heiratete er eine Tochter seines Lehrherrn Gutkaes und wurde dessen Teilhaber. L. fertigte nach eigenen Entwürfen u.a. Pendeluhren und Chronometer an. Dies führte bald zu einem Aufschwung des Geschäfts und machte L. weit über Sachsen hinaus bekannt. 1843 kam ein Schüler des berühmten Uhrmachers
Abraham-Louis Perrelet zu L. nach Dresden, um bei ihm seine Ausbildung abzuschließen. Eine neue Schaffensperiode begann, als sich der sächsische Staat um einen wirtschaftlichen Aufschwung des Erzgebirges bemühte. L. regte 1844 die Niederlassung der Uhrenfertigung an und schloss dazu einen Vertrag mit dem Ministerium des Innern. Als Standort wählte er Glashütte, das sich zu einer weltweit bekannten Uhrmacherstadt entwickeln sollte. Es entstand eine Vielzahl selbstständiger kleiner Zuliefererbetriebe mit Hunderten von Arbeitsplätzen. Seine besonderen Verdienste um Glashütte brachten L. zudem das Bürgermeisteramt ein, das er 1848 bis 1866 ausübte. – In der Uhrenfertigung ging L. völlig neue Wege und führte ein neues Maßsystem ein. Maßeinheit war der Millimeter, der jedes berechnete Verhältnis im kleinsten Maßstab auszuführen ermöglichte. Auf dieser Basis entwickelte L. u.a. den Fühlhebelapparat, das Zehntelmaß und den runden Mikrometer, wodurch die Messung von Zehnteln und Hundertsteln ermöglicht wurde. Auch führte er speziell angefertigte Fräsen zum Beschneiden der Zahlformen ein und ersetzte als fundamentale Neuerung den bisherigen Drehbogen durch Schwungräder, wodurch feinste Teile gedreht werden konnten. Seine Erfindungen und Entwicklungen wurden schnell in Sachsen und darüber hinaus nachgeahmt, ohne dass L. selbst daraus Nutzen ziehen konnte, da er keine Patente anmeldete. – L.s Ziel war es, eine präzise Uhr ohne die bisher übliche Nachregulierung auf den Markt zu bringen. 1848 kam Moritz Großmann zu L. nach Glashütte. Gemeinsam arbeiteten sie an wichtigen Verbesserungen der Messwerkzeuge und Uhren. Aufsehen erregte L. in seinen letzten Lebensjahren mit einer Pendeluhr an seinem Geschäft in Glashütte, die mit einem Pendel von über 2 ½ Zentnern Gewicht nur einen Antrieb von 30 Gramm benötigte. 1868 wurde Sohn
Richard Teilhaber und 1875 folgte auch Sohn
Emil. Die Manufaktur trug nun den Namen A. Lange & Söhne. – In der Zeit seines Bürgermeisteramts sorgte L. für Verbesserungen im städtischen Leben. Auf diese Weise entstanden neue Brücken und Straßen. Darüber hinaus unterstützte er gemeinnützige Aufgaben der Stadt und versuchte soziale Härten zu mildern. Aus eigenen Einkünften stockte er das geringe Gehalt des Stadtkämmerers auf. 1869 bis 1875 war er Abgeordneter des Sächsischen Landtags und setzte sich auch hier für die Verbesserung des Verkehrs durch Landstraße und Eisenbahn im Müglitztal ein. Ein Denkmal und eine Stiftung für in Not geratene Uhrmacherfamilien halten das Gedächtnis an den großen Uhrmacher und Wohltäter der Stadt lebendig.
Literatur H. Wehrmann, Glashütte und seine Industrie, in: Bunte Bilder aus dem Sachsenlande, Bd. 2, Leipzig 1901, S. 118-126 (P); M. Huber, Die Uhren von Lange & Söhne Glashütte/Sachsen, München 31979, S. 7-13 (P); R. Forberger, Die Industrielle Revolution in Sachsen 1800-1861, Bd. 2: 1831-1861, Leipzig 1999-2003, Bd. 2/1, S. 525, 535; W. Lange, Die Legende ist wieder Uhr geworden. Katalog, Glashütte 2001, S. 8-18 (P). – ADB 17, S. 621f.; DBA I, II, III; DBE 6, S. 230; NDB 13, S. 552; E. Döscher/W. Schröder, Sächsische Parlamentarier 1869-1918, Düsseldorf 2001, S. 272 (Bildquelle), 415f.
Ursula Forberger †
15.8.2005
Empfohlene Zitierweise:
Ursula Forberger †, Artikel: Adolf Lange,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2620 [Zugriff 23.11.2024].
Adolf Lange
Literatur H. Wehrmann, Glashütte und seine Industrie, in: Bunte Bilder aus dem Sachsenlande, Bd. 2, Leipzig 1901, S. 118-126 (P); M. Huber, Die Uhren von Lange & Söhne Glashütte/Sachsen, München 31979, S. 7-13 (P); R. Forberger, Die Industrielle Revolution in Sachsen 1800-1861, Bd. 2: 1831-1861, Leipzig 1999-2003, Bd. 2/1, S. 525, 535; W. Lange, Die Legende ist wieder Uhr geworden. Katalog, Glashütte 2001, S. 8-18 (P). – ADB 17, S. 621f.; DBA I, II, III; DBE 6, S. 230; NDB 13, S. 552; E. Döscher/W. Schröder, Sächsische Parlamentarier 1869-1918, Düsseldorf 2001, S. 272 (Bildquelle), 415f.
Ursula Forberger †
15.8.2005
Empfohlene Zitierweise:
Ursula Forberger †, Artikel: Adolf Lange,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/2620 [Zugriff 23.11.2024].