Moritz Großmann

G. wuchs mit vier Geschwistern in bescheidenen Verhältnissen auf. Wegen ausgezeichneter Schulleistungen erhielt der 14-Jährige ein Stipendium zum Besuch der Polytechnischen Schule in Dresden und begann nach erfolgreichem Abschluss 1842 eine Uhrmacherlehre bei Gottfried Friedrich Kumme senior. Schon damals beschäftigte er sich mit theoretischen Fragen der Uhrmacherei, erlernte die englische und französische Sprache und hielt bereits in der Lehrzeit Fachvorträge. Zu dieser Zeit kam er auch in Kontakt mit dem Uhrmacher Adolf Lange. Nach Beendigung der Lehre ging er 1847 nach Hamburg und Altona und arbeitete hier in den Werkstätten von Friedrich August Jansen und Moritz Krille, einem Chronometer- und Präzisionspendeluhrmacher. Mit dem Ausbruch des Schleswig-Holsteinischen Kriegs trat G. im März 1848 als Jäger einem bayerischen Freikorps bei und wurde mehrfach verwundet. Im August 1848 kehrte er nach Dresden zurück und ging zu Lange nach Glashütte. Die erfolgreiche Zusammenarbeit wurde 1849 durch die Einberufung G.s zur Armee unterbrochen. Nach der Entlassung ging G. in die Schweiz und arbeitete dort als „Visiteur“ in La-Chaux-de-Fonds. Nach einem erneuten Militärdienst hielt er sich 1852 ein Jahr in London auf und kehrte nach Zwischenstationen in Dänemark, Schweden und Norwegen 1854 nach Glashütte zurück. Hier gründete er 1855 einen eigenen Betrieb. Die von ihm hergestellten Uhren trugen den Namenszug „System Lange“. Gemeinsam mit Lange arbeitete er an technischen Verbesserungen der Taschenuhr und der Messwerkzeuge. Maßgeblich beteiligt war G. an der Entwicklung der Glashütter Sekundenpendeluhr. Besondere Verdienste erwarb er sich in der Herstellung von Messwerkzeugen zum Uhrenbau, für einen „Sekundenzähler“ erhielt er ein Reichspatent. – G. trat mit zahlreichen Publikationen hervor, v.a. mit theoretischen Schriften und Fachübersetzungen. Bei einem vom British Horological Institute in London ausgeschriebenen Wettbewerb erhielt er für seine in englischer Sprache verfasste Schrift „Der freie Ankergang für Uhren. Praktische und theoretische Abhandlung“ (1866) den ersten Preis. Für einige Jahre war G. Herausgeber des „Notiz-Kalenders für Uhrmacher“, später „Deutscher Uhrmacher-Kalender“. Herauszuheben ist v.a. sein Engagement für die Gründung der Deutschen Uhrmacherschule 1878 in Glashütte, wodurch die Uhrmacherausbildung in Deutschland unabhängig von der Schweiz wurde. G. selbst übernahm ehrenamtlich einen Teil des Unterrichts. – Daneben widmete sich G. Aufgaben im öffentlichen Leben. 1858 veranlasste er die Gründung einer freiwilligen Turnerfeuerwehr in Glashütte, der er als Kommandant und Schriftführer bis zu seinem Tod vorstand. 1859 war er Mitbegründer des Glashütter Militärvereins und engagierte sich 1865 maßgeblich für den Eisenbahnbau im Müglitztal. Um 1875 wurde er als Abgeordneter in den Sächsischen Landtag gewählt. Eine Stiftung für bedürftige Schüler und eine Gedenktafel in der Eingangshalle der ehemaligen Uhrmacherschule erinnern bis heute an ihn.

Werke Der freie Ankergang für Uhren, Glashütte 1866; Konstruktion einer einfachen aber mechanisch vollkommenen Uhr, Glashütte 1869; Das Regulieren der Uhren, Glashütte 1880; C. Saunier, Lehrbuch der Uhrmacherei in Theorie und Praxis, 3 Bde., Glashütte 1878 (Übersetzung aus dem Französischen); (Hg.), Notiz-Kalender für Uhrmacher, Naumburg 1878-1885 (später: Deutscher Uhrmacher-Kalender); Taschenwörterbuch für Uhrmacher, Bautzen 1880; Horological Pocket-Dictionary, Glashütte/Bautzen 1880; Vocabulaire de poche pour l’horologer, Glashütte/Bautzen 1880.

Literatur H. Wehrmann, Glashütte und seine Industrie, in: Bunte Bilder aus dem Sachsenlande, Bd. 2, Leipzig 1901, S. 118-126 (Bildquelle); M. Huber, Die Uhren von Lange & Söhne Glashütte/Sachsen, München 31979, S. 27-35 (P); R. Forberger, Die Industrielle Revolution in Sachsen 1800-1861, Bd. 2: 1831-1861, Leipzig 1999-2003, Bd. 2/1, S. 525, 535; H. Dittrich u.a., Erinnerungen an diesen großen Horologen anläßlich seines 175. Geburtstages, in: Klassik Uhren 6/2001, S. 10-77 (P). – DBA II, III; DBE 4, S. 198; NDB 7, S.159f.; K. Schulte, Lexikon der Uhrmacherkunst, Bautzen 1902 (ND München 1978).

Ursula Forberger †
15.8.2005


Empfohlene Zitierweise:
Ursula Forberger †, Artikel: Moritz Großmann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1835 [Zugriff 22.11.2024].

Moritz Großmann



Werke Der freie Ankergang für Uhren, Glashütte 1866; Konstruktion einer einfachen aber mechanisch vollkommenen Uhr, Glashütte 1869; Das Regulieren der Uhren, Glashütte 1880; C. Saunier, Lehrbuch der Uhrmacherei in Theorie und Praxis, 3 Bde., Glashütte 1878 (Übersetzung aus dem Französischen); (Hg.), Notiz-Kalender für Uhrmacher, Naumburg 1878-1885 (später: Deutscher Uhrmacher-Kalender); Taschenwörterbuch für Uhrmacher, Bautzen 1880; Horological Pocket-Dictionary, Glashütte/Bautzen 1880; Vocabulaire de poche pour l’horologer, Glashütte/Bautzen 1880.

Literatur H. Wehrmann, Glashütte und seine Industrie, in: Bunte Bilder aus dem Sachsenlande, Bd. 2, Leipzig 1901, S. 118-126 (Bildquelle); M. Huber, Die Uhren von Lange & Söhne Glashütte/Sachsen, München 31979, S. 27-35 (P); R. Forberger, Die Industrielle Revolution in Sachsen 1800-1861, Bd. 2: 1831-1861, Leipzig 1999-2003, Bd. 2/1, S. 525, 535; H. Dittrich u.a., Erinnerungen an diesen großen Horologen anläßlich seines 175. Geburtstages, in: Klassik Uhren 6/2001, S. 10-77 (P). – DBA II, III; DBE 4, S. 198; NDB 7, S.159f.; K. Schulte, Lexikon der Uhrmacherkunst, Bautzen 1902 (ND München 1978).

Ursula Forberger †
15.8.2005


Empfohlene Zitierweise:
Ursula Forberger †, Artikel: Moritz Großmann,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1835 [Zugriff 22.11.2024].