Hans Domizlaff

D. arbeitete in Leipzig als Bühnenbildner und Kunstmaler, bevor er sich als Werbefachmann einen Namen machte. Er gilt als „Vater der Werbung“ in Deutschland und war einer der Ersten, die sich mit dem Erscheinungsbild eines Unternehmens in der Öffentlichkeit beschäftigten. D. ist Begründer der sog. Markentechnik („Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens – ein Lehrbuch der Markentechnik“). Er befasste sich – teils basierend auf Gustave Le Bons „Psychologie der Massen“ – intensiv mit Käuferpsychologie und -vertrauen und versuchte so „ins Gehirn der Masse zu kriechen“. – D. besuchte ab 1906 das Realgymnasium (Petrischule) in Leipzig. Zu seinen dortigen Lehrern zählte der Leipziger Illustrator und Zeichenpädagoge Fedor Flinzer. Sein Abitur machte D. am Gymnasium in Eilenburg. 1908 kam er – auf Vermittlung seines Vaters – mit dem Maler und Bildhauer Max Klinger in Kontakt und beteiligte sich in der Folge an der Leipziger Jahresausstellung. Ab 1912 studierte D. in Paris und unternahm Reisen u.a. nach Spanien. In diesen Jahren begegnete er den Künstlern Pablo Picasso und Amedeo Modigliani; weitere Kontakte – so ist es seiner zweibändigen Biografie „Nachdenkliche Wanderschaft“ zu entnehmen – bestanden z.B. zu dem Dirigenten Wilhelm Furtwängler, dem Boxer Max Schmeling, dem Schriftsteller Franz Werfel und dem Zentrums-Politiker Heinrich Brüning. Nach Beginn des Ersten Weltkriegs begann D. ein Studium an der Universität Leipzig, ohne es jedoch abzuschließen. 1915 entwarf er das Bühnenbild zu einer Inszenierung von Georg Büchners „Woyzeck“. 1916 zog D. als Kriegsfreiwilliger in den Ersten Weltkrieg. Nach dem Krieg richtete er sich in Leipzig ein Atelier im Thomaskirchof ein, wo neben Gemälden und Radierungen auch gebrauchsgrafische Arbeiten entstanden. Ab 1919 arbeitete er als künstlerischer Berater für die Leipziger Druckerei und Verpackungsfirma Wezel & Naumann. 1921 begegnete D. den Erfurter Zigarettenfabrikanten Philipp F. und Heinrich F. Reemtsma, für deren Unternehmen er anschließend tätig wurde (Entwicklung der Marken „R 6“ und „Ernte 23“). Er war sehr erfolgreich, erreichte eine Teilhaberschaft am Unternehmen und konnte – wirtschaftlich unabhängig – bereits in jungen Jahren seinen Interessen, wie z.B. dem Segeln, nachgehen. Ab 1934 war D. für den Siemenskonzern tätig, dessen Werbeleitung er 1938 übernahm. Des Weiteren wirkte er als Produktgestalter (Radiogeräte, Staubsauger, Telefonapparate) und betreute nach dem Zweiten Weltkrieg verschiedene Labels der „Deutschen Grammophon Gesellschaft“. Während der Herrschaft der Nationalsozialisten richtete er eine Sternwarte in der Lüneburger Heide ein und wurde dort Vorsitzender des Vereins Naturschutzpark e.V. 1954 gründete er in Hamburg das „Institut für Markentechnik“, das bis zu seinem Tod 1971 bestand. – D., der sich gleichermaßen als Berater von Wirtschaft und Staat berufen fühlte, äußerte sich auch politisch. Fest verwurzelt im Deutschen Kaiserreich, wird er in Armin Mohlers Werk über die „Konservative Revolution“ der Weimarer Republik aufgrund seiner Schriften den Jungkonservativen zugerechnet. Mit einer demokratischen Ordnung konnte sich D. – auch nach dem Zweiten Weltkrieg – nicht identifizieren, vielmehr hatte er einen Unternehmerstaat vor Augen („Es geht um Deutschland. Massenpsychologische Stichworte für eine sozialpolitische Reform“). In seiner als Privatdruck herausgegebenen Publikation „Die Seele des Staates. Ein Regelbuch der Elite“ (1957), durch die er sich „endgültig ins demokratische Abseits stellte“ (D. Schindelbeck), vertrat D. eindeutig rassistische Ansichten und schrieb von einer „unzweifelhaft edleren, höher gezüchteten und kulturtragenden weißen Rasse“ und von „entfesselten primitiven Negern“.

Quellen Hans D. Archiv, Frankfurt/Main; Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, Kiel; Schiller-Nationalmuseum und Deutsches Literaturarchiv, Marbach/Neckar, Handschriftenabteilung.

Werke Propagandamittel der Staatsidee, Hamburg 1931 (überarbeitete Fassung 1932); Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens – Lehrbuch der Markentechnik, 2 Bde., Hamburg 1939-1941; Nachdenkliche Wanderschaft, 2 Bde., Hamburg 1950 (gekürzter ND Zürich 1992); Brevier für Könige. Massenpsychologisches Praktikum, Hamburg 1950; Es geht um Deutschland. Massenpsychologische Stichworte für eine sozialpolitische Reform, Hamburg 1952; Die Seele des Staates. Ein Regelbuch der Elite, Hamburg 1957 (Privatdruck); P. Sumerauer-Bodensohn, Bibliographie Hans D., Frankfurt/Main 1995.

Literatur P. W. Meyer (Hg.), Begegnungen mit Hans D. Festschrift zu seinem 75. Geburtstag, Essen 1967 (Bildquelle, WV); K. Watrin, Hans D., der Urahn der Werbe- und Verkaufspsychologie, in: Kölnische Rundschau, 23./24.05.1992 (P); P. Sumerauer-Bodensohn, Hans D., in: Horizont 42/1992, S. 73-80 (P, WV); A. Mohler, Die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932, Darmstadt 41994, S. 440f.; D. Schindelbeck, Stilgedanken zur Macht, in: D. Schindelbeck u.a., „Ins Gehirn der Masse kriechen!“. Werbung und Mentalitätsgeschichte, Darmstadt 1995, S. 45-73; P. Sumerauer-Bodensohn/C. Zotta, Mühlrad, Schulbank und Carrière. Geschichte und Familien-Überlieferungen der Domizlaff aus Pommern und Preußen, Tübingen 2003. – DBA II, III; DBE 2, S. 591; W. Kosch, Deutsches Literatur-Lexikon, Bd. 3, Bern u.a. 31963, Sp. 441-442 (WV); Wer ist wer?, 16. Ausgabe, Bd. 1, Berlin 1970, S. 218 (WV); Saur Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 28, München u.a. 2000, S. 455.

Fedor Bochow
11.6.2004


Empfohlene Zitierweise:
Fedor Bochow, Artikel: Hans Domizlaff,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18362 [Zugriff 15.5.2024].

Hans Domizlaff



Quellen Hans D. Archiv, Frankfurt/Main; Schleswig-Holsteinische Landesbibliothek, Kiel; Schiller-Nationalmuseum und Deutsches Literaturarchiv, Marbach/Neckar, Handschriftenabteilung.

Werke Propagandamittel der Staatsidee, Hamburg 1931 (überarbeitete Fassung 1932); Die Gewinnung des öffentlichen Vertrauens – Lehrbuch der Markentechnik, 2 Bde., Hamburg 1939-1941; Nachdenkliche Wanderschaft, 2 Bde., Hamburg 1950 (gekürzter ND Zürich 1992); Brevier für Könige. Massenpsychologisches Praktikum, Hamburg 1950; Es geht um Deutschland. Massenpsychologische Stichworte für eine sozialpolitische Reform, Hamburg 1952; Die Seele des Staates. Ein Regelbuch der Elite, Hamburg 1957 (Privatdruck); P. Sumerauer-Bodensohn, Bibliographie Hans D., Frankfurt/Main 1995.

Literatur P. W. Meyer (Hg.), Begegnungen mit Hans D. Festschrift zu seinem 75. Geburtstag, Essen 1967 (Bildquelle, WV); K. Watrin, Hans D., der Urahn der Werbe- und Verkaufspsychologie, in: Kölnische Rundschau, 23./24.05.1992 (P); P. Sumerauer-Bodensohn, Hans D., in: Horizont 42/1992, S. 73-80 (P, WV); A. Mohler, Die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932, Darmstadt 41994, S. 440f.; D. Schindelbeck, Stilgedanken zur Macht, in: D. Schindelbeck u.a., „Ins Gehirn der Masse kriechen!“. Werbung und Mentalitätsgeschichte, Darmstadt 1995, S. 45-73; P. Sumerauer-Bodensohn/C. Zotta, Mühlrad, Schulbank und Carrière. Geschichte und Familien-Überlieferungen der Domizlaff aus Pommern und Preußen, Tübingen 2003. – DBA II, III; DBE 2, S. 591; W. Kosch, Deutsches Literatur-Lexikon, Bd. 3, Bern u.a. 31963, Sp. 441-442 (WV); Wer ist wer?, 16. Ausgabe, Bd. 1, Berlin 1970, S. 218 (WV); Saur Allgemeines Künstlerlexikon, Bd. 28, München u.a. 2000, S. 455.

Fedor Bochow
11.6.2004


Empfohlene Zitierweise:
Fedor Bochow, Artikel: Hans Domizlaff,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18362 [Zugriff 15.5.2024].