Pauline Ulrich

U. wirkte 1859 bis 1914 als Schauspielerin am Königlichen Hoftheater Dresden. Sie war für die damalige Zeit eine moderne Frau und Schauspielerin, die ungeschönt und realistisch Theater spielte. Als Anhängerin des Realisten Bogumil Dawison entzog sie sich des Wohlwollens des Idealisten Emil Devrient, beides ebenfalls Schauspieler am Dresdner Hoftheater. – Ursprünglich sollte U. den Lehrerinnen- bzw. Erzieherinnenberuf (Gouvernante) erlernen, wurde aber gegen den Wunsch ihrer Eltern Schauspielerin. Ausgebildet wurde sie von der bekannten Tragödin Auguste Crelinger in Berlin. Ihre ersten Bühnenerfahrungen sammelte sie ab 1854 in den Berliner Liebhabertheatern Concordia und Urania sowie mit kleineren Rollen im Königlichen Schauspielhaus Berlin. 1856 erhielt U. ihr erstes Engagement in Stettin (poln. Szczecin). Im gleichen Jahr wurde sie an das Königliche Hoftheater in Hannover berufen, wo sie zwei Jahre im Rollenfach der jugendlichen Liebhaberinnen spielte. Sie fühlte sich hierin aber nicht wohl, sondern es drängte sie zum Hochdramatischen, der Verkörperung klassischer Frauengestalten. Diese waren mit der Schauspielerin Marie Seebach besetzt, was U.s Weiterkommen in Hannover hemmte und eine Kontraktverlängerung nicht in Frage kommen ließ. – Auf Empfehlung der Berliner Schauspielerin Minona Frieb-Blumauer gastierte U. 1858 erfolgreich in Dresden. Am 20.5.1859 hatte sie ihr Debut als Donna Diana in dem gleichnamigen Lustspiel des spanischen Dichters Augustín Moreto. Ihre Lehrer in Dresden waren Dawison, Franziska Sontag sowie deren Sohn Carl Sontag. Auch in Dresden spielte U. - als Nachfolgerin von Marie Bayer-Bürck - zuerst die jugendlichen Liebhaberinnen (u.a. Luise Millerin in „Kabale und Liebe“, Julia Capulet in „ Romeo und Julia“, Emilia Galotti im gleichnamigen Stück). Später wechselte U. in das Heroinnenfach ( Sappho, Iphigenie) bzw. in das Anstands- oder Mutterfach (u.a. Lady Milford in „Kabale und Liebe“, Gräfin Orsina in „Emilia Galotti“, Maria oder Elisabeth in „Maria Stuart“). – Besonders außerhalb Dresdens genoss U. hohes Ansehen. Während ihrer Zeit am Königlichen Dresdner Hoftheater spielte sie zahlreiche Gastrollen, u.a. in der Schweiz, in Prag, Meiningen, Leipzig und Berlin. Zudem gab sie in München Sondervorstellungen für König Ludwig II. von Bayern. – Zu ihrem 25-jährigen Bühnenjubiläum im Mai 1884 spielte U. erneut die Donna Diana, ihre Antrittsrolle am Dresdner Hoftheater 1859. Zugleich erhielt sie einen Vertrag auf Lebenszeit. 1909, zu ihrem goldenen Bühnenjubiläum in Dresden, ernannte der sächsische König Friedrich August III. U. zur Professorin der Schauspielkunst. Eine Ehrung, die bis zu diesem Zeitpunkt noch keiner Frau zuteilgeworden war. Friedrich August III. bat U. an ihren Feierlichkeiten zu sich, um ihr persönlich zu gratulieren und seine Bewunderung für ihre Kunst auszudrücken. Wiederholt hatte U. zu festlichen Anlässen des Königshauses Prologe vorgetragen. – In Anbetracht des beginnenden Ersten Weltkriegs und der dadurch schwierigeren Zeiten für das Theater sowie aufgrund ihres Alters wurde U. 1914 um ihre Versetzung in den Ruhestand gebeten. Insgesamt war sie 55 Jahre Schauspielerin am Königlichen Hoftheater Dresden. – Am 25.5.1916 starb U. an Altersschwäche in ihrem Haus in Dresden-Loschwitz, der sog. Villa Paula (Körnerweg 12). – In der Ahnengalerie des Dresdner Schauspielhauses ist noch heute ihr 1907 von Georg Meckes gemaltes Bildnis ausgestellt. 1926 wurde in Dresden-Loschwitz die Schweizerstraße in Ulrichstraße umbenannt. – U. erhielt zahlreiche Auszeichnungen, u.a. die goldene Medaille „Virtuti et ingenio“ - die nur sehr selten verliehene, höchste sächsische Ordensauszeichnung für Kunst und Wissenschaft -, die bayerische Ludwigsmedaille für Wissenschaft und Kunst, das sachsen-meiningische Verdienstkreuz für Kunst und Wissenschaft, die Goldene Medaille des sächsischen Albrechtsordens und die sächsische Carola-Medaille.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10711 Ministerium des Königlichen Hauses, Organisation und Dienstbetrieb des Dresdener Königlichen Hoftheaters; Familiennachlass Ulrich, Genf (Schweiz), Hamburg, Kanada; Frauenstadtarchiv Dresden, Bibliografie Pauline U.

Literatur Tage-Buch der Königlich Sächsischen Hoftheater 68/1885, S. 69-71, 83/1900, S. 80-86, 89/1906, S. 85, 93/1910, S. 82-93, 99/1916, S. 84-87, 100/1917, S. 116-121; A. Bernhardt (Hg.), Aus dem Dresdner Hoftheater. Biographische Skizzen, Dresden 1882, S. 43-47; A. Kohut, Das Dresdner Hoftheater in der Gegenwart, Dresden/Leipzig 1888, S. 70-91; E. Lewinger, Die „Ahnengalerie“ im Staatlichen Schauspielhaus zu Dresden, Dresden 1933, S. 49-52; E. Ulischberger, Schauspiel in Dresden. Ein Stück Theatergeschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart in Wort und Bild, Berlin 1989. – DBA I, II, III; DBE 10, S. 147; Loschwitz. Illustrierte Ortsgeschichte 1315-2015, hrsg. vom Ortsverein Loschwitz-Wachwitz e.V., Dresden 22016, S. 893-895 (P).

Porträt Pauline U., H. Hanfstaengl, vor 1885, Fotografie (Carte-de-visite), Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle) [CC BY-SA 4.0, This work is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 Unported License].

Kerstin Arnold
14.3.2017


Empfohlene Zitierweise:
Kerstin Arnold, Artikel: Pauline Ulrich,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3969 [Zugriff 14.5.2024].

Pauline Ulrich



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 10711 Ministerium des Königlichen Hauses, Organisation und Dienstbetrieb des Dresdener Königlichen Hoftheaters; Familiennachlass Ulrich, Genf (Schweiz), Hamburg, Kanada; Frauenstadtarchiv Dresden, Bibliografie Pauline U.

Literatur Tage-Buch der Königlich Sächsischen Hoftheater 68/1885, S. 69-71, 83/1900, S. 80-86, 89/1906, S. 85, 93/1910, S. 82-93, 99/1916, S. 84-87, 100/1917, S. 116-121; A. Bernhardt (Hg.), Aus dem Dresdner Hoftheater. Biographische Skizzen, Dresden 1882, S. 43-47; A. Kohut, Das Dresdner Hoftheater in der Gegenwart, Dresden/Leipzig 1888, S. 70-91; E. Lewinger, Die „Ahnengalerie“ im Staatlichen Schauspielhaus zu Dresden, Dresden 1933, S. 49-52; E. Ulischberger, Schauspiel in Dresden. Ein Stück Theatergeschichte von den Anfängen bis in die Gegenwart in Wort und Bild, Berlin 1989. – DBA I, II, III; DBE 10, S. 147; Loschwitz. Illustrierte Ortsgeschichte 1315-2015, hrsg. vom Ortsverein Loschwitz-Wachwitz e.V., Dresden 22016, S. 893-895 (P).

Porträt Pauline U., H. Hanfstaengl, vor 1885, Fotografie (Carte-de-visite), Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle) [CC BY-SA 4.0, This work is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 Unported License].

Kerstin Arnold
14.3.2017


Empfohlene Zitierweise:
Kerstin Arnold, Artikel: Pauline Ulrich,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3969 [Zugriff 14.5.2024].