Emil Devrient
D. war zu seinen Lebzeiten der weitaus bekannteste männliche Vertreter der Familie Devrient, der u.a. die Schauspieler Eduard (D.s Bruder) und
Ludwig (D.s Onkel) sowie die Opernsängerin Wilhelmine Schröder-Devrient (D.s Schwägerin) angehörten. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts gehörte er zu den berühmtesten Darstellern im gesamten deutschsprachigen Raum und war auch darüber hinaus bekannt. Seine Gastspieltätigkeit führte ihn an die meisten deutschen Theater sowie nach Wien, Budapest, Petersburg, Riga, London und Amsterdam. – D. sollte zunächst die chemische Fabrik seines Onkels
Emmanuel in Zwickau übernehmen. Doch Ende 1821 debütierte er auf Vermittlung seines Bruders Carl, der bereits als Schauspieler tätig war, am Theater in Braunschweig. Bald wechselte er nach Bremen, bis er 1823 in das Ensemble des Stadttheaters Leipzig unter der Leitung Karl Theodor von Küstners eintrat. Dort lernte er seine künftige Frau kennen, die Schauspielerin
Doris Boehler. In Leipzig übernahm er das Fach des jugendlichen Liebhabers und Helden, ragte dort allerdings noch nicht aus dem Ensemble heraus. 1828 musste Küstner das Leipziger Theater schließen und ein Großteil des Ensembles wandte sich zunächst nach Magdeburg. Von dort aus ging D. mit seiner Frau 1829 nach Hamburg. – Seit 1831 waren D. und seine Ehefrau Doris am Königlich Sächsischen Hoftheater in Dresden engagiert, wo er schon 1823 in der Rolle als Kaspar im „Freischütz“ unter der Leitung Carl Maria von Webers gastiert hatte. Seine Ehe scheiterte Ende der 1830er-Jahre, die Scheidung erfolgte 1842. – Im Fach des jugendlichen Helden avancierte D. zum berühmtesten Mitglied des Dresdner Ensembles. Seine bedeutendsten Rollen waren u.a. Marquis Posa in Friedrich von Schillers „Don Carlos“, Egmont und Torquato Tasso in
Johann Wolfgang von Goethes gleichnamigen Dramen sowie der Hamlet
William Shakespeares. Zeitgenossen wie Heinrich Laube charakterisierten D. in seinem Schauspielstil als Epigonen der Weimarer Schule. Seine dem klassischen Ideal verpflichtete Spielweise wurde als vorbildlich angesehen. – 1856, nach 25-jähriger Mitgliedschaft im Dresdner Ensemble, nahm D. offiziell Abschied von der Bühne, blieb aber Dresden auch weiterhin als Ehrenmitglied des Hoftheaters verbunden. Die Gastspielreisen, die ihn schon während seines Engagements außerhalb der Saison an zahlreiche Theater im gesamten deutschsprachigen Raum geführt hatten, nahmen nun noch weiter zu. Dennoch trat er gelegentlich auch in Dresden auf. – Bis zum Ende seiner Bühnenkarriere spielte D. weiterhin das Fach des jugendlichen Helden. Der Versuch, in das Charakterfach zu wechseln, scheiterte. Hierin zeigten sich auch die Grenzen seiner Begabung: D.s Spiel erstarrte zunehmend in einem klassizistisch-idealisierenden Stil. Am 1.5.1868 gab er in Dresden seine Abschiedsvorstellung als Tasso und zog sich von der Bühne zurück.
Literatur E. A. Spies, Nekrolog Emil D., in: Deutscher Bühnen-Almanach 37/1872, S. 111-127; Emil D., in: Tage-Buch der Königlich-Sächsischen Hoftheater 56/1872, S. 86-94; R. Prölß, Geschichte des Hoftheaters zu Dresden, Dresden 1878; H. H. Houben, Emil D. Sein Leben, sein Wirken, sein Nachlaß, Frankfurt/Main 1903; H. Laube, Die Devrients, in: ders., Theaterkritiken und dramaturgische Aufsätze, Bd. 2, Berlin 1906, S. 410-417; J. Bab, Die Devrients, Berlin 1932 (P). – ADB 5, S. 98f.; DBA I, III; DBE 2, S. 508; L. Eisenberg, Großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im 19. Jahrhundert, Leipzig 1903, S. 190f.; W. Kosch, Deutsches Theater-Lexikon, Bd. 1, Klagenfurt/Wien 1953, S. 320; F. J. v. Reden-Esbeck, Deutsches Bühnen-Lexikon, Eichstätt/Stuttgart 1879.
Porträt Emil D., H. Hanfstaengel, um 1860, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Corinna Kirschstein
7.1.2010
Empfohlene Zitierweise:
Corinna Kirschstein, Artikel: Emil Devrient,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1139 [Zugriff 21.11.2024].
Emil Devrient
Literatur E. A. Spies, Nekrolog Emil D., in: Deutscher Bühnen-Almanach 37/1872, S. 111-127; Emil D., in: Tage-Buch der Königlich-Sächsischen Hoftheater 56/1872, S. 86-94; R. Prölß, Geschichte des Hoftheaters zu Dresden, Dresden 1878; H. H. Houben, Emil D. Sein Leben, sein Wirken, sein Nachlaß, Frankfurt/Main 1903; H. Laube, Die Devrients, in: ders., Theaterkritiken und dramaturgische Aufsätze, Bd. 2, Berlin 1906, S. 410-417; J. Bab, Die Devrients, Berlin 1932 (P). – ADB 5, S. 98f.; DBA I, III; DBE 2, S. 508; L. Eisenberg, Großes biographisches Lexikon der deutschen Bühne im 19. Jahrhundert, Leipzig 1903, S. 190f.; W. Kosch, Deutsches Theater-Lexikon, Bd. 1, Klagenfurt/Wien 1953, S. 320; F. J. v. Reden-Esbeck, Deutsches Bühnen-Lexikon, Eichstätt/Stuttgart 1879.
Porträt Emil D., H. Hanfstaengel, um 1860, Fotografie, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Corinna Kirschstein
7.1.2010
Empfohlene Zitierweise:
Corinna Kirschstein, Artikel: Emil Devrient,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1139 [Zugriff 21.11.2024].