Peter von Dresden
Welche Person sich hinter P., dem in den Quellen überlieferten Rektor der Kreuzschule, verbirgt, ist nicht eindeutig geklärt. Ende des 14./Anfang des 15. Jahrhunderts tauchte der Name P. von Dresden an mehreren Orten auf und war offensichtlich mit unterschiedlichen Personen verbunden. In der tschechischen Forschung dominiert die Auffassung, dass P. in Prag studierte und an der Karlsuniversität
Nikolaus (von Dresden) kennen lernte, der neben ihm 1412 an der Dresdner Schule in Prag eine große Rolle spielte. Dieser
Peter Kerszner trägt allerdings die Herkunftsbezeichnung de Drozna, einem Ort im Bistum Lebus (poln. Ośno Lubuskie). – Zwei Belege verbinden P. mit dem Namen Gerticz und diese Person mit dem Rektorat an der Kreuzschule.
Martin Grabmann (1918) und unabhängig von diesem
František M. Bartoš (1946) wiesen auf Einträge in einer Wiener und einer Erfurter Handschrift des „Parvulus philosophiae naturalis“ hin, die einen Petrus Gerticz, „quondam rector scolarum in Dresde“, als Verfasser angeben. Im ältesten Dresdner Stadtbuch wird 1407 ein Meister (Magister) Petrus Gerticz genannt, der „den armen leuten vor unser frauen tor“ ein Haus erbauen ließ. Demnach war P. bereits vor seiner Ernennung zum Rektor der Kreuzschule mit Dresden verbunden. Wo er geboren wurde, wo er studierte, seine Graduierungen an der Artistenfakultät bis zum Magister erwarb, blieb bisher unbekannt. – Als 1406 die Stelle des Rektors an der Kreuzschule vakant und nur provisorisch vergeben war, bewarb sich offenbar Petrus Gerticz und erhielt die Schulleitung noch vor 1409. In diesem Jahr löste das Kuttenberger Dekret eine Sezession deutscher Doktoren und Magister von Prag an die neu gegründete Universität Leipzig aus. Wenige deutsche Studenten schlossen sich dem an, andere, unter ihnen Johannes Drändorf, gingen an die Kreuzschule nach Dresden. An dieser entstand durch P. und den 1408 hinzugekommenen Friedrich Eppinge (Friedrich von Dresden) ein durch den scholastischen Realismus geprägtes Gegenstück zum konservativen, nominalistischen Lehrbetrieb an der Universität Leipzig. Drändorf sagte 1425 vor dem Inquisitionsgericht aus, dass ihm in Dresden ein antirömischer Kirchenbegriff vermittelt worden sei. Ein Dekret des Meißner Bischofs vom 18.11.1411 verbot bei Androhung von Kirchenstrafen die Behandlung der Bibel und des Kirchenrechts an Partikularschulen des Bistums, was v.a. auf die Dresdner Kreuzschule zielte. P., seine Kollegen und seine Schüler gingen, Verfolgungen befürchtend, Ende 1411 nach Zittau, das zum Bistum Prag gehörte. Sie schieden aus Dresden ohne Konflikt mit dem Rat, denn P.s Nachfolger würdigte in einer 1412 erlassenen Schulordnung seinen Vorgänger. Im Sommer 1412 wanderte die Gruppe mit P. weiter nach Prag, wo ihnen die Karlsuniversität am Graben in der Neustadt das Haus zur Schwarzen Rose zur Verfügung stellte. Hier entstand unter P.s Leitung die Dresdner Schule. Zu Beginn der Hussitenbewegung 1419 hatte sie ihren Höhepunkt überschritten. P. nahm nicht den Laienkelch und schloss sich nicht der hussitischen Kirche an, im Gegensatz zu vielen seiner Schüler wie u.a. Drändorf und Nikolaus von Dresden, die wichtigste Person an dieser Schule zwischen 1412 und 1416. Welche Beziehungen P. zu Dresden hatte oder ob er wegen seiner Zugehörigkeit zur Dresdner Schule so genannt wurde, ist ungeklärt. Von ihm ist mindestens ein scholastischer Traktat überliefert, der nach 1500 zweimal gedruckt wurde.
Quellen M. Grabmann, Die philosophia pauperum, in: Beiträge zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters 20/1918, T. 2, S. 29-33; F. M. Bartŏs, Nove špisy Petra a Mikuláše z Draždan, in: Reformační Sbornik 8/1946, S. 66ff.; E. Boer (Hg.), Das älteste Dresdener Stadtbuch 1404-1436, Dresden 1961; H. Heimpel (Hg.), Drei Inquisitionsverfahren aus dem Jahre 1425, Göttingen 1969, S. 69, 75, 158f.; J. Třiška, Životopisny Slovnik předhusitské Pražske univerzity, Praha 1981, S. 446.
Literatur H. Kaminsky, Master Nicholas of Dresden, the old color and the new, Philadelphia 1965, S. 5-28; R. Cegna, La scuola della rosa nera e Nichola detto da Dresde (1380?-1417?), in: Medievalia Philosophia Polonorum 30/1990, S. 5-112; S. Hoyer, P. von Dresden und die Anfänge der Hussitenbewegung, in: Dresdner Hefte 65/2001, S.62-70; F. Šmahel, Die Hussitische Revolution, Bd. 1, Hannover 2002, S. 568f. – ADB 25, S. 474f.; DBA III.
Siegfried Hoyer
26.8.2005
Empfohlene Zitierweise:
Siegfried Hoyer, Artikel: Peter von Dresden,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3122 [Zugriff 2.11.2024].
Peter von Dresden
Quellen M. Grabmann, Die philosophia pauperum, in: Beiträge zur Geschichte der Philosophie des Mittelalters 20/1918, T. 2, S. 29-33; F. M. Bartŏs, Nove špisy Petra a Mikuláše z Draždan, in: Reformační Sbornik 8/1946, S. 66ff.; E. Boer (Hg.), Das älteste Dresdener Stadtbuch 1404-1436, Dresden 1961; H. Heimpel (Hg.), Drei Inquisitionsverfahren aus dem Jahre 1425, Göttingen 1969, S. 69, 75, 158f.; J. Třiška, Životopisny Slovnik předhusitské Pražske univerzity, Praha 1981, S. 446.
Literatur H. Kaminsky, Master Nicholas of Dresden, the old color and the new, Philadelphia 1965, S. 5-28; R. Cegna, La scuola della rosa nera e Nichola detto da Dresde (1380?-1417?), in: Medievalia Philosophia Polonorum 30/1990, S. 5-112; S. Hoyer, P. von Dresden und die Anfänge der Hussitenbewegung, in: Dresdner Hefte 65/2001, S.62-70; F. Šmahel, Die Hussitische Revolution, Bd. 1, Hannover 2002, S. 568f. – ADB 25, S. 474f.; DBA III.
Siegfried Hoyer
26.8.2005
Empfohlene Zitierweise:
Siegfried Hoyer, Artikel: Peter von Dresden,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3122 [Zugriff 2.11.2024].