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Johann Georg I. von Mansfeld-Eisleben

J. begründete 1563 in der verhängnisvollen Teilung des bislang von den Söhnen Ernsts II. gemeinschaftlich regierten vorderortischen Teils der Grafschaft Mansfeld die Eislebener Linie. Mit der Sequestration des überschuldeten Vorderorts seit 1570 durch die beiden wichtigsten Lehnsherren Kursachsen und Magdeburg verlor J. seine landesherrlichen Regierungsrechte und sah sich fortan auf sein bescheidenes Unterhaltsdeputat verwiesen. Der in kursächsischen Diensten stehende J. akzeptierte seine faktische Mediatisierung, während v.a. sein Bruder Peter Ernst I. gegen dieses Verfahren vor dem Reichskammergericht klagte. – Nach dem Tod seines älteren Bruders Philipp I. (II.) von Mansfeld-Vorderort (1546) übte J. als Vormund seiner jüngeren Brüder großen Einfluss in der Grafschaft aus. Der durch den drohenden Konkurs des Mittelorts ausgelöste Konflikt der beiden Brüder Gebhard VII. und Albrecht IV. (VII.), dem Schwiegervater J.s, stürzte trotz der Intervention Martin Luthers die gräfliche Herrschaft zu Beginn der 1540er-Jahre in eine tiefe Krise. Im Gefolge des Kaisers bzw. des albertinischen Herzogs Moritz von Sachsen profitierten J. und seine vorderortischen Brüder zusammen mit Gebhard VII. von der Niederlage des Schmalkaldischen Bunds 1547, indem sie die hinterortische Herrschaft des geächteten Albrecht IV. zeitweilig in Besitz nahmen. Erst 1555 kam eine endgültige, durch zwei Eheschließungen besiegelte Aussöhnung der verfeindeten Vorderorter und Hinterorter Linie des Mansfelder Grafenhauses zustande. – In den späteren konfessionellen Auseinandersetzungen in der Grafschaft Mansfeld lehnte J., den die innerprotestantischen Glaubensstreitigkeiten sehr beschäftigten, die von dem Eislebener Prediger und Mansfelder Chronisten Cyriacus Spangenberg verbreitete flacianische Erbsündenlehre ab. – Nachdem J. bereits 1539 als herzoglicher Rat hervorgetreten war, fungierte er 1542 mit seinem Bruder Philipp kurzzeitig als Statthalter von Moritz von Sachsen. Auf dem Augsburger Reichstag 1548 gehörte er zu den Vertretern Herzog Augusts bei der feierlichen Belehnung seines Dienstherrn Moritz mit der sächsischen Kurwürde. 1552 Landkomtur der Deutschordensballei Thüringen, amtierte J. 1552 bis 1554 als Statthalter für den erst 14-jährigen Erzbischof von Magdeburg, Markgraf Sigismund von Brandenburg. Auch danach stand er noch öfter in magdeburgischen Diensten. In Dresden übte J. ebenfalls zeitweilig das Amt eines Statthalters und Rats Kurfürst Augusts von Sachsen aus. – Der bedeutende mansfeldische Kanzler Georg Lauterbeck widmete J. als Familienvater 1550 seine „Anweisung zur Kinderzucht“.

Quellen W. Möllenberg, Urkundenbuch zur Geschichte des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrhundert, Halle/Saale 1915; F. Roth, Restlose Auswertungen von Leichenpredigten, Bd. 2, Boppard/Rhein 1961; J. Herrmann/G. Wartenberg (Hg.), Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen, Bd. 3, Berlin 1978; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Finanzarchiv.

Literatur J. G. Zeidler, Acht hundert jähriger an einander hangender Stammbaum Des Uralten Hochlöblichen Helden=Hauses Der Graffen und Herren zu Mannsfeld ..., Halle 1703; C. G. Hoffmann, Die Ehre des Fürst= und Gräflichen Hauses Von Mannsfeld …, Leipzig 1717; E. C. Francke, Historie der Graffschaft Manßfeld …, Leipzig 1723; J. J. Moser, Teutsches Staatsrecht, Teil 23, 24, Leipzig 1746 (ND Osnabrück 1968); L. F. Niemann, Geschichte der Grafen von Mansfeld, Aschersleben 1834; G. F. Busch, Chronik der Grafschaft Mansfeld, Leimbach 1849; K. Krumhaar, Die Grafen von Mansfeld und ihre Besitzungen, Eisleben 1872; H. Größler, Graf Albrecht IV., in Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde 18/1885, S. 365-400; W. Mück, Der Mansfelder Kupferschieferbergbau in seiner rechtsgeschichtlichen Entwicklung, 2 Bde., Eisleben 1910; E. Hempel, Die Stellung der Grafen von Mansfeld zum Reich und zum Landesfürstentum, Halle/Saale 1917; A. Sames, Luthers Beziehungen zu den Mansfelder Grafen, in: H. Junghans (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546, 2 Bde., Göttingen 1983, S. 591-600, 935-938; M. Philipp, Das „Regentenbuch“ des Mansfelder Kanzlers Georg Lauterbeck, Augsburg 1996; G. Wartenberg, Mansfeld, in: A. Schindling/W. Ziegler (Hg.), Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung, Bd. 6, Münster 1996, S. 78-91; R. Seidel, Die Grafen von Mansfeld, Egelsbach/Frankfurt/Main/Washington 1998; J. Vötsch, Zwischen Reichsfreiheit und Landsässigkeit, in: J. Rogge/U. Schirmer (Hg.), Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 bis 1600), Stuttgart 2003, S. 163-178. – J. H. Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 19, Halle/Leipzig 1739, Sp. 1075, Online-Ausgabe: www.zedler-lexikon.de.

Jochen Vötsch
5.2.2005


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Johann Georg I. von Mansfeld-Eisleben,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23574 [Zugriff 19.5.2024].

Johann Georg I. von Mansfeld-Eisleben



Quellen W. Möllenberg, Urkundenbuch zur Geschichte des Mansfeldischen Saigerhandels im 16. Jahrhundert, Halle/Saale 1915; F. Roth, Restlose Auswertungen von Leichenpredigten, Bd. 2, Boppard/Rhein 1961; J. Herrmann/G. Wartenberg (Hg.), Politische Korrespondenz des Herzogs und Kurfürsten Moritz von Sachsen, Bd. 3, Berlin 1978; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Finanzarchiv.

Literatur J. G. Zeidler, Acht hundert jähriger an einander hangender Stammbaum Des Uralten Hochlöblichen Helden=Hauses Der Graffen und Herren zu Mannsfeld ..., Halle 1703; C. G. Hoffmann, Die Ehre des Fürst= und Gräflichen Hauses Von Mannsfeld …, Leipzig 1717; E. C. Francke, Historie der Graffschaft Manßfeld …, Leipzig 1723; J. J. Moser, Teutsches Staatsrecht, Teil 23, 24, Leipzig 1746 (ND Osnabrück 1968); L. F. Niemann, Geschichte der Grafen von Mansfeld, Aschersleben 1834; G. F. Busch, Chronik der Grafschaft Mansfeld, Leimbach 1849; K. Krumhaar, Die Grafen von Mansfeld und ihre Besitzungen, Eisleben 1872; H. Größler, Graf Albrecht IV., in Zeitschrift des Harz-Vereins für Geschichte und Altertumskunde 18/1885, S. 365-400; W. Mück, Der Mansfelder Kupferschieferbergbau in seiner rechtsgeschichtlichen Entwicklung, 2 Bde., Eisleben 1910; E. Hempel, Die Stellung der Grafen von Mansfeld zum Reich und zum Landesfürstentum, Halle/Saale 1917; A. Sames, Luthers Beziehungen zu den Mansfelder Grafen, in: H. Junghans (Hg.), Leben und Werk Martin Luthers von 1526 bis 1546, 2 Bde., Göttingen 1983, S. 591-600, 935-938; M. Philipp, Das „Regentenbuch“ des Mansfelder Kanzlers Georg Lauterbeck, Augsburg 1996; G. Wartenberg, Mansfeld, in: A. Schindling/W. Ziegler (Hg.), Die Territorien des Reichs im Zeitalter der Reformation und Konfessionalisierung, Bd. 6, Münster 1996, S. 78-91; R. Seidel, Die Grafen von Mansfeld, Egelsbach/Frankfurt/Main/Washington 1998; J. Vötsch, Zwischen Reichsfreiheit und Landsässigkeit, in: J. Rogge/U. Schirmer (Hg.), Hochadelige Herrschaft im mitteldeutschen Raum (1200 bis 1600), Stuttgart 2003, S. 163-178. – J. H. Zedler, Grosses vollständiges Universal-Lexicon aller Wissenschaften und Künste, Bd. 19, Halle/Leipzig 1739, Sp. 1075, Online-Ausgabe: www.zedler-lexikon.de.

Jochen Vötsch
5.2.2005


Empfohlene Zitierweise:
Jochen Vötsch, Artikel: Johann Georg I. von Mansfeld-Eisleben,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23574 [Zugriff 19.5.2024].