Adam Friedrich von Glafey

G. verlebte eine wechselvolle Kindheit. 1698 übersiedelte die Familie vorübergehend nach Magdeburg. 1700 bis 1703 diente G.s Vater in der kursächsischen Armee. Der Sohn begleitete ihn 1702 während des Nordischen Kriegs nach Polen. Erst seit diesem Jahr erhielt G. nach der Aufnahme in das Gymnasium in Gotha eine kontinuierliche Schulbildung. 1710 bis 1712 studierte er an der Universität Jena Rechtswissenschaft, belegte aber auch philosophische und historische Lehrveranstaltungen, u.a. bei dem namhaften Historiker Burkhard Gotthelf Struve. Anschließend hielt er bis 1715 selbst Vorlesungen an der dortigen Universität. Danach war G. in Leipzig als Erzieher der beiden Söhne des merseburgischen Hofmarschalls und späteren kursächsischen Kammerherrn Otto Wilhelm von Tümpling tätig und begleitete diese zu ihren Studien an die Universität Tübingen und auf Reisen ins Oberrheingebiet. Seit 1717 hielt G. an der Leipziger Universität philosophische und historische Vorlesungen und wurde 1718 an der Universität Halle/Saale zum Doktor der Rechte promoviert. Seit 1724 verfasste G. - der sich der Protektion adliger Gönner, u.a. des Gouverneurs von Leipzig General Graf Seckendorff erfreute - Denkschriften und Gutachten für den kursächsischen, aber auch für ausländische Höfe (insbesondere den sardinischen). Den Höhepunkt seiner Karriere erreichte G. 1725 mit der Ernennung zum kurfürstlich sächsischen und königlich polnischen Hof- und Justizrat sowie Geheimen Archivar. In der Nachfolge Michael Heinrich Griebners wurde er mit der Leitung des 1702 gegründeten kursächsischen Geheimen Archivs in Dresden betraut. – Nach dem Tod seines zweiten Schwiegervaters gelangte er in den Besitz zweier Rittergüter (Stötteritz bei Leipzig und Laue bei Delitzsch). Inzwischen zum kaiserlichen Rat ernannt, erhob ihn Kaiser Franz I. 1748 in den erblichen Reichsadelsstand. – Als Autor war G. sehr produktiv. Im Mittelpunkt seines Interesses standen Fragen der Rechtsphilosophie, des Naturrechts und der noch jungen Disziplin des Völkerrechts, wobei er sich frühaufklärerischem Gedankengut verpflichtet fühlte. Seine „Grundsätze der bürgerlichen Rechtsgelehrsamkeit“ erregten aufgrund der darin vertretenen aufklärerischen Ansichten (Recht auf Vernunft) allerdings heftigen Widerspruch der Leipziger Juristenfakultät und Anstoß bei der Zensurbehörde. Die wichtigste historische Arbeit G.s stellt der „Kern der Geschichte des Hohen Chur- und Fürstlichen Hauses zu Sachsen“ (1721) dar. Das mehrfach aufgelegte Werk war bis Mitte des 18. Jahrhunderts die bekannteste Gesamtdarstellung der Geschichte Sachsens. In Form eines Kompendiums angelegt, fußt es auf Christian Stieffs 1714 in Frankfurt/Main und Leipzig erschienener „Einleitung zur Historie des Fürstenthums Sachsen“. Die Darstellung G.s beinhaltet eine größere Zahl Urkunden, hebt sich aber deutlich von älteren barocken Werken ab. So begnügte sich G. nicht mit einer akribischen mit Urkunden belegten Faktensammlung, sondern strebte eine sorgfältige Auswahl des Materials und richtige Schlussfolgerungen daraus an. Ein von ihm verfasster „Kurzer Begriff der Geschichte des Chur- und Fürstlichen Hauses zu Sachsen“, der für die Unterrichtung des Kurprinzen gedacht war, blieb ungedruckt und befindet sich neben anderen Werkmanuskripten G.s im Besitz der Sächsischen Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden.

Werke Grundsätze der bürgerlichen Rechtsgelehrsamkeit, Leipzig 1720; Kern der Geschichte des Hohen Chur- und Fürstlichen Hauses zu Sachsen, Frankfurt/Main/Leipzig 1721; Historische Betrachtungen der im H. Röm. Reich gebräuchlichsten Titel, Leipzig 1722; Historia Germaniae polemica oder Kern der Teutschen Reichs-Geschichte, Frankfurt/Main/Leipzig 1722; Vernunfft und Völckerrecht, Frankfurt/Main/Leipzig 1723; Pragmatische Geschichte der Cron Böhmen, Leipzig 1729; Recht der Vernunft, Frankfurt/Main/Leipzig 1732; Vollständige Geschichte des Rechts der Vernunfft nebst einer Bibliotheca juris naturae et gentium, Leipzig 1739; Völcker-Recht, Nürnberg 1752; Dresdner gelehrte Anzeigen 1756, Sp. 233-236, 251-254 (WV).

Literatur K. Wensche/R. Groß/M. Kobuch, Archivgeschichte und Genealogie, in: R. Groß/M. Kobuch (Hg.), Beiträge zur Archivwissenschaft und Geschichtsforschung, Weimar 1977, S. 145-167; A. Kobuch, Aspekte des aufgeklärten bürgerlichen Denkens in Kursachsen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Lichte der Bücherzensur, in: Jahrbuch für Geschichte 19/1979, S. 286-292; W. Schamschula, Adam Friedrich G.s „Pragmatische Geschichte der Cron Böhmen“, in: F. Seibt (Hg.), Die böhmischen Länder zwischen Ost und West, München/Wien 1983, S. 126-131; W. Mahlberg, Dr. jur. Adam Friedrich von G., in: Reichenbacher Kalender 1988, S. 66-69. – ADB 9, S. 205; DBA I, III; DBE 4, S. 20; C. G. Joecher, Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 2, Leipzig 1787, S. 205.

Porträt J. G. Krügner, Kupferstich; M. Bernigeroth, Kupferstich, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle); Sigismund, um 1727, Miniaturgemälde, Stadtmuseum Dresden.

Reinhardt Eigenwill
11.8.2006


Empfohlene Zitierweise:
Reinhardt Eigenwill, Artikel: Adam Friedrich von Glafey,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1718 [Zugriff 2.11.2024].

Adam Friedrich von Glafey



Werke Grundsätze der bürgerlichen Rechtsgelehrsamkeit, Leipzig 1720; Kern der Geschichte des Hohen Chur- und Fürstlichen Hauses zu Sachsen, Frankfurt/Main/Leipzig 1721; Historische Betrachtungen der im H. Röm. Reich gebräuchlichsten Titel, Leipzig 1722; Historia Germaniae polemica oder Kern der Teutschen Reichs-Geschichte, Frankfurt/Main/Leipzig 1722; Vernunfft und Völckerrecht, Frankfurt/Main/Leipzig 1723; Pragmatische Geschichte der Cron Böhmen, Leipzig 1729; Recht der Vernunft, Frankfurt/Main/Leipzig 1732; Vollständige Geschichte des Rechts der Vernunfft nebst einer Bibliotheca juris naturae et gentium, Leipzig 1739; Völcker-Recht, Nürnberg 1752; Dresdner gelehrte Anzeigen 1756, Sp. 233-236, 251-254 (WV).

Literatur K. Wensche/R. Groß/M. Kobuch, Archivgeschichte und Genealogie, in: R. Groß/M. Kobuch (Hg.), Beiträge zur Archivwissenschaft und Geschichtsforschung, Weimar 1977, S. 145-167; A. Kobuch, Aspekte des aufgeklärten bürgerlichen Denkens in Kursachsen in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Lichte der Bücherzensur, in: Jahrbuch für Geschichte 19/1979, S. 286-292; W. Schamschula, Adam Friedrich G.s „Pragmatische Geschichte der Cron Böhmen“, in: F. Seibt (Hg.), Die böhmischen Länder zwischen Ost und West, München/Wien 1983, S. 126-131; W. Mahlberg, Dr. jur. Adam Friedrich von G., in: Reichenbacher Kalender 1988, S. 66-69. – ADB 9, S. 205; DBA I, III; DBE 4, S. 20; C. G. Joecher, Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 2, Leipzig 1787, S. 205.

Porträt J. G. Krügner, Kupferstich; M. Bernigeroth, Kupferstich, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Kupferstich-Kabinett, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle); Sigismund, um 1727, Miniaturgemälde, Stadtmuseum Dresden.

Reinhardt Eigenwill
11.8.2006


Empfohlene Zitierweise:
Reinhardt Eigenwill, Artikel: Adam Friedrich von Glafey,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1718 [Zugriff 2.11.2024].