Wolfgang Uhle

Während die literarische Figur des U. als „Pestpfarrer von Annaberg“ in der volkstümlichen Überlieferung des Erzgebirges einen zentralen Platz einnimmt, ist seine tatsächliche Biografie nur fragmentarisch fassbar. – U. wurde mit hoher Wahrscheinlichkeit zwischen 1510 und 1512 in der schönburgischen Bergstadt Elterlein geboren und war später als Bürger von Wolkenstein nachweisbar. Offenbar unter dem Eindruck der Reformation studierte er in Leipzig Theologie, wurde 1542 in Wittenberg ordiniert und trat anschließend sein erstes geistliches Amt als Diakon in Neustädtel bei Schneeberg an. Nach kurzer Dienstzeit wechselte er in Nachfolge des am 22.12.1543 ermordeten Johann Lemmermann als Pfarrer nach Lauterbach bei Marienberg. Nach eigener Angabe U.s folgte eine nicht belegbare zweijährige Dienstzeit in Stollberg, 1555 bekleidete er das Pfarramt in Oberlungwitz und 1558 schließlich in Clausnitz. Dort kam von seiner Hand am 10.7.1563 der Dorfrichter Georg Bieber zu Tode. Das Motiv der Tat und die Tatumstände sind anhand der Quellen nicht rekonstruierbar. Nach einer Überlieferung des 18. Jahrhunderts entzog sich U. zunächst der Strafverfolgung durch Flucht nach Böhmen, suchte aber später bei Kurfürst August um freies Geleit zu einem ordentlichen Prozess an. U.s darauffolgende Verpflichtung zum Pestgeistlichen (Pestilentiales) in Annaberg wird allgemein als Sühneleistung interpretiert. Tatsächlich muss U.s 65-wöchiger Einsatz, den er von Oktober 1566 bis April 1568 in der schwer von der Pest heimgesuchten Bergstadt gesundheitlich unversehrt überstand, als Mittel zu seiner vollständigen Rehabilitation angesehen werden. Noch 1568 erhielt er das Pfarramt in Breitenbrunn, wo er 25 Jahre wirkte und 1594 während eines Gottesdiensts starb. – Dem Leben U.s hat erstmals Gertrud Busch 1939 ein literarisches Denkmal gesetzt. Ihr Roman „Der Pestpfarrer von Annaberg“ ist bisher in 19 Auflagen erschienen und hat weitere Autoren zur Bearbeitung des historischen Stoffs angeregt.

Quellen Stadtarchiv Annaberg, Kirchenrechnungen.

Literatur K.-H. Pollmer, „Das Halsgericht ... zu dreien Malen ...“. Wolfgang U., der Pestpfarrer von Annaberg/Dichtung und Wahrheit, in: Erzgebirgische Heimatblätter 2/1980, H. 4, S. 93-95; G. Weidhas, Wolfgang U.: Zeugnisse und Mutmaßungen, Leipzig 2000; S. Schmidt-Brücken, Neues vom Annaberger Pestpfarrer Wolfgang U., in: Erzgebirgische Heimatblätter 30/2008, H. 2, S. 24-26.

Michael Wetzel
4.6.2018


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Wolfgang Uhle,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18816 [Zugriff 21.11.2024].

Wolfgang Uhle



Quellen Stadtarchiv Annaberg, Kirchenrechnungen.

Literatur K.-H. Pollmer, „Das Halsgericht ... zu dreien Malen ...“. Wolfgang U., der Pestpfarrer von Annaberg/Dichtung und Wahrheit, in: Erzgebirgische Heimatblätter 2/1980, H. 4, S. 93-95; G. Weidhas, Wolfgang U.: Zeugnisse und Mutmaßungen, Leipzig 2000; S. Schmidt-Brücken, Neues vom Annaberger Pestpfarrer Wolfgang U., in: Erzgebirgische Heimatblätter 30/2008, H. 2, S. 24-26.

Michael Wetzel
4.6.2018


Empfohlene Zitierweise:
Michael Wetzel, Artikel: Wolfgang Uhle,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18816 [Zugriff 21.11.2024].