Wilhelm von Polenz
P. besuchte das Vitzthumsche Gymnasium in Dresden, das er 1882 mit dem Abitur verließ. 1882/83 absolvierte er den einjährigen Militärdienst bei den Gardereitern in Dresden. Anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Breslau (poln. Wrocław), Berlin und Leipzig und wurde Referendar an einem Gericht in Dresden. Nach freiwilligem Ausscheiden aus dem Staatsdienst studierte er Geschichte in Berlin und Freiburg/Breisgau und begann seine schriftstellerische Tätigkeit. – P. lebte als Rittergutsbesitzer auf seinem Gut in Lauba (sorb. Lubow) bei Lawalde, das er 1891 übernommen hatte und 1894 gegen das Stammschloss der Familie in Obercunewalde mit seinen Eltern tauschte. Den Winter verlebte er meist in Berlin. Er reiste viel, z.B. 1882 nach Italien und Frankreich, 1884 nach Paris oder 1885 zusammen mit seiner Schwester
Hertha nach Ungarn. Diese Reise bildete die Grundlage seines Romans „Sühne“ (1890), und in Zeitungs- und Zeitschriftenaufsätzen berichtete er über seine Aufenthalte in Paris und England. Seine Amerikareise von 1902 verarbeitete er in dem Erlebnisbericht „Das Land der Zukunft“ (1903). – Im Zentrum seines literarischen Schaffens stehen sozial- und kulturkritische Romane aus dem Bauern- und Adelsleben. Der dreibändige Roman „Der Pfarrer von Breitendorf“ (1893) schildert die allmähliche Lösung eines Predigers von Kirche und Beruf. Als Autor beweist P. einen Blick für gesellschaftliche Grundkonflikte, die er psychologisch einfühlsam gestaltet. Sein Haupt- und Meisterwerk, der Roman „Der Büttnerbauer“ (1895), zeichnet sich durch lebendige Personencharakteristik aus und schildert den wirtschaftlichen und menschlichen Niedergang eines Bauernlebens. Originalsprache und eindringliche Figurengestaltung sind dabei entscheidende Stilmittel. Der Roman ist zugleich ein großartiges Lebens- und Sittengemälde der Region der Oberlausitz und Niederschlesiens, das auf eigenen Anschauungen P.s beruht. – Seine Meisterschaft im genauen Beobachten ländlicher Lebensverhältnisse brachte P. begeisterte Zustimmung von Schriftstellern wie
Theodor Fontane und
Leo Tolstoi ein - der den Roman „Der Büttnerbauer“ in russischer Übersetzung herausgab. Allgemein fand der Band breite Rezeption in Russland, so soll
Wladimir Iljitsch Lenin ihn zu seinen Lieblingsbüchern gezählt haben. – P. veröffentlichte zudem zahlreiche Artikel in sozialdemokratischen Blättern, in denen er eine linksliberale Gesinnung bekundete sowie für die Solidarisierung der Entrechteten und den Anschluss an die Arbeiterbewegung eintrat. Er sympathisierte auch mit der sozialethischen Bewegung des preußischen Offiziers und Moralphilosophen Moritz von Egidy, der gegen die dogmatische Verengung der evangelischen Kirche kämpfte. In örtlichen Ehrenämtern engagierte sich P. zudem sozialpolitisch. – P. starb bereits im Alter von 42 Jahren. Wertvolle Teile seines literarischen Schaffens gingen im Zuge der Enteignung der Familie und dem Abriss des Schlosses Obercunewalde (1949) im Rahmen der Bodenreform verloren. Ihm zu Ehren wurde 1909 ein Gedenkstein im Gutspark Obercunewalde (heute Polenzpark) errichtet und am 3.12.1990 die Schule in Cunewalde nach ihm benannt. Außerdem existiert ein Polenz-Denkmal in Bautzen, wofür der Bildhauer
Arnold Kramer ein Reliefmedaillon schuf, sowie seit 15.8.1992 ein Polenz-Museum auf dem Cunewalder Gänseberg.
Werke Schriften: Sühne, Dresden/Leipzig1890, Berlin 31910; Der Pfarrer von Breitendorf, 3 Bde., Berlin 1893, 91920 (ND Bremen 2011); Der Büttnerbauer, Berlin 1895 (ND Bremen 2011); Der Grabenhäger, 2 Bde., Berlin 1898, Stuttgart 171924; Wald, Berlin 1899 (ND Niedersedlitz 1943); Thekla Lüdekind. Die Geschichte eines Herzens, 2 Bde., Berlin 1900, Stuttgart 111922; Luginsland. Dorfgeschichten, Berlin 1901, 41905 (ND Bautzen 1993); Liebe ist ewig, Berlin 1901, 51919 (ND Bremen 2011); Wurzellocker, 2 Bde., Berlin 1902, 31909 (ND Bremen 2011); Das Land der Zukunft, Berlin 1903, 71917; Erntezeit. Nachgelassene Gedichte, Berlin 1904; Theaterstücke: Heinrich v. Kleist, Dresden/Leipzig 1891; Preußische Männer, Berlin 1891; Andreas Bockholdt, Dresden 1898; Junker und Fröhner, Berlin 1901; A. Bartels (Hg.), Gesammelte Werke von Wilhelm von P., 10 Bde., Berlin 1909; P. von Polenz, Studentensprache im Duellzwang. Nach einem wiederaufgetauchten Manuscripte von Wilhelm v. P. (1885), in: A. Burkhardt/D. Cherubim (Hg.), Sprache im Leben der Zeit. Beiträge zur Theorie, Analyse und Kritik der deutschen Sprache in Vergangenheit und Gegenwart, Tübingen 2001, S. 33-43.
Literatur H. Ilgenstein, Wilhelm von P. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte der Gegenwart, Berlin 1904; M. Schian, Wilhelm von P., ein Oberlausitzer Dichter, in: Neues Lausitzisches Magazin 81/1905, S. 201-221; M. Krell, Wilhelm von P., Leipzig 1910; H. Krause, Wilhelm von P. als Erzähler, Diss. München 1937 [Ms.]; M. Salyámosy, Wilhelm von P. Prosawerke eines Naturalisten, Budapest 1985. – DBA I, II, III; DBE 8, S. 24; NDB 20, S. 598; A. Soergel, Dichtung und Dichter der Zeit. Eine Schilderung der deutschen Literatur der letzten Jahrzehnte, Leipzig 1911, S. 276-284; Gothaisches Genealogisches Taschenbuch, Gotha 1942; M. Altner, Sächsische Lebensbilder, Radebeul 2001, S. 71-73 (P).
Porträt Wilhelm v. P., um 1900, Stich, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Manfred Altner
6.10.2009
Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Wilhelm von Polenz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3182 [Zugriff 2.11.2024].
Wilhelm von Polenz
Werke Schriften: Sühne, Dresden/Leipzig1890, Berlin 31910; Der Pfarrer von Breitendorf, 3 Bde., Berlin 1893, 91920 (ND Bremen 2011); Der Büttnerbauer, Berlin 1895 (ND Bremen 2011); Der Grabenhäger, 2 Bde., Berlin 1898, Stuttgart 171924; Wald, Berlin 1899 (ND Niedersedlitz 1943); Thekla Lüdekind. Die Geschichte eines Herzens, 2 Bde., Berlin 1900, Stuttgart 111922; Luginsland. Dorfgeschichten, Berlin 1901, 41905 (ND Bautzen 1993); Liebe ist ewig, Berlin 1901, 51919 (ND Bremen 2011); Wurzellocker, 2 Bde., Berlin 1902, 31909 (ND Bremen 2011); Das Land der Zukunft, Berlin 1903, 71917; Erntezeit. Nachgelassene Gedichte, Berlin 1904; Theaterstücke: Heinrich v. Kleist, Dresden/Leipzig 1891; Preußische Männer, Berlin 1891; Andreas Bockholdt, Dresden 1898; Junker und Fröhner, Berlin 1901; A. Bartels (Hg.), Gesammelte Werke von Wilhelm von P., 10 Bde., Berlin 1909; P. von Polenz, Studentensprache im Duellzwang. Nach einem wiederaufgetauchten Manuscripte von Wilhelm v. P. (1885), in: A. Burkhardt/D. Cherubim (Hg.), Sprache im Leben der Zeit. Beiträge zur Theorie, Analyse und Kritik der deutschen Sprache in Vergangenheit und Gegenwart, Tübingen 2001, S. 33-43.
Literatur H. Ilgenstein, Wilhelm von P. Ein Beitrag zur Literaturgeschichte der Gegenwart, Berlin 1904; M. Schian, Wilhelm von P., ein Oberlausitzer Dichter, in: Neues Lausitzisches Magazin 81/1905, S. 201-221; M. Krell, Wilhelm von P., Leipzig 1910; H. Krause, Wilhelm von P. als Erzähler, Diss. München 1937 [Ms.]; M. Salyámosy, Wilhelm von P. Prosawerke eines Naturalisten, Budapest 1985. – DBA I, II, III; DBE 8, S. 24; NDB 20, S. 598; A. Soergel, Dichtung und Dichter der Zeit. Eine Schilderung der deutschen Literatur der letzten Jahrzehnte, Leipzig 1911, S. 276-284; Gothaisches Genealogisches Taschenbuch, Gotha 1942; M. Altner, Sächsische Lebensbilder, Radebeul 2001, S. 71-73 (P).
Porträt Wilhelm v. P., um 1900, Stich, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).
Manfred Altner
6.10.2009
Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Wilhelm von Polenz,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3182 [Zugriff 2.11.2024].