Walter Müller

Als Spezialist auf dem Gebiet der antiken griechischen Skulptur arbeitete M. drei Jahrzehnte als Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter, Kustos und 1934 bis 1945 als Direktor an der Skulpturensammlung in Dresden. – Seine Schulzeit hatte M. am Humanistischen Gymnasium in Bremen absolviert, wo er 1896 sein Reifezeugnis erhielt. Anschließend begann er an der Universität in Freiburg/Breisgau Archäologie, Kunstgeschichte und Philologie zu studieren. Nach einjähriger Unterbrechung für den Militärdienst setzte er das Studium 1899 an den Universitäten in München und Leipzig fort. 1905 wurde er bei Franz Studniczka in Leipzig mit einer Arbeit über „Nacktheit und Entblößung in der altorientalischen und älteren griechischen Kunst“ promoviert. In den folgenden Jahren unternahm M. Studienreisen nach Italien, Griechenland, Kleinasien und Ägypten, beteiligte sich an Ausgrabungen und arbeitete an den Archäologischen Instituten in Rom und Athen. Nach einem Aufenthalt in Berlin war er ab Oktober 1911 als Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an der prähistorischen Abteilung der Archäologischen Reichsanstalt in Frankfurt/Main tätig. Im Juli 1913 wechselte M. als Wissenschaftlicher Hilfsarbeiter an die Skulpturensammlung in Dresden. Nach dem Militärdienst im Ersten Weltkrieg kehrte er dorthin zurück. 1920 erfolgte seine Beförderung zum Kustos, vierzehn Jahre später, nach dem Tod von Sammlungsdirektor Bruno Schröder, folgte er diesem im Amt. Um dieser Aufgabe gerecht zu werden, ließ sich M. von den Lehrverpflichtungen an der Technischen Hochschule in Dresden entbinden, die er 1927 mit der Verleihung des Professorentitels übernommen hatte. Konsequent setzte er die von seinem Vorgänger begonnene Neuaufstellung der Skulpturensammlung fort und integrierte dort auch die von ihm geschätzte modernere Plastik sowie Werke von Ernst Rietschel. Nur selten kuratierte M. Sonderausstellungen, wohl auch, weil er ab 1938 durch die vorübergehende Übernahme der Verantwortung für andere Sammlungen einer erheblichen Mehrbelastung ausgesetzt war. Die stellvertretende Leitung der Gemäldegalerie, mit der ihn der Leiter des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung, Arthur Göpfert, im April 1938 während der kurzzeitigen „Suspendierung“ von Hans Posse beauftragt hatte, nahm M. allerdings nur formal wahr. Im November 1939 wurde er zum Kommissarischen Leiter des Münzkabinetts ernannt, ein Amt, das er bis 1942 innehatte. Unterdessen war M. seit Kriegsbeginn auch für die Bergungsmaßnahmen der Skulpturensammlung verantwortlich. Im Januar 1941, nach dem Tod von Erich Haenel, übernahm M. die stellvertretende Leitung des Historischen Museums und des Grünen Gewölbes. Fast gleichzeitig wurde gegen M., der nie in die NSDAP eintrat, aber von 1918 bis zu deren Auflösung Mitglied der DNVP gewesen war, ein Verfahren wegen „staatsfeindlicher Gesinnung“ (Unterlassen des „Deutschen Grußes“) eröffnet, das erst im Juli 1942 mit einem Verweis für ihn endete. Da sich infolge der psychischen Belastung durch das Verfahren und der übernommenen Verantwortung für zusätzliche Sammlungen seine Gesundheit rapide verschlechtert hatte, beantragte M. seine Versetzung in den Ruhestand. Diese wurde jedoch infolge des kriegsbedingten Personalmangels abgelehnt. Vielmehr musste M. auch noch den Direktor der Porzellansammlung und des Kunstgewerbemuseums vertreten sowie die Verwaltung des Mathematisch-Physikalischen Salons übernehmen. Damit war M. vorübergehend für sieben der Staatlichen Sammlungen gleichzeitig zuständig. Nachdem er die zusätzlichen Aufgaben sukzessive wieder abgegeben hatte, wähnte er sich im Juli 1944 endlich seiner Pensionierung nahe. Tatsächlich war er zum Zeitpunkt die Bombardierung Dresdens am 13./14.2.1945 noch immer im Dienst. M. verlor damals seine Wohnung und fand Unterkunft bei einem Mitarbeiter. Nun erst wurde er aufgrund seines Gesundheitszustands beurlaubt. M. verließ die Stadt und zog zunächst zu Freunden nach Oberschlema im Erzgebirge, im April 1945 dann zu Verwandten nach Riederau/Ammersee. Im Oktober 1948 kehrte er in seine Geburtsstadt Bremen zurück.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 13859 Reichsstatthalter (Staatskanzlei), Personalamt, Nr. 5861, 11125 Ministerium des Kultus und des öffentlichen Unterrichts, Nr. 23044; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Archiv, 01/SKS 353, 01/SKS 413; Staatsarchiv Bremen, 4.82/1 Einwohnermeldekartei; Stadtarchiv Oldenburg, 34 OL-Hr, Namensregister, Heiratsregister 1899, Nr. 22 (ancestry.de).

Werke Nacktheit und Entblößung in der altorientalischen und älteren griechischen Kunst, Leipzig 1906; Die griechische Kunst. Ein Taschenbuch in 475 Bildern, München 1925; Die Bildhauerei, in: Erich Haenel (Hg.), Der Große Garten. Wege und Ziele der Kunst und Kultur in Dresden, Bd. 2: Hundert Jahre Sächsischer Kunstverein. Jubiläums-Festschrift, Dresden 1928, S. 37-49; Antike Bronzestatuetten im Albertinum, in: Archäologischer Anzeiger 1931, S. 338-360; Die plastischen Bildnisse Winckelmanns, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 55/1940, S. 265-275; Zum Pothos des Skopas, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 58/1943, S. 154-182.

Literatur Karin Müller-Kelwing, Zwischen Kunst, Wissenschaft und Politik. Die Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in Dresden und ihre Mitarbeiter im Nationalsozialismus, Köln/Weimar/Wien 2020, S. 393-395 (P). – DBA II.

Porträt Büste Walter M., Hermann Alfred Raddatz, 1932, Bronze, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum/Skulpturensammlung, Inventar-Nr. ZV 3635, Geschenk von Walter M. 1951, Fotograf: Hans-Peter Klut (Bildquelle).

Karin Müller-Kelwing
3.1.2022


Empfohlene Zitierweise:
Karin Müller-Kelwing, Artikel: Walter Müller,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29193 [Zugriff 22.11.2024].

Walter Müller



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 13859 Reichsstatthalter (Staatskanzlei), Personalamt, Nr. 5861, 11125 Ministerium des Kultus und des öffentlichen Unterrichts, Nr. 23044; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Archiv, 01/SKS 353, 01/SKS 413; Staatsarchiv Bremen, 4.82/1 Einwohnermeldekartei; Stadtarchiv Oldenburg, 34 OL-Hr, Namensregister, Heiratsregister 1899, Nr. 22 (ancestry.de).

Werke Nacktheit und Entblößung in der altorientalischen und älteren griechischen Kunst, Leipzig 1906; Die griechische Kunst. Ein Taschenbuch in 475 Bildern, München 1925; Die Bildhauerei, in: Erich Haenel (Hg.), Der Große Garten. Wege und Ziele der Kunst und Kultur in Dresden, Bd. 2: Hundert Jahre Sächsischer Kunstverein. Jubiläums-Festschrift, Dresden 1928, S. 37-49; Antike Bronzestatuetten im Albertinum, in: Archäologischer Anzeiger 1931, S. 338-360; Die plastischen Bildnisse Winckelmanns, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 55/1940, S. 265-275; Zum Pothos des Skopas, in: Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts 58/1943, S. 154-182.

Literatur Karin Müller-Kelwing, Zwischen Kunst, Wissenschaft und Politik. Die Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft in Dresden und ihre Mitarbeiter im Nationalsozialismus, Köln/Weimar/Wien 2020, S. 393-395 (P). – DBA II.

Porträt Büste Walter M., Hermann Alfred Raddatz, 1932, Bronze, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Albertinum/Skulpturensammlung, Inventar-Nr. ZV 3635, Geschenk von Walter M. 1951, Fotograf: Hans-Peter Klut (Bildquelle).

Karin Müller-Kelwing
3.1.2022


Empfohlene Zitierweise:
Karin Müller-Kelwing, Artikel: Walter Müller,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/29193 [Zugriff 22.11.2024].