Veit Hans Schnorr von Carolsfeld

S. war mit Abstand der vermögendste und einflussreichste Unternehmer des Erzgebirges am Ende des 17. und zu Anfang des 18. Jahrhunderts. Sein ökonomisch erfolgreiches Handeln hatte nicht nur wirtschaftliche und kulturelle Auswirkungen auf die Schneeberger Region, sondern auch Anteil am wirtschaftlichen Wiederaufbau Sachsens nach dem Dreißigjährigen Krieg. – Die Grundlagen für den Aufstieg hatte bereits S.s Vater gelegt, indem er 1635 das erste Blaufarbenwerk Sachsens in Niederpfannenstiel gegründet und 1644 gemeinsam mit einem weiteren Unternehmer das Eisenwerk Auerhammer erworben hatte. Nach der Verschleppung des Vaters nach Russland 1648 übernahm S.s Mutter Rosina die Familiengeschäfte. – S. wurde zunächst in Schneeberg durch einen Hauslehrer erzogen und unterrichtet. 1663 bis 1665 unternahm er ausgedehnte Reisen nach Frankfurt/Main, England und Frankreich. Besonders prägend war allerdings ein Besuch in den Niederlanden. Hier hatte er die Möglichkeit, das moderne Unternehmertum und dessen Innovationen im Handel- und Bankwesen kennenzulernen. Die Niederlande und auch England waren jedoch aus einem weiteren Grund von Interesse, denn die Niederlande waren die Hauptabnehmer der Blaufarben, während die Engländer von den erzgebirgischen Hammerwerken die benötigten Bleche bezogen. Somit konnte sich S. auf seinen Reisen auch über die Märkte für sächsische Waren informieren. – Nach seiner Rückkehr nach Schneeberg erwarb S. von seiner Mutter deren Anteile am Auerhammer und baute diesen in den folgenden Jahren zu einem der größten Hammerwerke im ganzen Erzgebirge aus. 1666 heiratete S. Susanna Röhling, die Tochter des Schwarzenberger Stadtrichters, mit der er 14 Kinder hatte. Ab 1670 lassen sich verschiedene Investitionen S.s in Unternehmen und Ländereien in und um Schneeberg belegen. So kam er u.a. 1671 in den Besitz des Vorwerks auf dem Brünlasberg, wo er später einen Barockgarten anlegen ließ. Nach dem Tod seines älteren Bruders Zacharias übernahm S. auch dessen Anteil am Hammerwerk Neidhardtsthal und 1677 überließ ihm seine Mutter das Blaufarbenwerk Niederpfannenstiel. Darüber hinaus besaß er Anteile am Blaufarbenwerk Oberschlema, eine Drahthütte in Wiltzsch, ab 1683 die Weitersglashütte, ab 1686 ein Hammerwerk in Stützengrün und ab 1688 ein Messingwerk in Ellefeld. – Berühmt wurde S. jedoch durch die Errichtung des Hammerwerks Carlsfeld. Nachdem er 1676 Georg Carl von Carlowitz ein Waldgebiet westlich von Johanngeorgenstadt abgekauft hatte, begann er eine nach dem ehemaligen Besitzer benannte Siedlung und eine Eisenhütte anzulegen. Gegen den Widerstand vieler Hammerherren und Städte entstand hier das größte Hammerwerk Sachsens. In relativ kurzer Zeit ließ S. zwei Hochöfen, zwei Stabfeuer, einen Zain-, zwei Blech-, einen Schaufel-, einen Waffen- und Rohrhammer, ein Zinnhaus nebst Frischfeuer und Zerrennwerk sowie eine Drahtmühle errichten. Darüber hinaus verfügte der Ort über eine Mühle, ein Malz- und Brauhaus sowie über eine Hammerschenke. 1682 beauftragte S. den Lößnitzer Baumeister Johann Georg Roth mit der Errichtung einer Kirche, deren Entwurf dem sächsischen Oberlandbaumeister Wolf Caspar von Klengel zugeschrieben wird. Die Kirche wurde am 2.9.1688 geweiht und war der erste Zentralbau Sachsens nach italienischem Vorbild. – Neben den sich in seinem Besitz befindlichen Hammer- und Blaufarbenwerken verfügte S. auch über einen sehr großen Kuxbesitz. So soll er 1696 allein über mehr als 25.483 Kuxe verfügt haben. Er war damit an allen großen und ertragreichen Eisen-, Kobalt-, Wismut-, Silber- und Zinngruben im westlichen Erzgebirge und im Vogtland beteiligt. Eine große Anzahl der Gruben wird wohl keine Gewinne abgeworfen haben, doch konnte sich S. durch diese Beteiligungen den Rohstoffnachschub für seine Hammerwerke sichern. Bekanntheit erlangte v.a. die sich in seinem Besitz befindliche St. Andreas Fundgrube bei Aue, denn das hier 1698 aufgefundene und als weiße Erde bezeichnete Kaolin nutzte später Johann Friedrich Böttger zur Herstellung von Porzellan. 1711 erhielt S. ein Privileg des sächsischen Kurfürsten Friedrich August I. (August II., der Starke), mit dem ihm das Alleinrecht zur Lieferung von Kaolin an die Porzellanmanufaktur zugesichert wurde, ein Monopol, von dem er und seine Nachfahren fast 150 Jahre profitierten. – Neben seinen geschäftlichen Aktivitäten bekleidete S. verschiedene öffentliche Ämter und Funktionen. Ab 1676 gehörte er dem Schneeberger Rat an, 1701 bis 1704 bestimmte man ihn zum Stadtrichter seiner Heimatstadt. Ferner war S. Vorsteher des Waisenhauses, Direktor der Erzgebirgischen Blechkompanie und trat als Bergsachverständiger in den Dienst der sächsischen Kurfürsten sowie der Grafen von Mansfeld, Reuß, Solms und Schönburg. 1687 erhob Kaiser Leopold I. S. in den Adelsstand, der von da an den Namen Schnorr von Carolsfeld führte. Dem Zeitgeist entsprechend und besonders am Vorbild der großen Leipziger Kaufmannsfamilien orientiert, verfügte S. über eine eindrucksvolle Bibliothek sowie über eine ansehnliche Naturaliensammlung. – Nach S.s Tod 1715 wurde der gesamte Besitz unter den Erben aufgeteilt, die ihrerseits einen Großteil der Hammerwerke und Kuxen nach und nach veräußerten. Damit endete die wirtschaftliche Bedeutung der Schnorrschen Familie. Im 18. und 19. Jahrhundert finden sich unter den Nachfahren allerdings noch bedeutende Künstler, wie die beiden Maler Julius und Ludwig Ferdinand Schnorr von Carolsfeld, beides Vertreter der deutschen Romantik.

Quellen J. Doppert, Memoria viri nobilissimi Viti Jani Snorrii dynastae Carolsfeldensis …, Leichenpredigt, Schneeberg 1715.

Werke C. Meltzer, Historia Schneebergensis Renovata, Schneeberg 1716; S. Sieber, Geschichte des Blaufarbenwerkes Niederpfannenstiel in Aue im Erzgebirge anläßlich seiner Dreihundertjahrfeier, Schwarzenberg 1935 (P; Bildquelle); M. Titze, Das barocke Schneeberg, Dresden 2002, S. 50-59 (P). – DBA I, II; Sächsische Lebensbilder, Bd. 3, Leipzig 1941, S. 292-303 (P), Bd. 4, Leipzig/Stuttgart 1999, S. 283-298.

Porträt Veit Hans S., Miniaturölgemälde, Trinitatiskirche Carlsfeld.

Danny Weber
28.2.2007


Empfohlene Zitierweise:
Danny Weber, Artikel: Veit Hans Schnorr von Carolsfeld,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3539 [Zugriff 20.12.2024].

Veit Hans Schnorr von Carolsfeld



Quellen J. Doppert, Memoria viri nobilissimi Viti Jani Snorrii dynastae Carolsfeldensis …, Leichenpredigt, Schneeberg 1715.

Werke C. Meltzer, Historia Schneebergensis Renovata, Schneeberg 1716; S. Sieber, Geschichte des Blaufarbenwerkes Niederpfannenstiel in Aue im Erzgebirge anläßlich seiner Dreihundertjahrfeier, Schwarzenberg 1935 (P; Bildquelle); M. Titze, Das barocke Schneeberg, Dresden 2002, S. 50-59 (P). – DBA I, II; Sächsische Lebensbilder, Bd. 3, Leipzig 1941, S. 292-303 (P), Bd. 4, Leipzig/Stuttgart 1999, S. 283-298.

Porträt Veit Hans S., Miniaturölgemälde, Trinitatiskirche Carlsfeld.

Danny Weber
28.2.2007


Empfohlene Zitierweise:
Danny Weber, Artikel: Veit Hans Schnorr von Carolsfeld,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3539 [Zugriff 20.12.2024].