Sara Fleischl
Sara Fleischl spielte eine entscheidende Rolle dabei, dem angesehenen Geschäft ihres Ehemanns Samson auch nach dessen Tod dauerhafte Geltung zu sichern. – Fleischl wurde als Tochter eines jüdischen Händlers und Hausbesitzers geboren, dessen Familie im Königreich Böhmen unter den Restriktionen der 1726 erlassenen Familiantengesetze zur Begrenzung der Anzahl von Juden ansässig war. Schon im jungen Alter heiratete sie den fünf Jahre älteren Samson Fleischl, der es als Teilhaber einer Grossohandlung für Schafwolle und Federn im böhmischen
Neuern (tschech. Nýrsko) zu einigem Wohlstand und einer Vielzahl geschäftlicher Verbindungen gebracht hatte. Aus der Eheschließung gingen mehrere Kinder hervor, von denen einige jedoch bereits im frühesten Alter verstarben. Als ihr Gatte nach einem zunächst erfolglosen Anlauf im November 1841 schließlich doch die Konzession erhielt, ein Großhandelsgeschäft zu betreiben und sich dazu zusammen mit seiner Familie in Leipzig niederzulassen, folgte sie ihm seinem Wunsch gemäß mit den zwei noch im Haus lebenden Kindern in die Messestadt, wo sie ab spätestens Februar 1842 ununterbrochen lebte. Per Testament erkor Samson Fleischl seine Frau wahrscheinlich zu seiner Nachfolgerin für das weitverzweigte Geschäft, denn abzüglich des Pflichtteils für die gemeinsamen Kinder wurde ihr das gesamte Erbe zuerkannt. Dies wäre auf eine faktische Leitungsfunktion in der Firma hinausgelaufen. Nach dem Tod von Samson Fleischl am 13.9.1855 ersuchte die Witwe den Leipziger Stadtrat Anfang 1856 um Erteilung des Bürgerrechts und bekräftigte, das Geschäft mit den derzeitigen Teilhabern weiterführen zu wollen. Das Bürgerrecht mit der Berufsbezeichnung als Grossohändlerin wurde ihr nach einer augenscheinlich unkomplizierten Prozedur schon am 29.2.1856 rasch zuerkannt. Eventuell aufgrund ihres höheren Lebensalters stand die Witwe de facto dann aber nicht an der Spitze des Geschäfts, wenngleich sie als Gesellschafterin formell beteiligt war. Stattdessen stiegen mehrere Familienmitglieder in Führungsposten ein, darunter mit dem Kaufmann, späteren Leipziger Stadtrat und Gemeindevorsteher Moritz Kohner auch ein Cousin Fleischls. Sie selbst verbrachte ihre späten Lebensjahre als Pensionärin in
Berlin, wo sie seit 1860 mit Wohnsitz Behrenstraße nachweisbar ist und nach längerem Leiden 1866 verstarb. Fleischl wurde in ihre langjährige Wahlheimat Leipzig zurück überführt und hier auch bestattet.
Quellen Stadtarchiv Leipzig, 0006 Leichenschreiberei, Ratsleichenbücher, Reg.-Nr. 103 (1866), 0008 Ratsstube, Titelakten LI Juden Nr. 95, 0056 Wahl- und Listenamt, Fallakten/Aufnahme- und Bürgerakten Nr. 4516, 16466; Berliner historische Adressbücher 1860-1866.
Literatur Josef Blau, Geschichte der Juden in Neuern, in: Hugo Gold (Hg.), Die Juden und Judengemeinden in Vergangenheit und Gegenwart. Ein Sammelwerk, Prag/Brünn 1934, S. 420-436; Josef Reinhold, Zwischen Aufbruch und Beharrung. Juden und jüdische Gemeinde in Leipzig während des 19. Jahrhunderts, Dresden 1999; Simone Lässig, Jüdische Wege ins Bürgertum. Kulturelles Kapital und sozialer Aufstieg im 19. Jahrhundert, Göttingen 2004; Susanne Schötz, Handelsfrauen in Leipzig. Zur Geschichte von Arbeit und Geschlecht in der Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2004.
Lucas Böhme
10.4.2025
Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Sara Fleischl,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27874 [Zugriff 26.5.2025].
Sara Fleischl
Quellen Stadtarchiv Leipzig, 0006 Leichenschreiberei, Ratsleichenbücher, Reg.-Nr. 103 (1866), 0008 Ratsstube, Titelakten LI Juden Nr. 95, 0056 Wahl- und Listenamt, Fallakten/Aufnahme- und Bürgerakten Nr. 4516, 16466; Berliner historische Adressbücher 1860-1866.
Literatur Josef Blau, Geschichte der Juden in Neuern, in: Hugo Gold (Hg.), Die Juden und Judengemeinden in Vergangenheit und Gegenwart. Ein Sammelwerk, Prag/Brünn 1934, S. 420-436; Josef Reinhold, Zwischen Aufbruch und Beharrung. Juden und jüdische Gemeinde in Leipzig während des 19. Jahrhunderts, Dresden 1999; Simone Lässig, Jüdische Wege ins Bürgertum. Kulturelles Kapital und sozialer Aufstieg im 19. Jahrhundert, Göttingen 2004; Susanne Schötz, Handelsfrauen in Leipzig. Zur Geschichte von Arbeit und Geschlecht in der Neuzeit, Köln/Weimar/Wien 2004.
Lucas Böhme
10.4.2025
Empfohlene Zitierweise:
Lucas Böhme, Artikel: Sara Fleischl,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/27874 [Zugriff 26.5.2025].