Rudolf Kluge

K. besuchte bis 1909 in Dresden die Kreuzschule. Nach seinem Dienst als Einjährig-Freiwilliger beim 2. Grenadier-Regiment 101 studierte er Rechtswissenschaft in Berlin und Leipzig und legte das Erste juristische Staatsexamen ab. Den am 1.4.1914 begonnenen juristischen Vorbereitungsdienst unterbrach er ab 2.8.1914 für den Kriegsdienst. 1916 schwer verwundet, kam er im Sommer 1917 als Leutnant der Reserve zum Generalkommando Dresden. 1921 schloss er den juristischen Vorbereitungsdienst mit dem Zweiten juristischen Staatsexamen und der Zulassung als Rechtsanwalt ab und wurde an der Universität Leipzig promoviert. Im Juli 1933 wurde er als Sächsischer Notar mit Amtssitz Dresden verpflichtet. – Der politische Weg K.s begann am 1.4.1928 mit seinem Eintritt in die NSDAP (Mitgliedsnummer 84.346). Im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen e.V. (BNSDJ) wurde er 1931 Bezirksobmann für den Landgerichtsbezirk Dresden, im April 1933 Landesleiter für Sachsen-Thüringen. Ab Juli 1933 war er Gauführer im Gau Sachsen (Oberlandesgerichtsbezirk Dresden) und zugleich Vertreter des BNSDJ (ab 1936 Nationalsozialistischer Rechtswahrerbund e.V. [NSRB]) bei den politischen Dienststellen und Staatsbehörden im Freistaat Sachsen. 1929 und 1930 arbeitete K. als Vorsitzender des Untersuchungs- und Schlichtungsausschusses (Uschla) der NSDAP-Ortsgruppe Dresden und bis 1933 als Rechtsberater der SA-Standarte 108 bzw. der Untergruppe Dresden. Im gleichen Jahr wurde er in den Führerrat des Reichsjustizkommissars berufen und im Februar 1934 als Abteilungsleiter in den Stab der Reichsleitung (Rechtsabteilung) der NSDAP. 1937 ernannte ihn Adolf Hitler zum Gauamtsleiter des Rechtsamts der NSDAP im Gau Sachsen. K. war Träger des „Goldenen Ehrenzeichens der NSDAP“. Im Nationalsozialistischen Fliegerkorps (NSFK), einer Gliederung der NSDAP, bekleidete er den Rang eines Obersturmführers. K. war Mitglied der Akademie für Deutsches Recht und zeitweilig Präsident der Sächsischen Rechtsanwaltskammer. – Kommunalpolitisch war K. seit der Wahl zum Stadtverordneten 1930 als Führer der nationalsozialistischen Gruppe tätig. Nach der Stadtverordnetenwahl im November 1932 war er Vorsteher des Stadtverordnetenkollegiums bis zur Auflösung dieses Gremiums am 3.4.1933. Das neue Stadtverordnetenkollegium wählte ihn im Oktober 1933 in den Rechtsausschuss, dessen Vorsitzender er im Januar 1934 wurde. – K.s hauptberuflicher Wechsel in die Stadtverwaltung erfolgte am 26.3.1934 nach seiner Wahl zum Zweiten Bürgermeister. Damit war er zugleich erster Stellvertreter des Oberbürgermeisters. Sein Verantwortungsbereich umfasste das Stadtpolizei-, Feuerwehr- und Feuerpolizeiamt, das Personalamt und ab 1935 die Krankenanstalten, später auch die Luftschutzdienststelle. Mit Inkrafttreten der Deutschen Gemeindeordnung 1935 änderte sich für K. nur die Amtsbezeichnung: Als Erster Beigeordneter war er Bürgermeister und zugleich allgemeiner Vertreter des Oberbürgermeisters. Diese Vertretung musste er am 11.6.1937 mit der Beurlaubung von Ernst Zörner für fast drei Jahre übernehmen. K. sicherte die volle Einsatzbereitschaft der städtischen Verwaltung und deren Betriebe für das NS-Regime zu. Neben der Amtstätigkeit propagierte er in Veröffentlichungen und Vorträgen die nationalsozialistische Rechtsprechung. – K. unterstützte auch vorbehaltlos die nationalsozialistische Lebensraum- und Weltgeltungsforderungen. Nach den frühen Annexionen europäischer Nachbarländer durch Deutschland wähnte er Dresden als „Mittelpunkt Großdeutschlands“ und sah darin auch Entwicklungsmöglichkeiten für den Dresdner Fremdenverkehr, denn K. hatte Anfang Februar 1938 den Vorsitz im Dresdner Verkehrsverein übernommen. Nach dem Pogrom vom 9.11.1938 (u.a. Brand der Synagoge, Plünderung jüdischer Geschäfte) übertrug die Stadtverwaltung unter K. im Auftrag des sächsischen Innenministeriums der Jüdischen Gemeinde die Kosten für die Trümmerbeseitigung. Jüdischen Mietern auf städtischen Grundstücken wurde gekündigt, eine Bekanntmachung K.s vom 30.4.1939 verlangte in Umsetzung eines Reichsgesetzes von Juden das Anzeigen sämtlicher Mietverhältnisse. Das städtische Gewerbeamt verdrängte Juden aus dem Wirtschaftsleben. Am 7.3.1939 führte K. die gestiegene Anziehungskraft des Kurbezirksverbands Dresden-Bad Weißer Hirsch/Bühlau u.a. auf eine erfolgreiche „Entjudungskur“ zurück. – Als der neue Oberbürgermeister Hans Nieland am 5.3.1940 sein Amt antrat, erfüllte K. wieder seine Aufgaben als allgemeiner Stellvertreter. Doch fünf Jahre später, am 19.2.1945, nach der Beurlaubung des Oberbürgermeisters, trat K. noch einmal an die Spitze der Stadtverwaltung. Er leitete - selbst „ausgebombt“ - in Abstimmung mit der NSDAP die Hilfsmaßnahmen nach den Luftangriffen vom 13. bis 15.2.1945 und gewährleistete im Rahmen des Möglichen die Weiterarbeit der Stadtverwaltung. Angesichts der nahenden sowjetisch-deutschen Front wurden durch ihn auch Schanzarbeiten sowie der Bau von Stellungen und Panzersperren organisiert. Am 14.4.1945 erging der Aufruf des sächsischen Ministerpräsidenten Martin Mutschmann, Dresden „bis zum letzten mit allen Mitteln“ zu verteidigen. Ab 6.5. zog sich die Wehrmacht aus dem „Festungsbereich Dresden“ in Richtung Erzgebirge zurück; die NSDAP forderte die Einwohner zum Verlassen der Stadt auf. Am 7.5.1945 stellte K. alle Beschäftigten städtischer Dienststellen und Betriebe vom Dienst frei und verließ mit seiner Familie Dresden. In Karlsbad (tschech. Karlovy Vary) begingen er und seine Frau Selbstmord.

Quellen Bundesarchiv Berlin, BDC-Parteikanzlei Rudolf K., O 195 I, O 195 II, R 15.01. Komm. Abt. 2680; Stadtarchiv Dresden, Stadtverordnetenakten 1933.

Werke Die Organisation der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Diss. Leipzig 1933; mit H. Krüger, Verfassung und Verwaltung im Dritten Reich (Reichsbürgerkunde) (ab 1939: Verfassung und Verwaltung im Großdeutschen Reich [Reichsbürgerkunde]), Berlin 1937, Berlin ³1941.

Literatur C. Hermann, Oberbürgermeister der Stadt Dresden Hans Nieland und Stellvertreter Rudolf K., in: Dresdner Geschichtsbuch, Bd. 7, hrsg. vom Stadtmuseum Dresden, Altenburg 2001, S. 181-200 (Bildquelle). – DBA II; E. Stockhorst, Fünftausend Köpfe. Wer war was im 3. Reich, Kiel ³1998, Sonderausgabe 2000, S. 237.

Christel Hermann
9.12.2011


Empfohlene Zitierweise:
Christel Hermann, Artikel: Rudolf Kluge,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25796 [Zugriff 22.12.2024].

Rudolf Kluge



Quellen Bundesarchiv Berlin, BDC-Parteikanzlei Rudolf K., O 195 I, O 195 II, R 15.01. Komm. Abt. 2680; Stadtarchiv Dresden, Stadtverordnetenakten 1933.

Werke Die Organisation der gewerblichen Berufsgenossenschaften, Diss. Leipzig 1933; mit H. Krüger, Verfassung und Verwaltung im Dritten Reich (Reichsbürgerkunde) (ab 1939: Verfassung und Verwaltung im Großdeutschen Reich [Reichsbürgerkunde]), Berlin 1937, Berlin ³1941.

Literatur C. Hermann, Oberbürgermeister der Stadt Dresden Hans Nieland und Stellvertreter Rudolf K., in: Dresdner Geschichtsbuch, Bd. 7, hrsg. vom Stadtmuseum Dresden, Altenburg 2001, S. 181-200 (Bildquelle). – DBA II; E. Stockhorst, Fünftausend Köpfe. Wer war was im 3. Reich, Kiel ³1998, Sonderausgabe 2000, S. 237.

Christel Hermann
9.12.2011


Empfohlene Zitierweise:
Christel Hermann, Artikel: Rudolf Kluge,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/25796 [Zugriff 22.12.2024].