Rolf Kauka
K. ist der große deutsche Comic-Pionier und ein Kulturschaffender der Nachkriegszeit, der durch „Fix und Foxi“, „Bussi Bär“ und viele weitere Charaktere zwischen den 1950er- und 1970er-Jahren bekannt und wohlhabend wurde. Nach wie vor gilt er - schon zu seinen Lebzeiten mit Walt Disney verglichen - als erfolgreichster Verleger von Comics in Deutschland. Aufgrund seiner erzkonservativen politischen Einstellung wird seine Person heute kontrovers diskutiert. – K. kam in Markranstädt zur Welt. Sein Elternhaus war national geprägt und bürgerlich orientiert. Der kreative, musisch und sportlich begabte K. besuchte die Volksschule in Markranstädt, ab 1927 die Friedrich-List-Realschule in Leipzig. Er brach die Schule vor der mittleren Reife ab und begann 1931 eine Lehre als Drogist in der Markranstädter Fachdrogerie Borst. Im Februar 1933 schloss sich K. der nationalsozialistischen Bewegung begeistert an und trat in die Hitlerjugend ein (Bann 16, Gebiet 24/107). Er wurde Jungführer beim Deutschen Jungvolk. – Mitte 1936 verließ K. die Fachdrogerie und seine Heimatgemeinde, um in Bitterfeld und Weißenfels für nationalsozialistische Tageszeitungen als Texter und Zeichner zu arbeiten. 1937 trat er dem Reichsbund Deutscher Jägerschaft bei. K. leistete 1938 zunächst seine Arbeitspflicht beim Reichsarbeitsdienst (RAD), RAD-Einheit 13/144, in
Falkenberg/Elster ab, bevor Ende des Jahrs seine zweijährige Wehrpflichtzeit begann. Er gehörte dem III./Flakregiment 33 in
Halle/Saale an, wurde im Mai 1939 zum I./Flakregiment 33 versetzt und schlug die Offizierslaufbahn als Kriegsoffizier ein. Im Zweiten Weltkrieg nahm er mit seiner Flakeinheit ab September 1939 am Feldzug gegen Polen, ebenso wie ab Mai 1940 am Feldzug gegen Frankreich teil. K. wurde neben weiteren Kriegsauszeichnungen u.a. mit dem Eisernen Kreuz II. und I. Klasse ausgezeichnet. Im Herbst 1940 gehörte K. der Reserve-Flak-Abteilung 404 bei
Düsseldorf an, dann der Reserve-Flak-Abteilung 133 und schließlich der Flak-Abteilung 264. K. kam im April 1943 zur Flak-Abteilung 616, die der Flakgruppe Groß-Stettin unterstellt war. Im Juni 1943 heiratete er Erika Bahre. Anfang 1944 wurde K. als Batteriechef in der Flakabteilung II./241 an die Ostfront verlegt. K., inzwischen Oberleutnant, zeichnete sich bei heftigen Kämpfen in der Ukraine aus und erhielt das Deutsche Kreuz in Gold. Nach Rückzugskämpfen verschlug es ihn über Rumänien und Ungarn nach Ostpreußen. In den letzten Kriegsmonaten wurde er als Nachrichtenoffizier eingesetzt. Anfang 1945 kam seine erste Tochter in Bayern zur Welt, wohin seine Frau von
Berlin aus geflüchtet war. 1947 und 1950 wurden zwei weitere Töchter geboren. – Ende des Zweiten Weltkriegs setzte sich K. von der Truppe ab und schlug sich zu seiner Familie durch, die inzwischen in
Prien/Chiemsee lebte. K. hielt sich in der Folge mit Gelegenheitsjobs über Wasser, stieg dann, aufgrund seiner Schwiegermutter
Emma Bahre, die in Berlin einen Verlag besaß, ins Verlagsgeschäft ein. Nach dem Krieg galt K. formell als NS-belastet. V.a. bewertete ihn die amerikanische Militärverwaltung nach wie vor als überzeugten Nationalsozialisten, weshalb er selbst keine Lizenz erhielt und mit verschiedenen Geschäftspartnern zusammenarbeiten musste. 1948 gründete er mit Harry Schulze-Wilde die
Münchener Verlagsbuchhandlung und nach Wegfall der Lizenzpflicht 1949 eigene Verlage - u.a. den 1951 den Kauka-Verlag. K. gab verschiedene Bücher, Magazine und Zeitschriften heraus. Ausgehend von der Idee, Werbetrickfilme zu produzieren, entwickelte K. mit Zeichnern Comicfiguren, angelehnt an deutsche Märchen und Volkserzählungen. Im Mai 1953 erschien das Comic „Till Eulenspiegel“, in dem wenige Hefte später erstmals die Fuchszwillinge „Fix und Foxi“ auftraten. Anfang 1955 erhielten sie eine eigene Serie, die zur Hochzeit Mitte der 1960er-Jahre die größte deutsche Jugendzeitschrift mit einer wöchentlichen Auflage von 400.000 Exemplaren war. – Mitte der 1950er-Jahre stieg K. als Werbemacher ins Filmgeschäft ein, produzierte erfolgreich Werbefilme etwa für Salamander oder BMW, aber auch Ausbildungsfilme für die Spionageabwehr der Bundeswehr. Im Herbst 1957 verlegte er den Firmensitz seines Kauka-Verlags von München nach
Grünwald. 1959 versuchte er mit „Münchhausens erste Abenteuer“ einen großen abendfüllenden Zeichentrickfilm zu produzieren, scheiterte jedoch an der Realisierung. Dafür verkaufte er immer erfolgreicher Comics, auf denen nun sein Hauptaugenmerk lag. 1960 ließ K. sich scheiden und heiratete das Model
Gisela Reimers, mit der er zwei Jahre später einen Sohn und 1963 eine weitere Tochter bekam. K. war geschäftstüchtig und innovativ und etablierte als erster franko-belgische Comics in Deutschland, darunter „Asterix“. Allerdings deutschte K. die Serie als „Siggi und Babarras“ nicht nur nationalistisch im Duktus des Kalten Kriegs um, sondern versah diese auch mit völkisch-antisemitischen Dialogen und sorgte damit für einen ersten Comicskandal. Auch erregten revanchistische Vorworte seiner Hefte Aufsehen, als er etwa im „Fix und Foxi“-Sonderheft zu Weihnachten 1966 wünschte, dass Rudolf Heß, der Stellvertreter Adolf Hitlers, als unschuldig Einsitzender aus dem Gefängnis freigelassen werden soll. Neben „Fix und Foxi“ entwickelte K. immer weiter eigene Formate, wie 1964 „Lupo modern“ oder 1967 das erste Vorschulmagazin „Bussi Bär“. 1969 wurde auch K.s zweite Ehe geschieden. 1970 heiratete er
Dorothea Gräfin von Stillfried und Rattonitz. Nochmals versuchte K. ins Filmgeschäft einzusteigen und produzierte 1972 den Spielfilm „Versuchung im Sommerwind“ und 1973 den Zeichentrickfilm „Maria dʼOro und Bello Blue“. Aufgrund des fehlenden Erfolgs verfolgte er seine großen Kinoambitionen nicht weiter. 1973 verkaufte K. für knapp 20 Millionen DM seinen Verlag, behielt aber die Urheberrechte an seinen Comiccharakteren. 1975 verstarb seiner Ehefrau tragisch bei einem Reitunfall. K. heiratete Ende desselben Jahrs seine vierte Frau
Alexandra. Er baute in den Jahren immer professioneller einen Pferderennstall mit Galoppern und Trabern auf und zählte zeitweise zu den erfolgreichsten Rennstallbesitzern in Deutschland, bis er 1979 mit dem Pferderennsport aufhörte. Als Autor versuchte sich K. ebenfalls, veröffentlichte 1980 und 1988 zwei Romane ohne großen Erfolg. – K., der seit Jahren schwer an Rheuma litt, lebte seit Ende der 1970er-Jahre über die kalten Monate in Florida, bevor er eine Chinquapin-Plantage in Thomasville/Georgia kaufte und 1982 ganz in die USA auswanderte. Im November 1987 nahm K. die amerikanische Staatsbürgerschaft an. In den USA gründete er eine Verwaltungsgesellschaft für seine Comics und versuchte die Umsetzung von „Fix und Foxi“ als Zeichentrickserie für das Fernsehen, die Anfang 2000 in Deutschland lief. Ende November 1998 war K. für sein Lebenswerk das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse verliehen worden. Nach langer Krankheit verstarb K. am 13.9.2000 auf seiner Plantage in Thomasville, wo seine Asche in einen See gestreut wurde, der seitdem den Namen Lake Rolf trägt.
Quellen Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv Freiburg/Breisgau; Sammlung Dr. Stefan Piëch Wien; Staatsarchiv München.
Werke Comics: Till Eulenspiegel 1/1953-2/1954; Fix und Foxi 1954-1994, 2000; Bussi Bär 1967-2000. – Zeitschriften: (Hg.), Lupo modern 1/1964-33/1966. – Filme: Versuchung im Sommerwind, 1972; Maria dʼOro und Bello Blue, 1973; Fix und Foxi, 2000. – Romane: Roter Samstag oder Der Dritte Weltkrieg findet nicht statt, München 1980; Luzifer. Roman einer Seelenwanderung, München 1988.
Literatur Ulrich Pohl, Von Max und Moritz bis Fix und Foxi. Jubiläumsbuch zum 20-jährigen Bestehen des Kauka-Verlages, Wiesbaden 1970; Die Rolf Kauka-Story, in: Comixene. Fachmagazin Comic + Cartoon 7/1980, H. 31, S.4-15; Peter Wiechmann, Spurensuche - So war der Kauka-Verlag, in: Die Sprechblase. Die wunderbare Welt klassischer Comics 176/2000-192/2003, 194/2003-198/2004, 203/2006, 210/2007; Eckart Sackmann, Bonnhalla am Rhein - „Asterix“ als Politklamauk, in: Deutsche Comicforschung 3/2007, S. 128-139; ders./Klaus Spillmann/Klaus Wintrich, Rolf Kauka - Der lange Weg zu Fix und Foxi, in: ebd. 10/2014, S. 104-121; Volker Haman (Hg.), Dossier Rolf K., in: Reddition. Zeitschrift für Graphische Literatur 56/2012, S. 4-69; Volker Hamann (Hg.), Fix & Foxi. Rolf K.s großer Welterfolg. Begleitbuch zur Ausstellung im Wilhelm-Busch - Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst Hannover 12. November 2016 bis 26. März 2017, Barmstedt 2016; Linda Schmitz/Christine Vogt/Martin Budde (Hg.), Fix & Foxi. Rolf K., der deutsche Walt Disney und seine Kultfüchse. Katalog zur Ausstellung in der Ludwiggalerie, Schloss Oberhausen, 10. Juni bis 9. September 2018, Barmstedt 2018; Bodo V. Hechelhammer, Am Sprungbrett. Rolf K., Filmproduzent, in: SigiGötz-Entertainment. Das sechsunddreißigste Stück, München 2021, S. 9-13; ders., Fürst der Füchse. Das Leben des Rolf K., München 2022. – DBA III; DBE II 5, S. 541; Fedor Bochow, Rolf Kauka, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, Online-Ausgabe.
Porträt Kauka, R., um 1972, Fotografie, Sammlung Alexandra Kauka (Bildquelle).
Bodo V. Hechelhammer
29.8.2022
Empfohlene Zitierweise:
Bodo V. Hechelhammer, Artikel: Rolf Kauka,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10231 [Zugriff 6.10.2024].
Rolf Kauka
Quellen Bundesarchiv, Abteilung Militärarchiv Freiburg/Breisgau; Sammlung Dr. Stefan Piëch Wien; Staatsarchiv München.
Werke Comics: Till Eulenspiegel 1/1953-2/1954; Fix und Foxi 1954-1994, 2000; Bussi Bär 1967-2000. – Zeitschriften: (Hg.), Lupo modern 1/1964-33/1966. – Filme: Versuchung im Sommerwind, 1972; Maria dʼOro und Bello Blue, 1973; Fix und Foxi, 2000. – Romane: Roter Samstag oder Der Dritte Weltkrieg findet nicht statt, München 1980; Luzifer. Roman einer Seelenwanderung, München 1988.
Literatur Ulrich Pohl, Von Max und Moritz bis Fix und Foxi. Jubiläumsbuch zum 20-jährigen Bestehen des Kauka-Verlages, Wiesbaden 1970; Die Rolf Kauka-Story, in: Comixene. Fachmagazin Comic + Cartoon 7/1980, H. 31, S.4-15; Peter Wiechmann, Spurensuche - So war der Kauka-Verlag, in: Die Sprechblase. Die wunderbare Welt klassischer Comics 176/2000-192/2003, 194/2003-198/2004, 203/2006, 210/2007; Eckart Sackmann, Bonnhalla am Rhein - „Asterix“ als Politklamauk, in: Deutsche Comicforschung 3/2007, S. 128-139; ders./Klaus Spillmann/Klaus Wintrich, Rolf Kauka - Der lange Weg zu Fix und Foxi, in: ebd. 10/2014, S. 104-121; Volker Haman (Hg.), Dossier Rolf K., in: Reddition. Zeitschrift für Graphische Literatur 56/2012, S. 4-69; Volker Hamann (Hg.), Fix & Foxi. Rolf K.s großer Welterfolg. Begleitbuch zur Ausstellung im Wilhelm-Busch - Deutsches Museum für Karikatur und Zeichenkunst Hannover 12. November 2016 bis 26. März 2017, Barmstedt 2016; Linda Schmitz/Christine Vogt/Martin Budde (Hg.), Fix & Foxi. Rolf K., der deutsche Walt Disney und seine Kultfüchse. Katalog zur Ausstellung in der Ludwiggalerie, Schloss Oberhausen, 10. Juni bis 9. September 2018, Barmstedt 2018; Bodo V. Hechelhammer, Am Sprungbrett. Rolf K., Filmproduzent, in: SigiGötz-Entertainment. Das sechsunddreißigste Stück, München 2021, S. 9-13; ders., Fürst der Füchse. Das Leben des Rolf K., München 2022. – DBA III; DBE II 5, S. 541; Fedor Bochow, Rolf Kauka, in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde, Online-Ausgabe.
Porträt Kauka, R., um 1972, Fotografie, Sammlung Alexandra Kauka (Bildquelle).
Bodo V. Hechelhammer
29.8.2022
Empfohlene Zitierweise:
Bodo V. Hechelhammer, Artikel: Rolf Kauka,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10231 [Zugriff 6.10.2024].