Paul Vogel

V.s familiärer Hintergrund ist unbekannt. 1543 bis 1545 war er Schüler an der Fürstenschule St. Afra in Meißen. 1545 immatrikulierte sich V. an der Universität Leipzig und erwarb am 4.9.1546 zunächst den Baccalaureus- sowie am 29.1.1549 den Magistertitel. 1552 wurde er Konrektor und ein Jahr später Rektor der Landesschule Schulpforte bei Naumburg. Bereits 1554 verließ V. die Lehranstalt und begleitete einige Junker auf ihren Auslandreisen, die ihn nach Frankreich (Orléans und Paris) und Italien (Bologna) führten. In Bologna wurde er zum Dr. iur. utriusque promoviert. Kurfürst August von Sachsen, der eventuell selbst von V. in der Rechtsgelehrsamkeit unterrichtet wurde, ernannte ihn zum kurfürstlichen Prinzenerzieher seines Sohns Alexander. 1562 erhielt V. von seinem Landesherrn als Dank für seine deutsche Übersetzung verschiedener Bücher aus dem Französischen ein Ehrenkleid, das Ulrich Mordeisen beim Kurfürsten beantragte. V., der durch seine Tätigkeit schnell in den inneren Kreisen des kurfürstlichen Hofs Fuß fasste, heiratete am 19.1.1563 die aus angesehener und reicher Chemnitzer Familie stammende Magdalena Neefe. Ihr Vater, der Professor an der Universität Leipzig Caspar Neefe, war der Leibarzt des Herzogs Georg sowie der Kurfürsten Moritz und August. Nachdem Prinz Alexander 1565 im Kindesalter verstorben war, wurde V. im Herbst desselben Jahrs Prinzenerzieher des späteren Kurfürsten Christian I. In dieser Zeit erhielt V. die Pfründe der Präpositur St. Sixti in Merseburg zugewiesen, wurde zum Hofrat ernannt und gehörte zum engsten Beraterkreis Kurfürst Augusts. Ebenfalls 1565 wurde er Domherr in Merseburg. Als 1574 der Religionslehrer des Prinzen, Hofprediger Christian Schütze, wegen des Verdachts des Calvinismus entlassen wurde, übernahm V. den Religionsunterricht. Schütze wurde durch Georg Lysthenius ersetzt, der zudem V.s Vertreter als Prinzenerzieher wurde. – Am 6.1.1568 beauftragte Kurfürst August mittels eines Reskripts Lysthenius, dass die Universitäten zu Leipzig und Wittenberg V. die Ausleihe von Büchern für den Kurfürsten gestatteten. Kurfürst August ließ sich für seine seit 1556 im Aufbau befindliche Bibliothek Messkataloge schicken, aus denen er selbst die Bücher zum Kauf auswählte. Die kurfürstliche Bibliothek befand sich zunächst im Residenzschloss Dresden und ab Ende 1573 oder Anfang 1574 im Schloss Annaburg. Am 1.2.1575 erhielt V. durch Kurfürst August die Bestallung zum Oberaufseher der Bibliotheken. V. scheint nach dieser Bestallungsurkunde nicht unmittelbar als Bibliothekar an der kurfürstlichen Bibliothek gearbeitet zu haben, sondern als Oberaufseher - analog zu den Oberhofpredigern, die ab 1597 diese Funktion innehatten. Gestützt wird diese Vermutung durch die Tatsache, dass V.s Nachfolger im Bibliothekarsamt, Sebastian Leonhart, im Hofbuch 1590 konkret als „der Jungen Herrschaft Praeceptor und Bibliothecarius“ bezeichnet wurde. – In den hochpolitischen Auseinandersetzungen zwischen Lutheranern und Reformierten in Sachsen in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts geriet V. selbst unter Verdacht, Calvinist zu sein. Wahrscheinlich rührte dieses Gerücht von seinen Auslandsaufenthalten, besonders in Frankreich, her. V. hatte persönlich den Sturz Caspar Peucers 1574 mitbetrieben und war deshalb den reformierten Kräften am sächsischen Hof verhasst. Offenbar denunzierten der Hofprediger Wolff von Schönburgs, Paul Held, und der Pfarrer Christoph Trautner aus Rasephas 1579 V. bei Kurfürst August, der wiederum seinen Hofprediger Lysthenius dazu befragte. Dieser zerstreute dessen Befürchtungen. V. blieb noch bis 1586 Aufseher der Bibliothek und Prinzenerzieher. Als Kurfürst Christian I. den Thron bestieg, entließ er als eine seiner ersten Amtshandlungen seinen ehemaligen, von ihm aber missachteten Lehrer. Die Antipathie zu V. verstärkte wohl auch Christians I. Distanz zum orthodoxen Luthertum. Nachdem Christian I. auch die kurfürstliche Bibliothek in das Dresdner Residenzschloss hatte zurückbringen lassen, zog sich V. auf sein Gut Kleinopitz nördlich von Tharandt zurück. Ob er dort oder in Leipzig starb, wie sein Epitaph erwähnt, ist unbekannt. Heinrich August Schumacher zählte ihn zu den Freunden von Adam Siber .

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestallungen 1575.

Werke Germani epistola consolatoria ad praestantissimum virum Valentin Pflugum Cnanthenium, Paris 1557.

Literatur C. Peucer, Historia Carcerum, Zürich 1605; S. Stepner, Inscriptiones Lipsiensis, Leipzig 1686; H. A. Schumacher, Historia Vitae Clarrissimi Viri Adami Siberi Schoenaviensis, Grimma 1719; K. v. Weber, Anna Churfürstin zu Sachsen, Leipzig 1865, S. 320; P. Flemming, Beiträge zur Geschichte von Schulpforta in den Jahren 1548-1553, Naumburg/Saale 1900; J. Richter, Das Erziehungswesen am Hofe der Wettiner Albertinischer (Haupt-)Linie, Berlin 1913; G. Dutschmann, Der erste Bibliothekar der kurfürstlichen Bibliothek, in: NASG 52/1931, S. 282f.; F. Heyer, Die Rektoren der Landesschule Pforta, in: Die Pforte. Zeitschrift des Pförtner-Bundes 19/1942, H. 1, S. 13-16; K. Assmann, Sächsische Landesbibliothek Dresden 1556-1956, Leipzig 1956; T. Klein, Der Kampf um die Zweite Reformation in Kursachsen 1685-1591, Köln/Graz 1962. – T. Bürger/K. Hermann (Hg.), Das ABC der SLUB, Dresden 2006, S. 233; P. Dorfmüller, Rectores portenses. Leben und Werke der Rektoren der Landesschule Pforta von 1543 bis 1935, Beucha 2006, S. 148f.

Konstantin Hermann
3.6.2010


Empfohlene Zitierweise:
Konstantin Hermann, Artikel: Paul Vogel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24851 [Zugriff 22.12.2024].

Paul Vogel



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Bestallungen 1575.

Werke Germani epistola consolatoria ad praestantissimum virum Valentin Pflugum Cnanthenium, Paris 1557.

Literatur C. Peucer, Historia Carcerum, Zürich 1605; S. Stepner, Inscriptiones Lipsiensis, Leipzig 1686; H. A. Schumacher, Historia Vitae Clarrissimi Viri Adami Siberi Schoenaviensis, Grimma 1719; K. v. Weber, Anna Churfürstin zu Sachsen, Leipzig 1865, S. 320; P. Flemming, Beiträge zur Geschichte von Schulpforta in den Jahren 1548-1553, Naumburg/Saale 1900; J. Richter, Das Erziehungswesen am Hofe der Wettiner Albertinischer (Haupt-)Linie, Berlin 1913; G. Dutschmann, Der erste Bibliothekar der kurfürstlichen Bibliothek, in: NASG 52/1931, S. 282f.; F. Heyer, Die Rektoren der Landesschule Pforta, in: Die Pforte. Zeitschrift des Pförtner-Bundes 19/1942, H. 1, S. 13-16; K. Assmann, Sächsische Landesbibliothek Dresden 1556-1956, Leipzig 1956; T. Klein, Der Kampf um die Zweite Reformation in Kursachsen 1685-1591, Köln/Graz 1962. – T. Bürger/K. Hermann (Hg.), Das ABC der SLUB, Dresden 2006, S. 233; P. Dorfmüller, Rectores portenses. Leben und Werke der Rektoren der Landesschule Pforta von 1543 bis 1935, Beucha 2006, S. 148f.

Konstantin Hermann
3.6.2010


Empfohlene Zitierweise:
Konstantin Hermann, Artikel: Paul Vogel,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/24851 [Zugriff 22.12.2024].