Paul Krell

K. wirkte u.a. als Theologieprofessor an der Wittenberger Universität, der Leucorea, und war maßgeblich beteiligt an der Erstellung der Torgauer Artikel nach der Krise des kursächsischen Philippismus 1574. – K. besuchte zunächst die Lateinschule in Eisleben, bevor er sich im Wintersemester 1548 an der Leucorea immatrikulierte. Nach dem Durchlaufen der Artistenfakultät, an der er 1552 den Grad eines Magisters erwarb, studierte er an der Theologischen Fakultät weiter. Daneben hielt er Vorlesungen an der artistischen Fakultät, in deren Kollegium er 1555 Aufnahme fand. Seine Lehrer waren u.a. Philipp Melanchthon, der ihn nachhaltig prägte, Johannes Bugenhagen d.Ä. und Georg Major. 1556 wurde K. in das Amt eines Predigers an der Schlosskirche berufen. Einige Wochen nach seiner Promotion zum Doktor der Theologie im Dezember 1559, die gemeinsam mit Paul Eber erfolgte, erhielt K. eine theologische Professur an der Wittenberger Hohen Schule. Im Sommersemester 1563 übernahm er mit dem Rektorat das höchste universitäre Amt. 1569 fungierte er als Prorektor. Im Sommer dieses Jahres endete vorerst K.s Wirken an der Wittenberger Universität. Er wurde, offensichtlich gegen seinen Willen, durch Kurfürst August von Sachsen als Assessor an das Meißner Konsistorium berufen. Nach seinem Weggang trat eine Reihe neuer Professoren in die Theologische Fakultät ein, die in der Folgezeit den sog. Philippismus an der Leucorea prägten. Diese Theologen, sämtlich Melanchthonschüler, nahmen in der Nachfolge ihres Lehrers eine vermittelnde Haltung zum reformierten Bekenntnis ein. Zu ihnen zählte auch Christoph Pezel, der nach K.s Weggang 1569 dessen theologische Professur in Wittenberg übernommen hatte. Dies führte zu einer steigenden Distanz zwischen K. und seinen Wittenberger Kollegen. K. war zwar ebenfalls Schüler Melanchthons und u.a. als Herausgeber von Schriften des Reformators stets darum bemüht, das Erbe seines Lehrers zu bewahren, die Haltung der in den 1560er-Jahren an die Leucorea berufenen philippistischen Theologen trug er jedoch nicht mit. 1574 kam es durch das Eingreifen des Kurfürsten August zur Krise des Philippismus in Kursachsen, die verbunden war mit der Entlassung, teilweise sogar Inhaftierung und Landesverweisung führender Philippisten. Den kursächsischen Amtsträgern wurden die sog. Torgauer Artikel zur Unterschrift vorgelegt, deren Basis K.s Schrift „Kurtz Bekentnis und Artickel vom heiligen Abendmal“ (1574) bildete. K. hatte somit an der Erstellung der Torgauer Artikel maßgeblichen Anteil. Nach den daraufhin vorgenommenen personellen Umschichtungen kehrte K. als Professor der Theologie an die Leucorea zurück. Seine dortige Tätigkeit sollte jedoch nur noch von kurzer Dauer sein. Bereits zwei Jahre später wurde er selbst der Irrlehren verdächtigt und 1577 an das Konsistorium in Meißen zurückversetzt. Dieser Vorgang hing mit der in den Jahren 1576 bis 1580 vorgenommenen Neuordnung des Kirchen- und Schulwesens Kursachsens im orthodox-lutherischen Sinne zusammen, die unter der Leitung des württembergischen Theologen Jakob Andreä stand und in deren Folge es zu erneuten Entlassungen kam. Der Verdacht schädigte den Ruf K.s nachhaltig. Er starb verarmt in Meißen.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv); Archiv der Stadtkirche St. Marien in der Lutherstadt Wittenberg, Taufbuch 1560-1577, Totenbuch 1563-1574, Totenbuch 1574-1610; C. E. Foerstemann (Hg.), Liber Decanorum Facultatis Theologicae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838; C. E. Foerstemann (Hg.), Album Academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDLX, [Bd. 1], Leipzig 1841; Scriptorum publice propositorum a gubernatoribus studiorum in Academia Vitebergensi, [Teil 4], Wittenberg 1561; O. Hartwig (Hg.), Album Academiae Vitebergensis ab a Ch. MDII usque ad a MDCII, volumen secundum, [Bd. 2], Halle 1894.

Werke Monotessaron historiae evangelicae ..., Wittenberg 1566; Commonefactio de verbis Symboli ..., Wittenberg 1571; Spongia de definitione Evangelii ..., Wittenberg 1571; Kurtz Bekentnis und Artickel vom heiligen Abendmal des Leibs und Bluths Christi, Torgau 1574.

Literatur J. C. Erdmann, Lebensbeschreibung und litterarische Nachrichten von den Wittenbergischen Theologen seit der Stiftung der Universität 1502, bis zur dritten hundertjaehrlichen Saekularfeyer 1802, Wittenberg 1804; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; E. Koch, Der kursächsische Philippismus und seine Krise in den 1560er und 1570er Jahren, in: H. Schilling (Hg.), Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland, Gütersloh 1986, S. 60-77; H.-P. Hasse, Paul K. (1531-1579), in: H. Scheible (Hg.), Melanchthon in seinen Schülern, Wiesbaden 1997, S. 427-463 (P); H.-P. Hasse, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter, Leipzig 2000. – DBA I, II, III; DBE 2, S. 397; ADB 4, S. 588f.; NDB 3, S. 408; C. G. Joecher, Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 1, Leipzig 1750 (ND Hildesheim 1960), Sp. 2186f.; H. D. Betz (Hg.), Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2, 41999, Sp. 492.

Porträt Paul C., J. Franck, 1688, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Porträtsammlung, Digitaler Portraitindex der druckgraphischen Bildnisse der Frühen Neuzeit (Bildquelle).

Ulrike Ludwig
15.12.2011


Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Paul Krell,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1073 [Zugriff 27.4.2024].

Paul Krell



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimer Rat (Geheimes Archiv); Archiv der Stadtkirche St. Marien in der Lutherstadt Wittenberg, Taufbuch 1560-1577, Totenbuch 1563-1574, Totenbuch 1574-1610; C. E. Foerstemann (Hg.), Liber Decanorum Facultatis Theologicae Academiae Vitebergensis, Leipzig 1838; C. E. Foerstemann (Hg.), Album Academiae Vitebergensis ab a. Ch. MDII usque ad a. MDLX, [Bd. 1], Leipzig 1841; Scriptorum publice propositorum a gubernatoribus studiorum in Academia Vitebergensi, [Teil 4], Wittenberg 1561; O. Hartwig (Hg.), Album Academiae Vitebergensis ab a Ch. MDII usque ad a MDCII, volumen secundum, [Bd. 2], Halle 1894.

Werke Monotessaron historiae evangelicae ..., Wittenberg 1566; Commonefactio de verbis Symboli ..., Wittenberg 1571; Spongia de definitione Evangelii ..., Wittenberg 1571; Kurtz Bekentnis und Artickel vom heiligen Abendmal des Leibs und Bluths Christi, Torgau 1574.

Literatur J. C. Erdmann, Lebensbeschreibung und litterarische Nachrichten von den Wittenbergischen Theologen seit der Stiftung der Universität 1502, bis zur dritten hundertjaehrlichen Saekularfeyer 1802, Wittenberg 1804; W. Friedensburg, Geschichte der Universität Wittenberg, Halle 1917; E. Koch, Der kursächsische Philippismus und seine Krise in den 1560er und 1570er Jahren, in: H. Schilling (Hg.), Die reformierte Konfessionalisierung in Deutschland, Gütersloh 1986, S. 60-77; H.-P. Hasse, Paul K. (1531-1579), in: H. Scheible (Hg.), Melanchthon in seinen Schülern, Wiesbaden 1997, S. 427-463 (P); H.-P. Hasse, Zensur theologischer Bücher in Kursachsen im konfessionellen Zeitalter, Leipzig 2000. – DBA I, II, III; DBE 2, S. 397; ADB 4, S. 588f.; NDB 3, S. 408; C. G. Joecher, Allgemeines Gelehrten-Lexicon, Bd. 1, Leipzig 1750 (ND Hildesheim 1960), Sp. 2186f.; H. D. Betz (Hg.), Religion in Geschichte und Gegenwart, Bd. 2, 41999, Sp. 492.

Porträt Paul C., J. Franck, 1688, Kupferstich, Österreichische Nationalbibliothek Wien, Porträtsammlung, Digitaler Portraitindex der druckgraphischen Bildnisse der Frühen Neuzeit (Bildquelle).

Ulrike Ludwig
15.12.2011


Empfohlene Zitierweise:
Ulrike Ludwig, Artikel: Paul Krell,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1073 [Zugriff 27.4.2024].