Otto Thenius
Die Lebensleistung von T. beruht v.a. auf seinen für die exegetische Wissenschaft das 19. Jahrhunderts bedeutenden Arbeiten zum Alten Testament. 1816 bis 1820 besuchte er die Fürstenschule St. Afra in Meißen. Während des Studiums in Leipzig - er selbst bezeichnete sich später als Schüler von Johann Georg Benedict Winer - wurde er Mitglied der historisch-theologischen Gesellschaft zu Leipzig und erwarb 1823 den Dr. phil. Anschließend übernahm T. 1824 das Pfarramt in Skassa bei Großenhain und wurde zwei Jahre später Prediger am Dresdner Stadtkrankenhaus sowie 1832 Diakonus für die Kreuz- und die Frauenkirche. Im darauffolgenden Jahr wechselte er an die Dreikönigskirche, wo er bis 1851 als Diakon - zugleich Garnisonsprediger - und bis zu seiner Emeritierung 1870 als Pfarrer aktiv war. T. gehörte 1833 zu den Mitbegründern der Gustav-Adolf-Stiftung in Dresden und führte von November 1846 bis November 1854 den Vorsitz im Dresdner Hauptverein. Seiner Initiative verdankte sich auch der Bau des Kirchturms der Dreikönigskirche 1854 bis 1859. – Über Dresden und Sachsen hinaus bekannt wurde T. durch seine Beiträge zur historisch-kritischen Erforschung des Alten Testaments, die - den neuen bibelwissenschaftlichen Erkenntnissen verpflichtet - den alttestamentlichen Text mit den Methoden grammatisch-historischer Deskription zu bearbeiten und zu erklären suchten. Sein wichtigstes Werk ist ein Kommentar zu den beiden Büchern Samuel (1842 als Bd. 4 der Reihe „Kurzgefasstes exegetischen Handbuch zum Alten Testament“ erschienen), der im 19. Jahrhundert die erste wissenschaftliche Gesamtuntersuchung dieser Bücher mit dem neuen exegetischen Methodenkanon darstellte. Bahnbrechendes leistete T. v.a. auf dem Gebiet der Textkritik durch erstmalige konsequente Heranziehung der verschiedenen griechischen Übersetzungen des Alten Testaments (LXX; Symmachus u.a.) zur Neuübersetzung und Verbesserung des masoretischen Texts. Auch versuchte er, den Nachweis einer Textzusammensetzung der Samuelbücher aus fünf verschiedenen Hauptbestandteilen zu erbringen. Neben weiteren ähnlich bedeutsamen alttestamentlichen Kommentaren zu dem 1. und 2. Buch der Könige (1849, für diese Arbeit wurde ihm im selben Jahr der Dr. theol. der Uni Leipzig zuerkannt) und den Klageliedern (1855) trat T. auch mit wichtigen Grundlagenarbeiten zum Alten Testament hervor, so z.B. mit einer Arbeit über die biblischen Maßeinheiten, die Existenz des Heiligen Grabs in Jerusalem und über die Topografie des vorexilischen Jerusalem. Den theologischen Auseinandersetzungen seiner Zeit stellte sich T. u.a. 1843 mit seinem apologetischen Sendschreiben an
Bruno Bauer und 1865 an
David Friedrich Strauß, dabei suchte er die Glaubwürdigkeit der apostolischen und altkirchlichen Überlieferung gegen deren massive historische Kritik in Schutz zu nehmen. Neben Monografien publizierte T. auch Beiträge in zahlreichen Zeitschriften (u.a. in den „Theologischen Studien und Kritiken“, in der „Zeitschrift für die historische Theologie“ und in der „Zeitschrift der Deutschen Morgenländischen Gesellschaft“). Aus seiner exegetischen und traditionsgeschichtlichen Beschäftigung mit den Psalmen ging 1859 eine für die Gemeinden bestimmte Psalmenübersetzung hervor. Als wissenschaftlich sehr produktiver Pfarrer zählt T. zu den hervorragendsten Vermittlungstheologen Dresdens zwischen Rationalismus und Neuluthertum. 1849 wurde er zum Konsistorialrat ernannt und 1874 außerordentlicher theologischer Beisitzer des neu konstituierten Landeskonsistoriums. Außerdem wurde ihm 1873 das Komturkreuz zweiter Klasse des Verdienstordens verliehen.
Quellen Archiv des Gustav-Adolf-Werkes Leipzig, J92, Nr. 107, Bl. 22; Stadtarchiv Dresden, H.Dresd. 4 2335, Bd. 6, fol. 21.
Werke Golgatham et sanctum sepulturum extra Hierosolyma et hodierna et antiqua etiamnunc superesse, in: Zeitschrift für die historische Theologie 12/1842, H. 4, S. 1-35; Die Bücher Samuels, Leipzig 1842, 31898; Das Evangelium ohne die Evangelien. Ein offenes Sendschreiben an Herrn Bruno Bauer, Leipzig 1843; Die althebräischen Längen- und Hohlmaße, in: Theologische Studien und Kritiken 19/1846, H. 1, S. 73-144, H. 2, S. 297-342; Die Bücher der Könige, Leipzig 1849, 31898; Das vorexilische Jerusalem und dessen Tempel, Leipzig 1849; Die Klagelieder, Leipzig 1855; Der Psalter nach Luthers Übersetzung, unter Berücksichtigung des Grundtextes, Leipzig 1859.
Literatur R. Rüetschi, Die Bücher der Könige, erklärt von Otto T. (Rezension), in: Theologische Studien und Kritiken 25/1852, H. 1, S. 181-198; Dr. theol. T. †, in: Dresdner Anzeiger 24.8.1876, S. 13; P. S. M. Flade (Hg.), Neue Sächsische Kirchengalerie. Ephorie Dresden I, Leipzig 1906, Sp. 487 (Bildquelle). – DBA I; W. Haan, Sächsisches Schriftsteller-Lexicon, Leipzig 1875, S. 337f. (WV).
Thomas Markert
4.8.2010
Empfohlene Zitierweise:
Thomas Markert, Artikel: Otto Thenius,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/17988 [Zugriff 22.12.2024].
Otto Thenius
Quellen Archiv des Gustav-Adolf-Werkes Leipzig, J92, Nr. 107, Bl. 22; Stadtarchiv Dresden, H.Dresd. 4 2335, Bd. 6, fol. 21.
Werke Golgatham et sanctum sepulturum extra Hierosolyma et hodierna et antiqua etiamnunc superesse, in: Zeitschrift für die historische Theologie 12/1842, H. 4, S. 1-35; Die Bücher Samuels, Leipzig 1842, 31898; Das Evangelium ohne die Evangelien. Ein offenes Sendschreiben an Herrn Bruno Bauer, Leipzig 1843; Die althebräischen Längen- und Hohlmaße, in: Theologische Studien und Kritiken 19/1846, H. 1, S. 73-144, H. 2, S. 297-342; Die Bücher der Könige, Leipzig 1849, 31898; Das vorexilische Jerusalem und dessen Tempel, Leipzig 1849; Die Klagelieder, Leipzig 1855; Der Psalter nach Luthers Übersetzung, unter Berücksichtigung des Grundtextes, Leipzig 1859.
Literatur R. Rüetschi, Die Bücher der Könige, erklärt von Otto T. (Rezension), in: Theologische Studien und Kritiken 25/1852, H. 1, S. 181-198; Dr. theol. T. †, in: Dresdner Anzeiger 24.8.1876, S. 13; P. S. M. Flade (Hg.), Neue Sächsische Kirchengalerie. Ephorie Dresden I, Leipzig 1906, Sp. 487 (Bildquelle). – DBA I; W. Haan, Sächsisches Schriftsteller-Lexicon, Leipzig 1875, S. 337f. (WV).
Thomas Markert
4.8.2010
Empfohlene Zitierweise:
Thomas Markert, Artikel: Otto Thenius,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/17988 [Zugriff 22.12.2024].