Otto Freiherr von Odeleben

O. war ein sächsischer Offizier, der sich nicht nur als Schriftsteller und Adjutant Napoleons einen Namen machte. Auch als Kartograf erwarb er sich durch die topografische Erfassung der Sächsischen Schweiz bleibende Verdienste um die Landesaufnahme in Sachsen. – O.s Vater hatte 1774 von einem kinderlos verstorbenen Onkel das Rittergut Riesa unter der Bedingung geerbt, die Vornamen des Erblassers anzunehmen. Er gab seine Tätigkeit als Amtmann im schönburgischen Amt Hinterglauchau auf und zog nach Riesa, wo er noch mehrere Güter in der Umgebung von Riesa erwarb und 1790 den Adelstitel „von Odeleben“ verliehen bekam. – Mit 15 Jahren begann O. seine militärische Laufbahn als Sousleutnant beim Garde du Corps, wo er 1796 zum Premierleutnant sowie 1803 zum Rittmeister und Adjutant des Generals Hans Gottlob von Zezschwitz aufstieg. 1801 unternahm er mit seinem Bruder Gottfried eine Reise nach Frankreich und in die Schweiz. Als Teilnehmer an der Schlacht bei Jena und Auerstedt im Oktober 1806 geriet er kurzzeitig in französische Gefangenschaft und schied im Januar 1807 zunächst aus dem aktiven Dienst aus. Im Februar 1812 trat er wieder als Rittmeister in den Generalstab ein und nahm mit der sächsischen Armee an Napoleons Russlandfeldzug teil. Als Napoleon im März 1813 einen sächsischen Offizier und die topografischen Karten von Sachsen anforderte, wurde O. zum Major befördert und mit den 370 Meilenblättern, den Originalen der seit 1780 vom Ingenieurkorps hergestellten topografischen Karten, von Sachsen nach Paris geschickt. Er blieb dann als Adjutant bei Napoleon und begleitete ihn als Oberstleutnant im Sommer 1813 auf den Erkundungsfahrten in Sachsen, z.B. zur Besichtigung der Festung Königstein. Als Auszeichnungen erhielt er in diesem Jahr den königlich sächsischen Militär-St.-Heinrichs-Orden und den französischen Nationalorden der Ehrenlegion. O. wurde erst nach der Völkerschlacht bei Leipzig Ende Oktober 1813 in Erfurt von Napoleon entlassen. Mit Unterbrechungen blieb O. im sächsischen Generalstab. Er wurde 1820 zum Oberst befördert und 1830 Generaladjutant des Königs. – Als Militärschriftsteller wurde O. v.a. durch sein Buch über „Napoleons Feldzug in Sachsen 1813“ bekannt. Es erschien ab 1816 in mehreren Auflagen und wurde ins Französische und Englische übersetzt. Er beschreibt darin sowohl die Ereignisse des Jahrs 1813 als auch die Person Napoleon aus seinem persönlichen Blickwinkel, was in Paris zu negativen Reaktionen gegen ihn führte. Er veröffentlichte daraufhin eine Erwiderung in französischer Sprache. – 1807 übernahm O. vom kranken Vater die Verwaltung des Ritterguts in Riesa. Er konnte aber nach dessen Tod 1808 mit seinen Brüdern den Vermögensverfall der Familie nicht aufhalten. Der gesamte Familienbesitz geriet nach langwierigen Verhandlungen in Sequester. 1824 übernahmen zwei Brüder der befreundeten Familie von Welck das Rittergut. Von deren Nachfahren kaufte es 1874 die Stadt Riesa, die dort ihr Rathaus einrichtete. – Schon um 1800 wurde O. in der Ritterakademie in Dresden von Johann Georg Lehmann in der topografischen Geländeaufnahme ausgebildet und erreichte darin hervorragende Fertigkeiten. 1817 erschien sein „Plan der Gegend von Bautzen“, zu dem noch die Schlacht bei Bautzen im Mai 1813 den Anlass lieferte. 1823 bis 1826 folgte er dann seinem schon lange gehegten Wunsch und nahm die Sächsische Schweiz topografisch auf. Ohne Auftrag hat er in 158 Tagen seiner Freizeit die Arbeit bewältigt. Die Karte wurde dann von Ferdinand Reyher in Kupfer gestochen und erschien 1830. Sie erlebte bis 1870 mehrere überarbeitete Auflagen und gilt noch heute als die beste und genaueste zeitgenössische kartografische Wiedergabe der inzwischen für den Reiseverkehr berühmt gewordenen Landschaft. Zusätzlich hatte O. 1828 auch ein kreisförmiges Panorama vom Großen Winterberg hergestellt. Zu allen diesen topografischen Arbeiten schrieb er ausführliche Kommentare, in denen Herstellung und Inhalt der Erzeugnisse erläutert und fachtechnische Betrachtungen angestellt werden. So nannte er schon 1817 die Höhenlinien als bessere Möglichkeit zur Wiedergabe der Geländeformen, obwohl diese erst Jahrzehnte später in der topografischen Kartografie eingeführt wurden. Seine Karten erschienen noch in der klassischen Lehmann’schen Manier mit Böschungsschraffen. – O. starb 1833 kinderlos in Dresden. Sein Leichnam wurde von den Brüdern Welck nach Riesa in die Klosterkirche überführt, wo bereits der Vater und andere Familienmitglieder sowie Angehörige älterer Riesaer Rittergutsbesitzerfamilien beigesetzt worden waren. – Ein Bild O.s und seine Tagebücher befanden sich im Körner-Museum in Dresden, wo sie bei der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 vernichtet wurden.

Werke Ernst Ludwig von Benkendorf, in: F. Schlichtegroll (Hg.), Nekrolog der Teutschen für das neunzehnte Jahrhundert, Gotha 1805, S. 1-135; Napoleons Feldzug in Sachsen im Jahr 1813, Dresden 1816, 31840 (ND Paris 1817 [franz.], ND London 1820 [engl.], ND Osnabrück 1999); Plan der Gegend von Bautzen, Dresden 1817; Kreis-Umsicht vom grossen Winterberge, [Dresden 1828], 21887; Erläuterungen zu dem Cyclorama oder der Kreis-Umsicht vom grossen Winterberge, Dresden 1828; Sachsen und seine Krieger in den Jahren 1812 und 1813, Leipzig 1829; Topographische Karte der Gegend von Hohnstein und Schandau oder des besuchtesten Theiles der sogenannten sächsischen Schweiz, Dresden 1830 (ND Dresden 1991).

Literatur A. Brabant (Hg.), Deutsche Schlachtfelder. Ereignisse und Wanderfahrten, Bd. 3: In und um Dresden 1813, Dresden 1913, S. 160 (P); Welck, v., Otto Freiherr von O., in: Riesaer Tageblatt 23.8.1913, Beilage; H. Brunner, Otto v. O. (1777-1833), seine Beziehungen zu Napoleon und zur sächsischen Kartographie, Dresden 1987; ders., Die Karte der Sächsischen Schweiz von Otto von O., in: Cartographica Helvetica 10/1994, S. 42-48; P. Bien, Napoleon-Vertrauter und Naturschwärmer. Vor 225 Jahren wurde d. Kartograph Otto von O. geboren, in: Dresdner Neueste Nachrichten 11.3.2002, S. 7. – ADB 24, S. 145f.; DBA I, II; Neuer Nekrolog der Deutschen 11/1833, Weimar 1835, S. 724f.; J. C. Poggendorff, Biographisch-literarisches Handwörterbuch, Bd. 2, Leipzig 1863, Sp. 307; E. H. Kneschke (Hg.), Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon, Bd. 6, Leipzig 1865, S. 562.

Porträt Ernst Otto Innocenz Freiherr von O., Kgl. Sächs. Major im Generalstabe, Ölgemälde, in: A. Brabant (Hg.), Deutsche Schlachtfelder. Ereignisse und Wanderfahrten, Bd. 3: In und um Dresden 1813, Dresden 1913, S. 160 (Bildquelle); Bildnis des Oberstleutnants und Adjutanten Napoleons I. Otto von O., Ölgemälde, ehemals Körner-Museum Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, Foto: Walter Möbius, um 1936.

Hans Brunner
2.4.2007


Empfohlene Zitierweise:
Hans Brunner, Artikel: Otto Freiherr von Odeleben,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3047 [Zugriff 29.3.2024].

Otto Freiherr von Odeleben



Werke Ernst Ludwig von Benkendorf, in: F. Schlichtegroll (Hg.), Nekrolog der Teutschen für das neunzehnte Jahrhundert, Gotha 1805, S. 1-135; Napoleons Feldzug in Sachsen im Jahr 1813, Dresden 1816, 31840 (ND Paris 1817 [franz.], ND London 1820 [engl.], ND Osnabrück 1999); Plan der Gegend von Bautzen, Dresden 1817; Kreis-Umsicht vom grossen Winterberge, [Dresden 1828], 21887; Erläuterungen zu dem Cyclorama oder der Kreis-Umsicht vom grossen Winterberge, Dresden 1828; Sachsen und seine Krieger in den Jahren 1812 und 1813, Leipzig 1829; Topographische Karte der Gegend von Hohnstein und Schandau oder des besuchtesten Theiles der sogenannten sächsischen Schweiz, Dresden 1830 (ND Dresden 1991).

Literatur A. Brabant (Hg.), Deutsche Schlachtfelder. Ereignisse und Wanderfahrten, Bd. 3: In und um Dresden 1813, Dresden 1913, S. 160 (P); Welck, v., Otto Freiherr von O., in: Riesaer Tageblatt 23.8.1913, Beilage; H. Brunner, Otto v. O. (1777-1833), seine Beziehungen zu Napoleon und zur sächsischen Kartographie, Dresden 1987; ders., Die Karte der Sächsischen Schweiz von Otto von O., in: Cartographica Helvetica 10/1994, S. 42-48; P. Bien, Napoleon-Vertrauter und Naturschwärmer. Vor 225 Jahren wurde d. Kartograph Otto von O. geboren, in: Dresdner Neueste Nachrichten 11.3.2002, S. 7. – ADB 24, S. 145f.; DBA I, II; Neuer Nekrolog der Deutschen 11/1833, Weimar 1835, S. 724f.; J. C. Poggendorff, Biographisch-literarisches Handwörterbuch, Bd. 2, Leipzig 1863, Sp. 307; E. H. Kneschke (Hg.), Neues allgemeines Deutsches Adels-Lexicon, Bd. 6, Leipzig 1865, S. 562.

Porträt Ernst Otto Innocenz Freiherr von O., Kgl. Sächs. Major im Generalstabe, Ölgemälde, in: A. Brabant (Hg.), Deutsche Schlachtfelder. Ereignisse und Wanderfahrten, Bd. 3: In und um Dresden 1813, Dresden 1913, S. 160 (Bildquelle); Bildnis des Oberstleutnants und Adjutanten Napoleons I. Otto von O., Ölgemälde, ehemals Körner-Museum Dresden, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek, Foto: Walter Möbius, um 1936.

Hans Brunner
2.4.2007


Empfohlene Zitierweise:
Hans Brunner, Artikel: Otto Freiherr von Odeleben,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/3047 [Zugriff 29.3.2024].