Moritz von Sachsen

Am Ende seines Lebens zählte M. zu den berühmtesten Feldherren seiner Zeit und galt als der einzige General, der nie eine Schlacht verloren hatte. Nach dem großen Sieg zu Fontenoy (Frankreich) 1745 wurde er 1747, obgleich Ausländer und Protestant, zum dritten Generalfeldmarschall (Maréchal-Général des Camps et Armées de France) in der französischen Geschichte ernannt. Nach der Hochzeit seiner Nichte Maria Josepha von Sachsen mit dem französischen Dauphin Ludwig 1747 und angesichts seiner Freundschaft mit der Marquise de Pompadour galt M. als einflussreiche Größe am französischen Hof. – In seiner Jugend wurde M. auf Wunsch seines Vaters Kurfürst Friedrich August I. unter Matthias Johann Graf von der Schulenburg zum Offizier ausgebildet. Er nahm an Feldzügen in Flandern (Schlacht von Malplaquet 1709), Pommern (1711) und Niedersachsen (1712) sowie an der Belagerung Belgrads unter Prinz Eugen von Savoyen (1717) teil. 1711 legitimierte ihn sein Vater als erstes seiner unehelichen Kinder und M. erhielt den Titel Graf von Sachsen sowie das Rittergut Schkölen bei Eisenberg. Mit Eifer widmete M. sich dem Aufbau seines eigenen Regiments. Spannungen bestanden mit dem Generalfeldmarschall und Kabinettsminister Jakob Heinrich Graf von Flemming. Auch die Beziehung zum Vater war recht wechselhaft. Der Kurfürst war anscheinend einerseits stolz auf den kriegerischen Sohn, der ihm ähnelte, andererseits prallten hier aber auch zwei starke Charaktere aufeinander. Insbesondere 1716, nachdem M. im Zuge der Heeresreform sein Regiment verloren hatte, kam es zu heftigen Auseinandersetzungen bis hin zur Drohung des Kurfürsten, ihn nach Königstein zu schicken. – 1720 ging M. nach Frankreich und übernahm dort militärische Aufgaben. Die Abreise aus Sachsen geschah nicht zuletzt auch deshalb, weil ihn sein Vater außer Landes sehen wollte, um keinen direkten Vergleich mit dem legitimen Thronfolger, Friedrich August (II.), zuzulassen. In dieser Zeit scheint M. von Friedrich August I. auch mit diplomatischen Demarchen (beim französischen Regenten 1723 und dem König von England 1724) betraut gewesen zu sein und vertrat seinen Vater bei der Heirat König Ludwigs XV. von Frankreich. Sein einziges literarisches Werk, die „Rêveries“, waren für seinen Vater und als Hilfe bei dessen Auseinandersetzungen mit den polnischen Magnaten gedacht. – Zeit seines Lebens sollte M. den brennenden Ehrgeiz hegen, eine eigene Krone zu tragen. Tatsächlich wurde er 1726 zum Herzog von Kurland gewählt, konnte sich aber angesichts russischer Machtpolitik dort nicht durchsetzen. Hinter den Kulissen wurde er von seinem Vater unterstützt, der ihn aber offiziell zur Aufgabe seines Anspruchs drängte, was M. verweigerte. – In den Jahren nach 1733 zeichnete sich M. im Polnischen Erbfolgekrieg bei der Rheinarmee aus und hatte im Kampf Frankreichs gegen habsburgische Armeen Anteil an den Kämpfen um Kehl, bei Ettlingen und an der Mosel. 1734 wurde er zum französischen Generalleutnant befördert. Ab 1736/37 verbesserte sich M.s Verhältnis zu seinem Halbbruder, Kurfürst Friedrich August II. von Sachsen (als König von Polen August III.), für den er sich als „Gazetier“ betätigte, als Übermittler und Kommentator von Gerüchten und Entwicklungen am französischen Hof. M. ließ sich nicht als Franzose oder als Sachse einordnen - er beanspruchte für sich das Recht, aus eigener Bedeutung und kraft eigenen Talents zu urteilen. Zu Beginn des Österreichischen Erbfolgekriegs 1741 versuchte er seinen Halbbruder zu überzeugen, die bayerisch-französische Seite zu unterstützen und den Anspruch des bayerischen Kurfürsten auf die Kaiserkrone mitzutragen. Mit den französischen Truppen zog M. durch Bayern und bis wenige Kilometer vor Wien, wo dann die Armee in Richtung Prag abschwenkte, nicht zuletzt, um nicht den auf Prag ziehenden Sachsen die böhmische Hauptstadt zu überlassen. Im Zusammenspiel mit seinen sächsischen Halbbrüdern (Friedrich August Graf von Rutowski, Friedrich August von Cosel und Johann Georg) nahm M. Prag ein und zeichnete sich vor Eger (tschech. Cheb) aus. 1742/43 führte er die Kampagne in Bayern gegen die Österreicher und verteidigte das Oberelsass. 1744 wurde er zum Maréchal de France ernannt und führte fortan im Wesentlichen den Krieg in Flandern gegen England-Hannover, Habsburg und die Niederlande. In Gegenwart des Königs belagerte und nahm er Menin, Ypern und Furnes ein. 1745 errang er den berühmten Sieg in der Schlacht von Fontenoy, eine Schlacht, die bis heute in allen französischen Schulgeschichtsbüchern dargestellt wird und mit dem Satz „Schießen Sie zuerst, meine Herren Franzosen“ verbunden wird. U.a. die Städte Tournai, Gent, Brügge und Ostende fielen ihm zu. M. führte den Krieg durch das Verschieben großer Truppenteile über weite Flächen und galt zu Recht als genialer Stratege. 1747 wurde er General-Gouverneur der Niederlande, dann Gouverneur des Elsass. Er häufte eines der größten Privatvermögen in Frankreich an. – M.s frühe Ehe mit Johanna Victoria von Loeben wurde nach wenigen Jahren getrennt. Er war bekannt für zahlreiche Liebschaften und Affären mit hochadligen Damen ebenso wie mit Schauspielerinnen. Ernsthafter war seine Beziehung zu der bedeutenden Schauspielerin Adrienne Lecouvreur. Mit Marie Rinteau hatte er eine Tochter, Maria Aurora, die Großmutter der Schriftstellerin George Sand. Befreundet war M. u.a. mit Voltaire, der das Siegesgedicht auf ihn nach der Schlacht von Fontenoy verfasste. – Von Alter und Krankheit gezeichnet zog sich M. auf Schloss Chambord zurück, das ihm Ludwig XV. seiner Verdienste wegen geschenkt hatte. Von Juni bis Oktober 1749 unternahm er die letzte seiner regelmäßigen Reisen nach Dresden und hatte zugleich eine viel beachtete Begegnung mit Friedrich II. von Preußen in Sanssouci. Zur Niederkunft der Dauphine, Maria Josepha von Sachsen, reiste er im Herbst 1750 ein letztes Mal nach Versailles.

Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimes Kabinett, M. von Sachsen; Service historique des armées Vincennes, Maréchaux de France, MF 212, Maurice de Saxe.

Werke Les Rêveries, ou Mémoires sur l’Art de la Guerre de Maurice Comte de Saxe, 2 Bde., Den Haag 1756.

Literatur J. E. M. White, Lorbeer und Rosen, Tübingen 1964; E. Düsterwald, M. von Sachsen, St. Augustin 1972; J.-P. Bois, Le Maréchal de Saxe, Paris 1992; G. Treffer, M. von Sachsen, Regensburg 2005 (P). – ADB 22, S. 305-307; DBA I, II, III; DBE 7, S. 216; NDB 18, S. 143f.

Porträt M. von Sachsen, M. Q. de la Tour, 1748, Pastell, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Gerd Treffer
30.7.2010


Empfohlene Zitierweise:
Gerd Treffer, Artikel: Moritz von Sachsen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22838 [Zugriff 28.3.2024].

Moritz von Sachsen



Quellen Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, Geheimes Kabinett, M. von Sachsen; Service historique des armées Vincennes, Maréchaux de France, MF 212, Maurice de Saxe.

Werke Les Rêveries, ou Mémoires sur l’Art de la Guerre de Maurice Comte de Saxe, 2 Bde., Den Haag 1756.

Literatur J. E. M. White, Lorbeer und Rosen, Tübingen 1964; E. Düsterwald, M. von Sachsen, St. Augustin 1972; J.-P. Bois, Le Maréchal de Saxe, Paris 1992; G. Treffer, M. von Sachsen, Regensburg 2005 (P). – ADB 22, S. 305-307; DBA I, II, III; DBE 7, S. 216; NDB 18, S. 143f.

Porträt M. von Sachsen, M. Q. de la Tour, 1748, Pastell, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Gemäldegalerie Alte Meister, Sächsische Landesbibliothek - Staats- und Universitätsbibliothek Dresden, Abteilung Deutsche Fotothek (Bildquelle).

Gerd Treffer
30.7.2010


Empfohlene Zitierweise:
Gerd Treffer, Artikel: Moritz von Sachsen,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22838 [Zugriff 28.3.2024].