Max Jacob
J. war Gründer der zu internationaler Bedeutung gelangten Hohnsteiner Handpuppenspiele. In den 1920er-Jahren belebte er das volkstümliche Handpuppenspiel neu, grenzte sich aber durch seine reformierte Spielweise von dem traditionellen Jahrmarktshandpuppenspiel ab. Besonders die Figur des Kaspers bekam durch J. neue, bürgerliche und pädagogische Züge. Er schuf neue Kasperstücke, die auf regionalen Sagen oder aktuellen Ereignissen beruhten und oftmals auch parodistischer Art waren. Er ließ auch Raum für freie Improvisation in der direkten Kommunikation mit den Zuschauern, für die J. als Kasperspieler besonders beliebt war. Bis heute prägt J.s Kasper das landläufige Bild dieser Figur. Grund dafür ist auch die große Verbreitung der von dem Holzbildhauer
Theo Eggink und der Kostümschneiderin
Elisabeth Grünwaldt für seine Bühne gestalteten Puppen. Zu J.s Verdiensten gehören die differenzierte Puppenführung und Sprachbehandlung, die die Figuren über die Typisierung im traditionellen Handpuppenspiel hinausweisen ließen. Neuartig war auch die Nutzung des Bühnenraums bis in die Tiefe, was den Tanz der Puppen ermöglichte, für den die Hohnsteiner Spieler berühmt waren. J.s Bühne arbeitete außerdem mit Effekten wie Licht, Lautsprechern und raffinierten Kulissen, die trotzdem die Schlichtheit seines Spiels bewahrten. – Zugang zum Puppenspiel bekam J. durch die Wandervogelbewegung, der er sich 1914 in seiner Zeit als Buchhalterassistent der Gelsenkirchener Gasanstalt anschloss. Diese bürgerliche Jugendbewegung hatte sich u.a. zum Ziel gesetzt, alte deutsche Volkstraditionen wie das Puppenspiel wieder zu beleben. 1916 bis 1919 arbeitete J. als Buchhalter der Libauer Gasanstalt im Baltikum. Diese wurde als kriegswichtiger Betrieb eingestuft, und J. blieb im Ersten Weltkrieg Zivilist. Die Libauer Zeit war entscheidend für J.s Leben und die Entstehung der Hohnsteiner Bühne, denn in der dortigen Wandervogelgruppe, die er um sich scharte, lernte er Theo Eggink, Elisabeth Grünwaldt sowie seine spätere Frau
Marie kennen. 1920 übernahm er die Stelle des Buchhalters in der Wandervogelkanzlei in Hartenstein. Aus einer Improvisation mit Handpuppen zu seiner Geburtstagsfeier entstand eine zunehmend professionelle Gruppe, die zuerst in den weiteren Wandervogelkreisen, dann auch in Schulen der Umgebung spielte. Im September 1928 folgte die bis dahin Hartensteiner Gruppe dem Angebot der Jugendburg Hohnstein in der Sächsischen Schweiz, dorthin umzusiedeln. Neben den Gastspielreisen – ab 1930 mit zwei Bühnen – wurde die Lehrgangstätigkeit ausgeweitet. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 diente die Burg als „Schutzhaftlager“ und die Puppenspieler wurden zuerst provisorisch untergebracht, dann in das 1934 fertig gestellte „Kasperhaus“ in Hohnstein umquartiert. Unter dem Regime der Nationalsozialisten erfolgten die Engagements fast ausschließlich über die NS-Kulturgemeinde innerhalb der Organisation „Kraft durch Freude“. Ein weiteres wirtschaftliches Standbein waren die Arbeiten für Film, Funk und Fernsehen. Mit Kriegsbeginn wurde der Spielbetrieb eingeschränkt. 1940 bis 1944 kamen die Hohnsteiner in der kulturellen Wehrmachts- und Frontbetreuung zum Einsatz. Doch mit der Ausrufung des „Totalen Kriegs“ wurden alle Bühnen geschlossen. J. fand als Zivilist eine Anstellung bei der Kriegsmarine. Bei Kriegsende befand er sich in Kiel und nahm eine Einladung nach Hamburg an, wo er im Sommer 1945 wieder die Puppenspielarbeit aufnahm. 1953 schied J. aus der aktiven Spielarbeit aus, allerdings führten zwei von ihm autorisierte Hohnsteiner Puppenbühnen sein Werk fort. 1957 wurde J. zum Präsidenten der Union Internationale de la Marionnette (UNIMA) gewählt.
Quellen Archiv des Kunstblumen- und Heimatmuseums Sebnitz, Nachlass Marie Jacob (P); Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Archiv der Puppentheatersammlung, Spielerakten der Hohnsteiner Puppenspiele (Bildquelle); Puppentheatermuseum im Münchner Stadtmuseum, Bühnennachlass J.
Werke Mein Kasper und ich, Stuttgart 1964, Stuttgart 21981 (P).
Literatur R. Schimmrich, Das Hohnsteiner Handpuppenspiel, Jena 1937 (P); H. Just (Hg.), Mensch - Puppen - Narr - Spieler - Weiser, Kassel/Basel 1958; S. Günther, „Von meinem Kasperltheater“, in: Das andere Theater 24/1996, S. 5-13. – DBA II, III; DBE 5, S. 271; NDB 10, S. 218f.
Dorothee Carls
19.1.2005
Empfohlene Zitierweise:
Dorothee Carls, Artikel: Max Jacob,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10869 [Zugriff 25.11.2024].
Max Jacob
Quellen Archiv des Kunstblumen- und Heimatmuseums Sebnitz, Nachlass Marie Jacob (P); Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Archiv der Puppentheatersammlung, Spielerakten der Hohnsteiner Puppenspiele (Bildquelle); Puppentheatermuseum im Münchner Stadtmuseum, Bühnennachlass J.
Werke Mein Kasper und ich, Stuttgart 1964, Stuttgart 21981 (P).
Literatur R. Schimmrich, Das Hohnsteiner Handpuppenspiel, Jena 1937 (P); H. Just (Hg.), Mensch - Puppen - Narr - Spieler - Weiser, Kassel/Basel 1958; S. Günther, „Von meinem Kasperltheater“, in: Das andere Theater 24/1996, S. 5-13. – DBA II, III; DBE 5, S. 271; NDB 10, S. 218f.
Dorothee Carls
19.1.2005
Empfohlene Zitierweise:
Dorothee Carls, Artikel: Max Jacob,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/10869 [Zugriff 25.11.2024].