Max Adolf Pfeiffer

P. erwarb sich bei der künstlerischen und technologischen Erneuerung der Staatlichen Porzellanmanufaktur Meißen zwischen 1918 und 1933 enorme Verdienste. Heute wird diese künstlerisch „klar herausgehobene Periode“ ( C. Marusch-Krohn) als „Pfeifferzeit“ bezeichnet. – Bis 1888 besuchte P. das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium Berlin und nach dem Umzug nach Frankfurt/Main bis 1895 das dortige Kaiser-Friedrich-Gymnasium. Ein Praktikum in der Eisenbahn-Hauptwerkstatt 1895/96 in Frankfurt/Main schloss P. als Schlosser und Tischler ab. Das Studium des Maschinenbaus begann er 1896 an der TH Darmstadt und setzte es 1896 bis 1899 an der TH Carolo-Wilhelmina Braunschweig fort. Seine Neigung zur Bildenden Kunst und Literatur befriedigte er durch Besuch entsprechender Lehrveranstaltungen in Darmstadt und Braunschweig. Dabei entstand und festigte sich P.s engeres Interesse an der Plastik und der Numismatik. Nach Abschluss des Studiums im Oktober 1899 nahm er an der TH Braunschweig, wo er erste keramtechnologische Studien unternahm, für zwei Jahre eine Assistentenstelle an. Nach Abschluss dieser Assistenzzeit wurde ihm 1901 der Grad eines Diplom-Ingenieurs verliehen. Im Oktober 1901 trat er eine Dozentenstelle am Technikum Köthen/Anhalt an und setzte seine Keramikstudien fort. 1902 arbeitete P. ein Jahr als Konstrukteur bei Borsig in Tegel. 1903 bis 1904 war er im Jacobi-Werk in Meißen an der Ausrüstung der Majolika-Fabrik Cadinen (poln. Kadyny) mit keramischen Maschinen beteiligt. Ostern 1904 trat P. eine Stelle als Konstrukteursassistent an der TH Dresden an, die er bis 1908 ausübte. Im Anschluss daran erhielt er im Oktober 1908 die Stelle eines Betriebsleiters der Porzellanfabrik Mann & Porzelius Unterweißbach im Fürstentum Schwarzburg-Rudolstadt. P. erwarb diese Fabrik 1909 und wandelte sie mit einem Stammkapital von 20.000 Mark in die „Schwarzburger Werkstätten für Porzellankunst Max Adolf Pfeiffer GmbH“ um. Neben der bisherigen, kommerziellen Produktlinie nahm er ein anspruchsvolles künstlerisches Programm auf und engagierte bekannte Plastiker wie Ernst Barlach, Max Esser, Gerhard Marcks, Richard Scheibe und Paul Scheurich, die Modelle für Kleinplastiken in Porzellan lieferten. P. führte die Fertigung von Gefäßen in den „Werkstätten“ ein und experimentierte selbst ausgiebig mit „Ochsenblutglasur“ (Kupferoxydulrot) auf Porzellan. 1911 heiratete er die Dresdner Professorentochter Thusnelde Esche. Nach dem Besuch des Direktors der Porzellanmanufaktur Meißen, Julius Ludwig Ferdinand Heintze, in Unterweißbach trat P. am 1.4.1913 als kaufmännischer Direktor in die Administration des sächsischen Staatsbetriebs ein. Vom Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg wurde P. freigestellt und übernahm am 1.11.1918 die Leitung der Porzellanmanufaktur. In seinen Lebenserinnerungen beschreibt er diesen Schritt: „Am 1.11.1918 übernahm ich die alleinverantwortliche Führung der Königlichen Porzellan-Manufaktur Meißen und bekam damit die künstlerisch größten Möglichkeiten in die Hand, die die Deutsche Keramik zu vergeben hat, doch wie tief war dies alles verschüttet“. Als erstes organisierte er die Neueinrichtung der Masseherstellung und ordnete die Produktwege der Porzellanherstellung rationell. Als 400 Fachkräfte der Gestaltung 1919 beschäftigungslos wurden, organisierte P. Notstandsarbeit, statt sie zu entlassen. – Auf Veranlassung P.s hatte Betriebschemiker William Funk seit 1916/17 die Nachentwicklung des rotbraunen Feinsteinzeugs betrieben, das P. 1919 mit dem Begriff „Böttgersteinzeug“ versah. 1919 legte er einige Masseversätze vor, die P. als Material für die Herstellung von Münzen und Medaillen geeignet erschienen. So schuf die Staatliche Porzellanmanufaktur ab 1921 Notgeldmünzen für Kommunen sowie den Freistaat Sachsen als Auftraggeber. Auch beim Reichsfinanzminister wurde P. mit Entwürfen vorstellig und träumte bereits davon, dass Münzen aus Meißen komplett die Scheidemünzen aus Münzmetall ablösen. Aus der deutschen Medaillenkunst ist Böttgersteinzeug seither nicht wegzudenken. Der bedeutendste Künstler dieses neuen Sektors der Porzellanmanufaktur war Emil Paul Börner. Gleich nach Übernahme der Direktion begann P. seine Verbindungen zu Künstlern aus der Unterweißbacher Zeit aufzunehmen. Während Barlach, Marcks, Willi Münch-Khe (eigentl. Wilhelm Heinrich Eduard Münch) und Scheibe mit der Lieferung von Modellen für die Meißner Produktion zeitgenössischer Kleinplastiken beauftragt wurden, erhielten Esser und Scheurich Atelierräume in Meißen. Die größten künstlerischen Hoffnungen aber setzte P. in Börner. Diesem vertraute er zwei seiner kühnsten Projekte an: 1921 die Ausgestaltung der Nikolaikirche in Meißen als Kriegsopfergedächtnisstätte mit Epitaphen und lebensgroßen Figuren aus Porzellan und um 1925/26 erhielt Börner den Auftrag für die Herstellung eines stimmbaren Porzellan-Glockenspiels für die Frauenkirche Meißen. Beide Projekte wurden 1929 übergeben. P. forderte von allen „artistischen Arbeitern“ Höchstleistungen und fällte über deren Entwürfe scharfe Urteile. Unter den Animositäten, die hieraus hervorgingen, ist die mit Gestaltungsleiter Erich Hösel symptomatisch. Nach dem Vorbild der Berliner Porzellanmanufaktur führte P. die Porzellanmanufaktur Anfang der 1920er-Jahre auch auf das Gebiet des technischen Porzellans, ohne jedoch für die Erzeugnisse für Chemie und Elektrotechnik ähnliche gestalterische Sorgfalt wie Berlin walten zu lassen. Dieser fertigungstechnische und kaufmännische Irrweg wurde erst 1951 verlassen. Im März 1933 wurde P., der Mitglied in der DDP war, als Generaldirektor vorläufig beurlaubt und kurz danach endgültig entlassen. P. übersiedelte 1934 nach Dresden und wirkte als künstlerischer Berater der Porzellanfabrik Lorenz Hutschenreuther in Selb. 1938 wurde P. Direktor der Berliner Porzellanmanufaktur. Zu dieser Zeit trat er der NSDAP bei. Er widmete sich in Berlin der Erneuerung des künstlerischen Programms und der technischen Ausstattung. Ab 1.1.1938 übernahm P. zusätzlich die Leitung der Staatlichen Glasmanufaktur AG in Karlsbad-Maierhöfen (tschech. Dvory), mit deren Erhalt und künstlerischen Neuausrichtung er betraut war. Als 1943 bei einem Bombenangriff die Berliner Porzellanmanufaktur sowie auch P.s Berliner Haus zerstört wurden, verlagerte P. Produktion und Mitarbeiter nach Selb und siedelte mit seiner Familie dorthin. Die Porzellanmanufaktur Berlin in Selb leitete P. bis 1946. 1951 zog er in ein neugebautes Einfamilienhaus in Tutzing, wo er 1957 starb.

Literatur C. Marusch-Krohn, Meissener Porzellan 1918 bis 1933. Die Pfeifferzeit, Leipzig 1993; J. Schärer, Auf den Punkt gebracht. Porzellane für Meissen. Max Adolf P. zu Ehren, Meißen 2000; S. Förster, Notgeld aus der Porzellan-Manufaktur für Meißen und Sachsen, in: Manufakturisten als Bürger der Stadt Meißen, hrsg. vom Stadtmuseum Meißen, Meißen 2011, S. 108-116; ders., Kriegergedächtnisstätte und Glockenspiel - Porzellankunst für den öffentlichen Raum, in: ebd., S. 117-121. – DBA II, III.

Porträt Porträt en profil auf einer Medaille zum 50. Geburtstag, E. P. Börner, 1925, Böttgersteinzeug, Stadtmuseum Meißen (Foto. H. Münzberg, Meißen); Max Adolf P., Fotografie, Porzellanfabrik Tettau GmbH (Bildquelle).

Steffen Förster
2.5.2017


Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Max Adolf Pfeiffer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23720 [Zugriff 22.11.2024].

Max Adolf Pfeiffer



Literatur C. Marusch-Krohn, Meissener Porzellan 1918 bis 1933. Die Pfeifferzeit, Leipzig 1993; J. Schärer, Auf den Punkt gebracht. Porzellane für Meissen. Max Adolf P. zu Ehren, Meißen 2000; S. Förster, Notgeld aus der Porzellan-Manufaktur für Meißen und Sachsen, in: Manufakturisten als Bürger der Stadt Meißen, hrsg. vom Stadtmuseum Meißen, Meißen 2011, S. 108-116; ders., Kriegergedächtnisstätte und Glockenspiel - Porzellankunst für den öffentlichen Raum, in: ebd., S. 117-121. – DBA II, III.

Porträt Porträt en profil auf einer Medaille zum 50. Geburtstag, E. P. Börner, 1925, Böttgersteinzeug, Stadtmuseum Meißen (Foto. H. Münzberg, Meißen); Max Adolf P., Fotografie, Porzellanfabrik Tettau GmbH (Bildquelle).

Steffen Förster
2.5.2017


Empfohlene Zitierweise:
Steffen Förster, Artikel: Max Adolf Pfeiffer,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/23720 [Zugriff 22.11.2024].