Martin Hammitzsch
H. war ein anerkannter Architekt seiner Zeit. Sein bekanntestes Bauwerk ist die orientalische Tabak- und Zigarettenfabrik „Yenidze“ in Dresden, die wegen ihres moscheenartigen Aussehens für Aufsehen sorgte. Ihretwegen wurde H. auch aus der Reichsarchitektenkammer ausgeschlossen. – H. wurde nach Volksschul- und Realschulbesuch in Dresden zum Maurer und Zimmerer ausgebildet. 1894 bis 1898 studierte er an der Königlichen Höheren Gewerbeschule in Chemnitz. Hier erhielt er 1897 ein Belobigungsdekret, 1898 eine bronzene Preismedaille und ein Reisestipendium der Böhriger-Stiftung. Unmittelbar danach studierte er bis 1901 an der Technischen Hochschule in Dresden, wo er die Diplom-Ingenieurprüfung für Architekten ablegte. Hier hatte H. für kurze Zeit eine Assistentenstelle bei Cornelius Gurlitt inne. In der Folgezeit unternahm er Studienreisen durch alle Regionen Deutschlands sowie nach Frankreich, Italien, Dänemark, Schweden, Norwegen und in die USA. 1902 machte er sich in Nürnberg selbstständig und war in den Winterhalbjahren als Hauptlehrer für Bautechnik an der Baugewerkenschule Nürnberg angestellt. H. wurde 1904 mit der Arbeit „Die Entwicklung der neuzeitlichen Theaterbaukunst“ an der Technischen Hochschule Dresden zum Dr.-Ing. promoviert. – 1905 zog er ganz nach Dresden und war hier bis September 1909 in den Winterhalbjahren als Lehrer für bautechnische Fächer an der Königlich-Sächsischen Baugewerkenschule tätig. Ansonsten arbeitete er als freischaffender Architekt. 1907 bis 1909 projektierte und realisierte er mit der Dresdner Tabak- und Zigarettenfabrik „Yenidze“ den ersten komplett in Stahlbeton ausgeführten Industriebau Europas. Dieser erhielt eine 20 Meter hohe spitzbogige Glaskuppel und 600 unterschiedlich gestaltete Fenster. Die Schornsteine und Entlüftungsschächte wurden in der Form von Minaretten ausgeführt. Das weitere Schaffen H.s erstreckte sich im Wesentlichen auf Bauten für Privatpersonen. Er entwarf darüber hinaus Industriebauten und beteiligte sich erfolgreich an Ausschreibungen, z.B. für das Realgymnasium in Chemnitz, das Ministerialgebäude in Oldenburg u.a. – Obwohl sein Engagement als Architekt beachtlich war, wurde er 1909 fest angestellter Lehrer an den Technischen Staatslehranstalten in Chemnitz. Am 18.5.1918 erhielt er den Titel und Rang eines Professors. In seiner Lehrtätigkeit bis 1919 unterrichtete er v.a. die Fächer Ausbauarbeiten, Feldmessen, Baukunde und Bauzeichnen. 1920 übernahm H. die Leitung der Bauschule in Dresden. – Im August 1914 trat er als Kriegsfreiwilliger in das Pionierbataillon 22 ein und nahm, zuletzt als Hauptmann, am Ersten Weltkrieg teil. Im Januar 1919 wurde er aus der Armee entlassen. Für seine Kriegsverdienste wurde H. mit dem Eisernen Kreuz erster und zweiter Klasse sowie mit dem Ritterkreuz erster und zweiter Klasse des Sächsischen Albrechts-Ordens ausgezeichnet. – 1922 bis 1933 war H. als Mitglied der DNVP Gemeindeverordneter in Oberlößnitz und dort ab 1933 bis zur Eingemeindung nach Radebeul Gemeindeältester. 1935 wurde er Mitglied der NSDAP und nahm 1935 bis 1938 an den Reichsparteitagen teil. 1936 heiratete er die Halbschwester
Adolf Hitlers
Angela Raubal. Zwei Jahre später berief man H. zum Regierungsdirektor und Leiter der Bauabteilung in das sächsische Ministerium des Innern und 1939 zum Ministerialrat. H. diente 1937 bis 1943 als Hauptmann der Reserve in der Wehrmacht und schied 1943 als Oberst der Reserve aus. Anschließend übernahm er die Leitung der Abteilung Technik der sächsischen Landesregierung. – Am 12.5.1945 wurde H. im Staatsforst von Oberwiesenthal tot aufgefunden. Sein Vermögen wurde nach Befehl 124 der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) vom 30.10.1945 unter Sequester gestellt und laut Befehl 64 der SMAD vom 17.4.1948 enteignet sowie in Volkseigentum überführt.
Quellen Universitätsarchiv Chemnitz, 100/79 Personalakte H.; Bundesarchiv Berlin, SA 4000 (ehem. BDC) Sammlung SA; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 11377 Landesregierung Sachsen, Ministerium des Innern (1945-1952).
Werke Die Entwicklung der neuzeitlichen Theaterbaukunst, Berlin 1906; Der moderne Theaterbau, 5 Bde., Berlin 1906; Sächsische Staatsbauschule Dresden, Dresden 1927; 100 Jahre Staatsbauschule Dresden, Dresden 1937; Staatsbauschule - Hochbau und Tiefbau - Dresden 1837-1937. Denkschrift zur Hundertjahrfeier, Dresden 1937; Bauwerke: Zentralschulhaus mit Turnhalle und öffentlichem Bad Gemeinde Gröba, 1906/07; Neubau der orientalischen Tabak- und Zigarettenfabrik „Yenidze“ Dresden, 1907/09; fünfgeschossiger Gruppenbau für Kleinwohnungen Dresden-Altstadt, 1909; Baumwollspinnerei Riesa A.G. Leipzig, Rittergutsneubau Gröba, 1910.
Literatur H. Wefing, Versteinertes Rauchsignal: Martin H. „Tabakmoschee Yenidze“ in Dresden, in: Deutsche Bauzeitung 1/1997, S. 18-20.
Porträt Martin H., um 1911, Druckgrafik nach einer Fotografie, Universitätsarchiv Chemnitz, 502/1775 (Bildquelle).
Stephan Luther
21.9.2005
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Luther, Artikel: Martin Hammitzsch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22941 [Zugriff 2.11.2024].
Martin Hammitzsch
Quellen Universitätsarchiv Chemnitz, 100/79 Personalakte H.; Bundesarchiv Berlin, SA 4000 (ehem. BDC) Sammlung SA; Sächsisches Staatsarchiv - Hauptstaatsarchiv Dresden, 11377 Landesregierung Sachsen, Ministerium des Innern (1945-1952).
Werke Die Entwicklung der neuzeitlichen Theaterbaukunst, Berlin 1906; Der moderne Theaterbau, 5 Bde., Berlin 1906; Sächsische Staatsbauschule Dresden, Dresden 1927; 100 Jahre Staatsbauschule Dresden, Dresden 1937; Staatsbauschule - Hochbau und Tiefbau - Dresden 1837-1937. Denkschrift zur Hundertjahrfeier, Dresden 1937; Bauwerke: Zentralschulhaus mit Turnhalle und öffentlichem Bad Gemeinde Gröba, 1906/07; Neubau der orientalischen Tabak- und Zigarettenfabrik „Yenidze“ Dresden, 1907/09; fünfgeschossiger Gruppenbau für Kleinwohnungen Dresden-Altstadt, 1909; Baumwollspinnerei Riesa A.G. Leipzig, Rittergutsneubau Gröba, 1910.
Literatur H. Wefing, Versteinertes Rauchsignal: Martin H. „Tabakmoschee Yenidze“ in Dresden, in: Deutsche Bauzeitung 1/1997, S. 18-20.
Porträt Martin H., um 1911, Druckgrafik nach einer Fotografie, Universitätsarchiv Chemnitz, 502/1775 (Bildquelle).
Stephan Luther
21.9.2005
Empfohlene Zitierweise:
Stephan Luther, Artikel: Martin Hammitzsch,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/22941 [Zugriff 2.11.2024].