Martin Gildemeister

G. wirkte fast 20 Jahre als Ordinarius für Physiologie an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig. Das Ordinariat für Physiologie gehört zu den traditionsreichsten Leipziger Professuren. Es wurde bereits 1531 begründet und gelangte durch Carl Ludwig Ende des 19. Jahrhunderts zu Weltruhm. – G. studierte Naturwissenschaften und Medizin in Würzburg, Berlin und München, promovierte 1898 in Berlin und erhielt 1899 seine erste Stelle als Assistenzarzt am Physiologischen Universitätsinstitut in Königsberg unter Ludimar Hermann, wo er sich 1904 habilitierte. 1907 wurde er zum Privatdozenten und 1910 zum Titularprofessor in Straßburg ernannt. 1917 übernahm er als außerordentlicher Professor die Physikalische und Sinnesphysiologische Abteilung am Physiologischen Institut der Charité in Berlin. G.s Verständnis von der Physiologie als Wissenschaft wurde von der Vorstellung geprägt, Mathematik und Medizin miteinander zu verbinden. Bei allen seinen Forschungen ging er von dieser Methode aus und bemühte sich um eine exakte Messung und mathematische Formulierung physiologischer Erscheinungen. G. arbeitete v.a. an zwei Grundproblemen der Physiologie, den quantitativen Beziehungen, die zwischen Reiz und Erregung bestehen, sowie den Zellgrenzflächen und der Ionenverteilung im Gewebe. 1924 wurde G. auf das Ordinariat für Physiologie der Universität Leipzig berufen. Zeitgleich wirkte er bis 1943 als Direktor des Physiologischen Instituts der Medizinischen Fakultät. Am Leipziger Institut führte er vorwiegend Untersuchungen zum psycho-galvanischen Hautreflex und zum Wechselstromwiderstand der Haut durch. Als während der Zeit des Nationalsozialismus auch an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig die Verdrängung jüdischer Ärzte, Zahnärzte und Studenten begann, setzte sich G. für den jüdischen Studenten und späteren Nobelpreisträger Bernard Katz ein, sodass dieser 1934 seine Promotion erfolgreich abschließen konnte. – Überregional wirkte G. in der Redaktion von zwei wissenschaftlichen Zeitschriften. 1908 begründete er die „Zeitschrift für biologische Technik und Mathematik“. Seit 1917 leitete er die „Zeitschrift für Sinnesphysiologie“. Die Mehrzahl seiner Arbeiten wurden in „Pflüger’s Archiv“ veröffentlicht.

Quellen Universitätsarchiv Leipzig, Personalakten; M. A. Frunder, Mein Vater Martin G. [MS], Bestand Universitätsarchiv Leipzig.

Werke Die passiv-elektrischen Erscheinungen im Tier- und Pflanzenreich, in: A. Bethge/G. v. Bergmann/G. Embden/A. Ellinger (Hg.), Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie, Bd. 8/2: Energieumsatz, Berlin 1928, S. 657-701; Die Elektrizitätserzeugung der Haut und der Drüsen, in: ebd., S. 766-784; mit R. Krüger, Über die Herstellung von Wollastonsaiten, in: Pflüger’s Archiv 219/1928, S. 59-65; Über elektrische Schwingungen, hervorgerufen durch die Hautkapazität, in: ebd. 219/1928, S. 82-89; Über elektrischen Widerstand, Kapazität und Polarisation der Haut. II. Mitteilung. Menschliche Haut, in: ebd. 219/1928, S. 89-110; mit H. Koch/J. Wirtz, Eine neue Zeitschreibmethode, in: ebd. 235/1935, S. 401-404.

Literatur A. Bethe, Martin G. †, in: Pflüger’s Archiv 247/1944, S. 618-622; K. Thomas, Nachruf auf Martin G., in: Berichte der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Leipzig 1944, S. 61-66. – DBA II, III; DBE 4, S. 8; NDB 6, S. 394f.

Porträt E. Retzlaff, Foto, Karl-Sudhoff-Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften Leipzig, Porträtsammlung (Bildquelle).

Cornelia Becker
17.6.2005


Empfohlene Zitierweise:
Cornelia Becker, Artikel: Martin Gildemeister,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1711 [Zugriff 25.11.2024].

Martin Gildemeister



Quellen Universitätsarchiv Leipzig, Personalakten; M. A. Frunder, Mein Vater Martin G. [MS], Bestand Universitätsarchiv Leipzig.

Werke Die passiv-elektrischen Erscheinungen im Tier- und Pflanzenreich, in: A. Bethge/G. v. Bergmann/G. Embden/A. Ellinger (Hg.), Handbuch der normalen und pathologischen Physiologie, Bd. 8/2: Energieumsatz, Berlin 1928, S. 657-701; Die Elektrizitätserzeugung der Haut und der Drüsen, in: ebd., S. 766-784; mit R. Krüger, Über die Herstellung von Wollastonsaiten, in: Pflüger’s Archiv 219/1928, S. 59-65; Über elektrische Schwingungen, hervorgerufen durch die Hautkapazität, in: ebd. 219/1928, S. 82-89; Über elektrischen Widerstand, Kapazität und Polarisation der Haut. II. Mitteilung. Menschliche Haut, in: ebd. 219/1928, S. 89-110; mit H. Koch/J. Wirtz, Eine neue Zeitschreibmethode, in: ebd. 235/1935, S. 401-404.

Literatur A. Bethe, Martin G. †, in: Pflüger’s Archiv 247/1944, S. 618-622; K. Thomas, Nachruf auf Martin G., in: Berichte der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Leipzig 1944, S. 61-66. – DBA II, III; DBE 4, S. 8; NDB 6, S. 394f.

Porträt E. Retzlaff, Foto, Karl-Sudhoff-Institut für Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften Leipzig, Porträtsammlung (Bildquelle).

Cornelia Becker
17.6.2005


Empfohlene Zitierweise:
Cornelia Becker, Artikel: Martin Gildemeister,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/1711 [Zugriff 25.11.2024].