Maria Marschall-Solbrig

Nach dem Besuch der Höheren Mädchenschule in Chemnitz wollte M. Sozial- und Rechtswissenschaften studieren. Der Erste Weltkrieg machte jedoch alle Studienpläne zunichte. Sie wurde stattdessen Diplombibliothekarin und arbeitete ab 1919 an den Leipziger Bücherhallen. Ihren Beruf musste sie 1933 aufgeben, weil die Nationalsozialisten keine sog. Doppelverdiener duldeten. 1949 zog M. mit ihrem Mann von Leipzig nach Radebeul, wo sie sich als Stadtverordnete, Vorstandsmitglied des Kulturbunds und Vorsitzende der Büchereikommission engagierte. – Radebeul - in ihren Gedichten das „Land der braunen Rebenhügel“ - empfand sie als „lieblich heiter-schönes Land“, als Heimat, in der auch ihre Freunde lebten. Zu ihnen gehörte der Maler Paul Wilhelm, die Übersetzerin Ellen Schou, der Leiter des Gerhart-Hauptmann-Archivs Alexander Münch und der Kommunalpolitiker Hellmuth Raumer. Ab 1977 lebte M. im Dresdner Altersheim „Clara Zetkin“. – Mit dem Schreiben hatte M. schon vor dem Ersten Weltkrieg begonnen, glaubte zu dieser Zeit aber noch nicht an ihr Talent. Ihr erstes Gedicht hieß „Der ewige Frieden“. Zu ihren Vorbildern gehörten Friedrich Gottlieb Klopstock, Theodor Storm und Adalbert Stifter. Der bekannte Feuilletonredakteur der Leipziger Volkszeitung, Gustav Morgenstern, der damals ihre ersten Schreibversuche kennenlernte, ermunterte sie und stärkte ihr Selbstvertrauen. – Während der Zeit des Faschismus verfasste M. ihre ersten professionellen Gedichte, in denen sie sich gegen Rassenwahn und Kriegshetze wandte. Die mit Maschine geschriebenen Blätter gingen damals im Freundeskreis von Hand zu Hand. Eines der Gedichte schickte sie an den wegen seiner jüdischen Herkunft im Exil lebenden Schriftsteller Bruno Frank in Beverly Hills, Kalifornien. Frank ließ ihr durch seinen Verleger Fritz Landshoff seinen 1934 im Querido-Verlag in Amsterdam erschienenen Roman „Cervantes“ schicken, in dem M. ein Sinnbild der Bewahrung innerer Freiheit in Elend und Sklaverei fand. – M.s Gedichte kreisen thematisch um die selbstverständliche, gleichberechtigte Teilhabe aller Menschen an den Schönheiten und Werten der Welt. In der Wegsuche nach ästhetischer Lebensqualität für alle und nach Gleichklang des Menschen mit der Natur, der Landschaft und mit sich selbst offenbart sich das Wollen der Dichterin. In der Hinwendung zu den Menschen erfüllte sich ihre Sehnsucht nach Harmonie und Lebensfreude. – Auch nach 1945 schrieb M. weiterhin Gedichte, aber ihre Verse reiften langsam und sie war eine bedächtige Arbeiterin. Die intensive Arbeit in öffentlichen Ämtern ließ ihr wenig Zeit zum Schreiben, nur einige Gedichte wurden in Zeitschriften abgedruckt. Ihr dichterisches Werk harrt daher noch der Wiederentdeckung und Veröffentlichung. Ihr Nachlass wird im Stadtarchiv Radebeul verwahrt.

Werke Porträt. Jeanne Berta Semmig, in: Vorschau und Rückblick. Monatsheft für Radebeul und Umgebung 1954, H. 6, S. 13; Bekenntnis zur Heimat, in: ebd. H. 12, S. 12f.; Gedichte: Radebeul; Wiegenlied für einen Weidenbaum; Winternacht; Die Nachtkerze; Wintermorgen; Menschenkenntnis; Das Lied der Goldammer; Sonett im D-Zug; Die Pappel; Der Unterhaltungsroman; Eine Seele singt.

Literatur U. Pohle, Maria M., in: Die Vorschau. Radebeul, Moritzburg, Radeburg 1955, H. 1, S. 7f.; E. Krause, Maria M. - Frauen an der Seite bedeutender Männer, in: Vorschau & Rückblick. Monatsheft für Radebeul und Umgebung 2000, H. 4, S. 13, 20, 22. – M. Altner, Sächsische Lebensbilder, Radebeul 2001, S. 145-147 (Bildquelle); Stadtlexikon Radebeul, hrsg. vom Stadtarchiv Radebeul, Radebeul 22006, S. 130.

Manfred Altner
19.8.2016


Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Maria Marschall-Solbrig,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18054 [Zugriff 21.11.2024].

Maria Marschall-Solbrig



Werke Porträt. Jeanne Berta Semmig, in: Vorschau und Rückblick. Monatsheft für Radebeul und Umgebung 1954, H. 6, S. 13; Bekenntnis zur Heimat, in: ebd. H. 12, S. 12f.; Gedichte: Radebeul; Wiegenlied für einen Weidenbaum; Winternacht; Die Nachtkerze; Wintermorgen; Menschenkenntnis; Das Lied der Goldammer; Sonett im D-Zug; Die Pappel; Der Unterhaltungsroman; Eine Seele singt.

Literatur U. Pohle, Maria M., in: Die Vorschau. Radebeul, Moritzburg, Radeburg 1955, H. 1, S. 7f.; E. Krause, Maria M. - Frauen an der Seite bedeutender Männer, in: Vorschau & Rückblick. Monatsheft für Radebeul und Umgebung 2000, H. 4, S. 13, 20, 22. – M. Altner, Sächsische Lebensbilder, Radebeul 2001, S. 145-147 (Bildquelle); Stadtlexikon Radebeul, hrsg. vom Stadtarchiv Radebeul, Radebeul 22006, S. 130.

Manfred Altner
19.8.2016


Empfohlene Zitierweise:
Manfred Altner, Artikel: Maria Marschall-Solbrig,
in: Sächsische Biografie, hrsg. vom Institut für Sächsische Geschichte und Volkskunde,
https://saebi.isgv.de/biografie/18054 [Zugriff 21.11.2024].